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Abstellgenehmigung: Wer haftet bei Paketen vor der Haustür?

Paket
Foto: Uwe Zucchi/dpa

Mit Emails und Push-Benachrichtigungen informieren Paketfirmen die Verbraucher:innen, wann ein Paket ankommt. Immer Mehr Kund:innen nutzen dann die Abstellgenehmigung. Diese hat Folgen – sowohl für Verbraucher:innen als auch für die Dienstleister.

Paketboten legen ihre Sendungen in Deutschland immer häufiger vor der Haustür der Empfänger:innen ab, damit diese nach ihrer Rückkehr zugreifen können. Von DPD heißt es, dass die Anzahl entsprechender digitaler Einwilligungen mit der Corona-Pandemie sprunghaft angestiegen sei, von 2019 bis 2022 habe sich die Zahl verdoppelt. Bei GLS waren es 2020 monatlich 220.000 erteilte Abstellgenehmigungen, inzwischen liegt der Wert bei bis zu 550.000.

Eine Hermes-Sprecherin berichtet von einer sechsstelligen Anzahl von Kund:innen, die pro Tag diese Funktion nutzen. „Für immer mehr Sendungen wird ein Ablageort gebucht.“ Man rechne hierbei mit weiterem Wachstum. Der Marktführer DHL legt jeden Monat 40 Millionen Sendungen ab, Tendenz steigend.

„In Coronazeiten erteilten uns viele Menschen eine Abstellgenehmigung, um das Ansteckungsrisiko möglichst gering zu halten“, sagt Michael Knaupe von DPD Deutschland. Die Pandemie sei nun glücklicherweise überstanden, aber die Verbraucher:innen hätten sich an das Ablage-Ok gewöhnt und gute Erfahrungen damit gemacht.

Vorteile für die Post-Unternehmen

Bei dem Service willigen Empfänger:innen vor der Zustellung ein, dass das Paket vor der Tür, auf der Terrasse oder in der Garage deponiert wird. Für die Firmen ist das gut, weil das ihren Zustellern Zeit spart. „Durch die Abstellgenehmigung hat sich die Stoppzeit einer normalen Zustellung eines Pakets vom Parken bis zur Abfahrt deutlich verringert„, sagt der Leiter des Bereichs Customer Experience bei DPD Deutschland.

Aus Sicht des Frankfurter Logistik-Professors Kai-Oliver Schocke ist die steigende Anzahl von Genehmigungen Rückenwind für die Branche, die wegen des boomenden Online-Handels immer mehr Sendungen bekommt und zugleich händeringend nach Fachkräften sucht auf einem leergefegten Arbeitsmarkt. „Damit wird die Produktivität der Dienstleister wesentlich gesteigert, schließlich müssen ihre Paketboten nicht mehr darauf warten, bis endlich mal jemand die Tür aufmacht.“ Die Wartezeit der Paketbot:innenen sei für die Firmen mit hohen Kosten verbunden, die nun gesenkt werden können.

Diese Optionen haben Kund:innen

Wenn ein:e Kund:in nicht zu Hause ist, hat er die Wahl zwischen mehreren Optionen. Bei DPD kann er angeben, dass der Bote das Paket bei einem Paketshop, bei einem Nachbar:innenn, an einem anderen Tag oder an einem Ablageort – etwa vor der Haustür – hinterlegen soll. Bei anderen Dienstleistern ist es genauso, bei DHL kommt noch die Funktion Packstation hinzu: Dann wird die Sendung zu einem Paketautomaten gebracht, wo der Kunde später rund um die Uhr Zugriff hat.

Der Bonner Konzern hat die Ablageort-Funktion kürzlich aufgewertet. DHL bietet nun an, dass Verbraucher:innen ein Paket – etwa eine Retoure – vor ihre Tür legen und der Paketbote dieses dann mitnimmt, wenn die Verbraucher:innen gar nicht daheim sind. Die Konkurrenz macht das nicht.

Abstell-Ok ist eine „Win-Win-Situation“

Eine neue Erfindung ist das Abstell-Ok nicht, diese Funktion gab es schon im Offline-Zeitalter: Empfänger:innen konnten Zettelchen-Formulare an die Tür oder das Klingelschild hängen und damit ihre Einwilligung zur Ablage erteilen. Mit dem Digitalzeitalter wurde diese Funktion zu einem Massenphänomen, das von beidseitigem Nutzen ist: Die Paketdienstleister sparen Zeit und die Kund:innenen finden ihre Sendung vor, wenn sie nach Hause kommen. „Das ist eine Win-Win-Situation“, sagt DPD-ler Knaupe. „Beide Seiten haben Vorteile.“

Eine GLS-Sprecherin sagt, es ein „übergeordnetes Ziel, immer mehr Kunden von der Möglichkeit einer Umverfügung zu überzeugen“. Mit dem Begriff Umverfügung ist eine Alternative zur zeitraubenden persönlichen Haustür-Übergabe gemeint, also das Verschicken an einen GLS-Paketshop oder eben besagte Abstellgenehmigung.

Nicht jeder Platz als Ablageort sinnvoll

Überall ist die Ablage allerdings nicht sinnvoll. So sagt eine Hermes-Sprecherin, dass es sich um einen frei zugänglichen, sicheren und wettergeschützten Platz handeln sollte wie eine Garage oder ein Carport. Treppenhäuser beispielsweise seien nicht zu empfehlen, da hier verschiedene Personen Zugang haben. Sollte die Sendung gestohlen oder beschädigt werden, während sie unbeaufsichtigt am Ablageort liegt, ist die Paketfirma raus aus der Haftung. Die Verbraucher:innen tragen also ein gewisses Risiko, wenn er in den Service einwilligt. Nach Angaben verschiedener Paketfirmen kommt es aber nur in Einzelfällen vor, dass Kund:innen sich melden, weil das Paket nicht auffindbar sei.

Dienstleister wünschen sich Sammelstelle für Pakete

Die rasche Paketablage hilft den Firmen, sich auf der „Letzten Meile“ zu verbessern – also auf der letzten Strecke bis zur Zustellung. Dieser Teil des Sendungsverlaufs ist besonders arbeitsintensiv und auch unter Klimaschutz-Aspekten problematisch, schließlich ist die gefahrene Strecke pro Paket länger als wenn ein Transporter nur zu einem Paketshop oder zu einem Paketautomaten fährt und dort in einem Rutsch eine große Menge an Sendungen abgibt. Letztlich wäre es den Dienstleistern am liebsten, wenn ihre Transporter gar nicht mehr zu den einzelnen Adressen fahren müssten, sondern die Sendungsmassen gebündelt abgegeben könnten – das würde Wegstrecke und Zeit sparen.

Aus Sicht vom DPD-ler Knaupe ist der Ablageort ein kleiner Schritt hin zu einem Paketversand ohne Haustürzustellung: „In einem nächsten Schritt könnten die Privatkonsumenten bereit sein, im Sinne des Klimaschutzes auf die Lieferung bis zur Haustür zu verzichten und stattdessen selbst das Paket holen gehen.“ Vor allem in der jüngeren Generation werde die Bereitschaft hierfür immer größer, sagt Knaupe. Deshalb werde die Nachfrage nach der Abstellgenehmigung daheim perspektivisch abnehmen und zu einem Premium-Produkt, für das Empfänger:innen in Zukunft zahlen werde.

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