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Daunen: Was sind die Zertifizierungen wert?

Daunen: Zertifizierungen & Siegel
Fotos: © Sergey Nivens - Fotolia.com; Colourbox.de; RDS, Traumpass

Daunen sind ein tierisches Produkt – und Tierleid ist in der Industrie weit verbreitet. Von Stopfmast bis Lebendrupf sehen sich Daunenproduzenten immer wieder mit schweren Anschuldigungen konfrontiert. Doch jetzt bewegt sich etwas: Zertifizierungen und Standards versprechen Orientierung. Doch halten sie das Versprechen auch?

Siegel und Zertifizierungen in der Daunenindustrie verfolgen grundsätzlich zwei Ziele: Sie sollen eine hohe Qualität des Füllmaterials Daune sicherstellen und den Tierschutz in der Daunenproduktion gewährleisten. Je nach Siegel nehmen diese beiden Aspekte einen sehr unterschiedlichen Stellenwert ein. Utopia hat sich die gängigen Siegel und Zertifizierungen für Daunen genauer angesehen.

Mehr zum Thema Daunen: Komfort vs. Tierleid: Darf man Daunen kaufen?

Ganz weit vorne: Global Traceable Down Standard (Global TDS)

Der relativ junge Global Traceable Down Standard (Global TDS) ist der aktuell stärkste Tierschutzstandard in der daunenproduzierenden und –verarbeitenden Industrie. Er wurde in Zusammenarbeit von Unternehmen mit Interessenverbänden der Industrie, Tierschutzorganisationen und weiteren NGOs entwickelt und basiert weitestgehend auf dem zuvor von der Outdoor-Firma Patagonia implementierten eigenen Daunen-Standard (hier vollständig als PDF). Zertifiziert werden Unternehmen von der unabhängigen Organisation NSF, die weltweit in über 155 Ländern Standards für diverse Produkte und Branchen entwickelt und überprüft.

Der Standard garantiert, dass die verwendeten Daunen weder durch Lebendrupf gewonnen wurden, noch aus der Stopfmast stammen. Dabei ist die Überprüfung der Elterntierfarmen obligatorischer Bestandteil der Zertifizierung. Dies ist wichtig, da die Elterntiere länger leben (nämlich bis zu vier Jahre) als für die Fleischproduktion gezüchtete Tiere – erst dies macht Lebendrupf möglich bzw. rentabel.

Die Zertifizierung ist jeweils ein Jahr lang gültig und wird regelmäßig durch unangekündigte Inspektionen der Daunenproduzenten überprüft (mit Ausnahme von Betrieben, in denen auf Grund gesetzlicher Vorschriften eine Vorankündigung notwendig ist). Die Leitlinien des Global TDS spezifizieren dabei sehr genau, wann diese Kontrollen durchzuführen sind – nämlich dann, wenn Lebendrupf und Zwangsfütterung am wahrscheinlichsten sind. Die Kriterien und Ansprüche des Standards sowie die Kontrollmechanismen sind durchweg transparent dokumentiert und online für jeden einsehbar.

Ein weiterer Vorteil des Global TDS ist, dass er nicht nur auf große Daunenfarmen anwendbar ist, sondern ebenso kleine Höfe berücksichtigt, die vor allem in Ost-Europa vielerorts den Großteil der Daunenproduktion ausmachen (sogenannte „collector-based systems“). Damit ist der Global Traceable Down Standard nicht nur der idealistischste der derzeit verfügbaren Standards, sondern auch weltweit anwendbar. Er bietet beste Voraussetzungen, die Daunenindustrie nachhaltiger zu gestalten und Tierschutz voranzubringen.

Fazit: Die beste Wahl für alle, die nicht auf Daunen verzichten wollen. Bisher leider wenig verbreitet.

Weit verbreitet und zuverlässig: Responsible Down Standard (RDS)RDS (Responsible Down Standard)

Der Responsible Down Standard (RDS) wurde 2013 – anlässlich der Kampagnen von Peta und Vier Pfoten gegen Lebendrupf und Stopfmast bei Gänsen und Enten – von der Outdoor-Marke The North Face initiiert. The North Face arbeitete dabei zusammen mit der Non-Profit-Organisation Textile Exchange und der unabhängigen Zertifizierungsagentur Control Union Certifications und stand dabei auch mit Tierschutzorganisationen wie Vier Pfoten, mit Experten der Textilindustrie sowie mit Herstellern und Händlern von Daunenprodukten im Austausch.

Genau wie der Global TDS zertifiziert der RDS Lieferketten, in denen die Daunen ausschließlich aus Schlachtrupf (d.h. von bereits getöteten Tieren) gewonnen werden. Die Tiere müssen unter tierleidfreien Umständen gehalten und dürfen nicht zwangsgefüttert werden.

Im Gegensatz zum TDS betrachtet die RDS-Zertifizierung jedoch „nur“ die Lieferkette vom Küken bis zum Endprodukt und lässt die Elterntiere außen vor. Eine freiwillige Zusatzzertifizierung auf Verlangen des Herstellers ist möglich. Hier liegt die größte Schwäche des Standards – schließlich sind die Elterntiere durch ihre längere Lebensdauer am stärksten gefährdet, wenn es um Lebendrupf geht.

Die RDS-Zertifikate sind jeweils 14 Monate lang gültig. Kontrollen finden sowohl angekündigt wie auch unangekündigt statt. Die Kriterien und Ansprüche des Standards sind detailliert online zugänglich (PDF), sodass der RDS Konsumenten eine gute Orientierung beim Thema Daunen bietet.

Der Umstand, dass sich auch Patagonia, deren eigener Standard die Basis für den strengeren Global TDS bildete (siehe oben), vom RDS zertifizieren ließ, ist ein Indikator dafür, dass der RDS  ein größeres Potenzial für eine schnelle Verbreitung hat. Schon jetzt sind viele namhafte Outdoor- und Modemarken RDS-zertifiziert, weltweit wurden bereits 900 Farmen zertifiziert.

Fazit: Glaubwürdig und weit verbreitet. Ein großer Schritt, um Bewusstsein bei Herstellern und Verbrauchern zu schaffen sowie Orientierung zu bieten – mit ein wenig Verbesserungspotenzial.

Viel kritisiert: Taumpass & Downpass

Daunen-Siegel: TraumpassDas Siegel Traumpass und sein internationales Pendant Downpass widmen sich hauptsächlich der Qualitätskontrolle der verwendeten Füllmaterialien. Diese wird durch Mystery Shopping und Tests in zertifizierten Laboren sichergestellt.

Downpass: Daunen-ZertifizierungBezüglich der Tierschutzaspekte ist die Zertifizierung wesentlich schwächer als TDS und RDS: Während Lebendrupf generell verboten ist, sind Zwangsfütterung, Daunen als Nebenprodukt der Foie gras-Produktion und die Rückverfolgbarkeit bis zu den Elterntieren keine festen Bestandteile der Überprüfung. Diese Aspekte können zwar durch Zusatzmodule zertifiziert werden, jedoch bietet der modulare Aufbau der Zertifizierung wenig Transparenz für den Verbraucher. (Standard als PDF)

Die Zertifizierung ist zwei Jahre lang gültig. Kontrollen finden sowohl angekündigt wie auch unangekündigt statt, letzteres jedoch nur in 15% der Fälle.

Traumpass und Downpass ernteten in der Vergangenheit viel Kritik von Tierschutzorganisation und Verbraucherschützern. Stiftung Warentest prangerte 2013 in einem Test von Daunen-Bettdecken an, die nach Traumpass-Vorgaben zertifizierten Betriebe „bleiben den Beleg schuldig, woher ihre Daunen stammen – können also Lebendrupf nicht ausschließen“.

Fazit: Besser als Daunen ohne Zertifizierung, dabei jedoch intransparent und nicht ganz vertrauenswürdig.

Nicht viel wert: Die Siegel der Industrieverbände

Die Qualitätssiegel des deutschen Industrieverbands VDFi (Verband der Deutschen Daunen und Fernindustrie), seines europäischen Pendants EDFA (European Down and Feather Association) und der weltweit tätigen Organisation IDFB (International Down and Feather Bureau) legen ihr Hauptaugenmerk auf Qualitätsaspekte. Das Thema Tierwohl wird zwar erwähnt, hervorgehoben wird aber vor allem die Tatsache, dass die Daunen als Abfallprodukt der Fleischproduktion gewonnen werden und ihre Verwendung somit nachhaltig sei. Das ist zwar nicht falsch, unterschlägt aber den gewinnsteigernden Effekt, den die Daunengewinnung für die Fleischindustrie hat – und der diese unter Umständen erst rentabel macht.

Zudem reichen die Ansprüche sowie die Kontrollmechanismen nicht an die der zuvor genannten Standards heran. So erlaubt die EDFA unter anderem den Mauserrauf von Gänsen, das schmerzfreie Entfernen von Daunen während der Mauser der Tiere. Das ist deshalb problematisch, weil die Mauser nicht bei jedem Tier zeitgleich einsetzt, Kontrollen jedes einzelnen Tieres in der Massenproduktion aber unrealistisch sind.

Letztendlich muss man sich für die Einschätzung der Bemühungen von VDFi und EDFA um den Tierschutz auch vor Augen führen, dass beide Organisationen Verbände der Daunen- und Federnindustrie sind. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, „die Interessen der Mitglieder aus der Bettfedernindustrie, der Federn abfüllenden Industrie und ihrer Zulieferer (Maschinenindustrie, Chemieindustrie, Inlettindustrie und Prüfinstitute) in Europa nachhaltig zu vertreten“ (EDFA).

Fazit: Tierschutzstandards nicht ausreichend. Außerdem wenig glaubwürdig aufgrund der Interessenkonflikte.

Besser als nichts: Firmeneigene Standards

Gerade im Outdoor-Bereich gibt es einige Marken, die sich aus Eigeninitiative für eine tierfreundlichere Daunenproduktion einsetzen und dies durch firmeneigene Standards kommunizieren.

  • Mountain Equipment: Down Codex (Daunen-Standard)So verspricht beispielweise Mountain Equipment in seinem 2010 gemeinsam mit der IDFL (International Down and Feather Testing Laboratory) entwickelten „Down Codex“, dass 100 Prozent der verarbeiteten Daunen als Nebenprodukt der Fleischproduktion aus Schlachtrupf stammen und die Tiere weder gestopft noch unter inakzeptablen Bedingungen gehalten wurden. Jedes Mountain Equipment-Produkt trägt einen Code, über den man auf der Website unter „Trace your Down“ die Herkunft sowie die Zusammensetzung der Daunenfüllung nachverfolgen kann. Das ist gut gemacht und erzeugt zumindest den Anschein von Transparenz. Positiv ist auch, dass die Überprüfung nicht nur Daunen-Farmen berücksichtigt, sondern auch die Muttertierhaltung einschließt.
    Der Down Codex hat allerdings – neben der Tatsache, dass es keine unabhängige Prüfinstanz gibt, sondern die Kontrollinstanz IDFL und der Hersteller Mountain Equipment in einer Geschäftsbeziehung stehen – auch Schwächen. So werden die Vor-Ort-Inspektionen der Zulieferer derzeit angekündigt und lediglich alle 3 Jahre durchgeführt.
  • Ein ähnliches firmeneigenes Siegel hat der Outdoor-Hersteller Yeti mit dem Yeti Ethical Down Code eingeführt. Dieser zielt ebenfalls darauf ab, die Haltungsbedingungen der Gänse und Enten zu verbessern, sowie Lebendrupf und Zwangsfütterung (Stopfmast) auszuschließen. Yeti lässt genau wie Mountain Equipment von der IDFL testen.
  • Daunen-Standard: Fjällräven Down PromiseEine Sonderstellung unter den Marken-Standards nimmt das Fjällräven Down Promise ein, das derzeit die Rangliste der „Cruelty-free Down Challenge“ der Tierschutzorganisation Vier Pfoten anführt. Die Marke engagiert sich zudem in der UN Global Compact Initiative, die sich zum Ziel gesetzt hat, Geschäftspraktiken weltweit entlang zehn Prinzipien rund um Menschenrechte, Arbeitsbedingungen und Umweltschutz zu verbessern.

Fazit: Lobenswertes Engagement. Die Wirksamkeit sollte jedoch extern zertifiziert werden.

Zertifizierungen für Daunen sind sinnvoll – genau hinsehen muss man trotzdem

Wenn Daune, dann am besten mit Zertifizierung. „Tierleidfrei“ ist und bleibt in der Daunenproduktion zwar ein Euphemismus, da die Tiere selbst im besten Fall geschlachtet wurden. Dennoch versprechen die hier vorgestellten Siegel und Zertifizierungen zumindest, dass die Gänse und Enten vor ihrem Tod keiner unnötigen Qual ausgesetzt waren. Nicht alle Siegel sind gleich streng in ihren Kriterien und Kontrollen. Es lohnt sich also, vor dem Kauf eines Daunenproduktes – sei es nun ein Wintermantel, eine Outdoor-Jacke oder ein Schlafsack – etwas genauer hinzuschauen.

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