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NOVA-Score: So stark verarbeitet sind deine Lebensmittel

nova score
Foto: CC0 / Pixabay / Pexels

Der NOVA-Score soll in vier Stufen angeben, wie stark verarbeitet ein Lebensmittel ist. Wie das funktioniert, warum es wichtig ist und welche Kritikpunkte es gibt.

Hinter dem NOVA-Score steckt eine ähnliche Idee wie bei anderen Labels, die den Gesundheitswert von Lebensmitteln bewerten sollen. Der wohl bekannteste ist der Nutri-Score. Der Planet Score und der Eco-Score hingegen bewerten die Nachhaltigkeit eines Produkts. Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wie viel solche Kennzeichnungen bringen und wie sie funktionieren, lies dazu Nutri-Score, Lebensmittelampel & Co.: Was bringt die Kennzeichnung wirklich?

Der NOVA-Score grenzt sich davon nochmal etwas ab: Er soll kennzeichnen, wie stark ein Lebensmittel verarbeitet ist.

Das Klassifikationssystem NOVA – das ist übrigens kein Akronym für irgendetwas – wurde ursprünglich von Ernährungswissenschaftler:innen an der Universität von São Paulo entwickelt. Auch die offiziellen Ernährungsempfehlungen in Brasilien berufen sich auf das System und empfehlen, Gruppe 4 des NOVA-Scores zu vermeiden und Gruppe 3 einzuschränken. Wir erklären, was das heißt und wie der NOVA-Score funktioniert.

NOVA-Score: So funktioniert das Bewertungssystem

Sowohl Käse als auch Brot zählen dem NOVA-Score zufolge als verarbeitete Lebensmittel.
Sowohl Käse als auch Brot zählen dem NOVA-Score zufolge als verarbeitete Lebensmittel.
(Foto: CC0 / Pixabay / RitaE)

Der NOVA-Score unterscheidet zwischen vier Gruppen. Gruppe 1 ist sozusagen die beste und wird in Grün gekennzeichnet. Gelb (Gruppe 2), orange (Gruppe 3) und rot (Gruppe 4) eingestufte Lebensmittel sind demnach immer stärker verarbeitet. Folgendermaßen sind die Verarbeitungsgrade definiert:

Gruppe 1: Unverarbeitete oder minimal verarbeitete Lebensmittel

„Unverarbeitet“ bezeichnet essbare Dinge aus der Natur, die noch keinen Verarbeitungsschritt hinter sich haben.

Beispiele:

  • essbare Blätter von Pflanzen, deren Früchte und Wurzeln
  • Fleisch, Eier und Milch von Tieren
  • Pilze
  • Algen
  • Wasser

„Minimal verarbeitet“ bedeutet, dass Lebensmittel konserviert, lagerfähig oder genießbar gemacht wurden. Sie werden also nur so weit verarbeitet, dass sie zum Kochen einsetzbar oder direkt essbar sind.

Beispiele:

  • Getrocknetes Obst
  • Gemahlenes Mehl
  • Gekochte Kartoffeln
  • Geröstete Kaffeebohnen

Gruppe 2: Verarbeitete kulinarische Zutaten

    Das sind Lebensmittel, die meist nicht zum direkten Verzehr gedacht sind, sondern mit anderen Lebensmitteln der Gruppe 1 kombiniert werden. Sie stammen direkt aus der Natur oder werden wiederum aus Gruppe 1 gewonnen.

    Beispiele:

    • Salz
    • Zucker
    • Butter
    • Tafelessig
    • Öl

    Gruppe 3: Verarbeitete Lebensmittel

    Vereinfacht kann man sagen, dass aus Lebensmitteln der Gruppe 1 mit Zusätzen aus der Gruppe 2 die Gruppe 3 wird. Sie haben deshalb meist circa zwei bis drei Zutaten.

    Beispiele:

    • Fischkonserven
    • Käse
    • gebackenes Brot
    • eingelegtes Gemüse
    • Bier und Wein
    • Konserven-Kichererbsen

    Gruppe 4: Sehr hoch verarbeitete Lebensmittel

    Bei diesen auch „ultrahochverarbeitet“ genannten Lebensmitteln handelt es sich nicht um einzelne veränderte Naturprodukte, sondern um fertige Zubereitungen. Das bedeutet, dass sie hauptsächlich aus einzelnen (Zusatz-)Stoffen bestehen und kaum noch „echtes Essen“ – zum Beispiel intakte Nahrungsmittel aus Gruppe 1 – enthalten.

    Sie sollen besonders gut schmecken, besonders günstig sein und sich als Marke schützen lassen. Ihre intensive Vermarktung hilft unter anderem dabei, Lebensmittel der anderen drei Gruppen zu verdrängen.

    Oft findest du in hoch verarbeiteten Produkten Bestandteile wie Maltodextrin, Invertzucker oder fruktosereichen Maissirup. Diese Zusätze dienen dazu, die Farbe, den Geschmack oder andere sensorische Eigenschaften zu verbessern – zum Beispiel, indem sie ein „Original“ imitieren. Ein Beispiel wäre Fruchtaroma.

    Lebensmittel der vierten Kategorie entstehen erst nach mehrstufiger Verarbeitung. Dabei kommen Verfahren zum Einsatz, die nicht zum üblichen Kochen gehören – Extrusion und Hydrierung zum Beispiel.

    Beispiele:

    • Soft-Drinks
    • Wurst
    • Tiefkühlgerichte
    • Pommes
    • Gummibärchen

    Die Lebensmittel dieser vierten Gruppe werden auch kurz UPFs genannt, aus dem Englischen „ultra processed foods“, also übermäßig verarbeitete Lebensmittel.

    Übrigens: Eines der Produkte in Gruppe 4 zählt zu den klimaschädlichsten Lebensmitteln.

    Warum ist der Verarbeitsungsgrad wichtig?

    Dem NOVA-Score zufolge ist Toast ein UPF: Er enthält wenig gesunde aber viele eher ungesunde Inhaltsstoffe.
    Dem NOVA-Score zufolge ist Toast ein UPF: Er enthält wenig gesunde aber viele eher ungesunde Inhaltsstoffe.
    (Foto: CC0 / Pixabay / CordMediaDigitalServices)

    Die Farbgebung der vier Stufen lässt es erahnen: Die Befürworter:innen des NOVA-Scores sind der Ansicht, dass hochverarbeitete Lebensmittel besonders ungesund sind. Tatsächlich gibt es wissenschaftliche Hinweise darauf, dass der Konsum von UPFs unter anderem mit höheren Risiken für Herzkreislauferkrankungen, Übergewicht, Krebs und Depressionen einhergeht.

    Je stärker das Lebensmittel verarbeitet ist, desto weniger gesunde Vitamine, Mineralstoffe und Mikronährstoffe enthält es tendenziell – gleichzeitig liefern UPFs meist sehr viel Energie. Diesen Zusammenhang nennt man auch „leere Kalorien“. Das bedeutet zudem, dass sie wenig satt machen, denn sie enthalten kaum komplexe Kohlenhydrate (die sogenannten guten Kohlenhydrate) oder Ballaststoffe.

    Du nimmst dafür mit UPFs umso mehr Zusatzstoffe wie Konservierungsmittel oder Farbstoffe zu dir. Lerne mehr über gängige Zusatzstoffe in unserem Ratgeber zu E-Nummern.

    Kritik am NOVA-Score

    Die meisten Expert:innen sehen den NOVA-Score mindestens als sinnvolle Ergänzung zu bestehenden Systemen: Olivenöl gehört zur Gruppe 2, gilt jedoch weithin als sehr gesundes Lebensmittel.
    Die meisten Expert:innen sehen den NOVA-Score mindestens als sinnvolle Ergänzung zu bestehenden Systemen: Olivenöl gehört zur Gruppe 2, gilt jedoch weithin als sehr gesundes Lebensmittel.
    (Foto: CC0 / Pixabay / stevepb)

    Nicht alle Expert:innen sehen den NOVA-Score als sinnvolle oder ideale Lösung an. Robert Shewfeld, Autor des Buches „In Defense of Processed Foods“ (zu Deutsch: zur Verteidigung von verarbeiteten Lebensmitteln) fasst auf der Website des Institute of Food Technologists die wichtigsten Kritikpunkte so zusammen:

    • Das System sei zu grob und stark vereinfachend. Es sei zum Beispiel unsinnig, einen Rum, einen veganen Burger und Frühstückszerealien als gleichwertig anzusehen, da sie ja alle als ultrahochverarbeitet zählen. Ein selbstgemachter Brownie ist dem System zufolge lediglich „verarbeitet“, sodass er demnach gesünder wäre. Ein Steak (ohne Öl und Salz) hingegen ist unverarbeitet, sodass man NOVA zufolge sorglos so viel davon essen könne, wie man wolle, argumentiert der Autor. Die Mengen des Verzehrs berücksichtigt der NOVA-Score tatsächlich nicht. Natürlich sind in der Realität auch Lebensmittel aus der grünen Gruppe 1 im Übermaß ungesund.
    • Auch welche Arten von Verarbeitung in welcher Gruppe erlaubt sind, findet Shewfeld willkürlich. Extrusion  (also ein Verfahren, bei dem Stärke und Proteine erhitzt, geformt und strukturiert werden) beispielsweise drückt ein Lebensmittel in Gruppe 4. Doch auch selbstgemachte Nudeln beinhalten Extrusion. Er fragt, ob diese denn dann nicht auch als UPF zählen müssten. Die Entwickler:innen des Systems hätten ihm zufolge keine Beweise dafür, dass einzelne Verfahren – wie die Extrusion – Lebensmittel besonders ungesund machen. Er kritisiert, dass zwar der Verarbeitungsgrad von Lebensmitteln in Studien generell mit höheren Risiken assoziiert wurden, das jedoch keine Kausalität beweise. Sprich: Dass ein höherer Verarbeitungsgrad zu schlechterer Gesundheit führt, ist ihm zufolge nicht bewiesen – sondern nur, dass er damit einhergeht.

    Auch der Ernährungsforscher Stefan Kabisch sieht Schwächen in dem System. Gegenüber Deutschlandfunk erklärt er: „Was diese Klassifikation so ein bisschen nahelegt, ist, dass es da eine ganz saubere Stufung gibt: Je niedriger die Stufe, je naturbelassener das Lebensmittel, desto gesünder. Und dass es so wäre, dass alle Lebensmittel, die in einer Gruppe sind, quasi gleichwertig sind. Das ist aber bei einer ganzen Reihe von Lebensmitteln eben nicht so. Wenn Sie also in der Gruppe 2 zum Beispiel den Haushaltszucker nehmen, dann ist er ab einer bestimmten Menge auch ein Problem, selbst wenn er in der zweitniedrigsten Stufe sitzt.“ Tatsächlich lässt sich in einem einfachen Abgleich mit dem Nutri-Score oder gängigen Ernährungsempfehlungen feststellen, dass viele Widersprüche auftauchen: Frische Kuhmilch gehört zur Gruppe 1, es würden jedoch kaum noch Expert:innen sagen, dass Kuhmilch ausschließlich ein gesundes Lebensmittel ist. Mehr dazu kannst du hier nachlesen: Ist Milch gesund? – 6 Argumente gegen Milch.

    Kabisch schließt aus den Vor- und Nachteilen der Klassifizierung, dass der NOVA-Score eine sinnvolle Ergänzung zu bestehenden Scores ist, diese jedoch nicht ersetzen kann.

    Übrigens ist der Ansatz, den das Team um NOVA vertritt – dass der Verarbeitungsgrad von Lebensmitteln ausschlaggebender für dessen gesundheitliche Wirkung ist als die einzelnen Zutaten – nicht neu: Der Ernährungstrend Clean Eating sowie das Konzept der Vollwertkost aus den 1980er Jahren vertreten ganz ähnliche Ansichten.

    Woran sehe ich den NOVA-Score?

    Der NOVA-Score ist also weniger ein echter „Score“, bei dem Punkte vergeben werden, sondern mehr eine generelle Klassifzierung. Bist du bei einzelnen Lebensmitteln unsicher, kannst du Apps installieren, die dir den NOVA-Score von Produkten anzeigen. Die „Open Food Facts“-App beispielsweise zeigt dir neben dem NOVA-Score für UPFs auch den Nutri-Score und Allergenhinweise an (hier für iOs oder für Android).

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