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Fairtrade oder Bio – was ist besser?

Faitrade oder Bio: Was ist besser?
Foto: Utopia.de

Wer bewusst und nachhaltig einkaufen möchte, steht zuweilen vor der Frage: Greife ich zu Fairtrade oder zu Bio? Wir erklären, wo die Gemeinsamkeiten liegen und was die Unterschiede sind – und worauf du beim Kauf achten kannst.

Etliche Fairtrade-Produkte sind auch Bio-zertifiziert und es drängt sich der Verdacht auf, dass das eine Siegel was mit dem anderen zu tun haben könnte. Ist aber nicht so: Fairtrade-Siegel und EU-Bio-Siegel haben ganz im Gegenteil ziemlich unterschiedliche Schwerpunkte und Standards. Und doch gibt es auch Gemeinsamkeiten.

Das macht Fairtrade

Kaffee ist nur ein Produkt von vielen, die es mit Fairtrade-Siegel gbt
Fairtrade-Siegel (Foto © TransFair e.V./Miriam Ersch)

Ziel von Fairtrade ist es, die Arbeits- und Lebensbedingungen von Kleinbauern und Beschäftigten auf Plantagen in Entwicklungs- und Schwellenländern zu verbessern. Als (ziemlich umfangreiches) Regelwerk dienen die internationale Fairtrade-Standards, an die sich alle Kleinbauern, Plantagen und Unternehmen halten müssen.

Fairtrade strebt zum Beispiel langfristige Lieferbeziehungen und stabile Preise an. Zwangsarbeit, Kinderarbeit und Diskriminierung sind verboten. Es wird zur Bildung einer Arbeitnehmervertretung aufgerufen. Vorschriften regeln Arbeitszeit und Lohngerechtigkeit, aber auch die Verfügbarkeit von zum Beispiel Toiletten oder sauberem Trinkwasser.

Das Fairtrade-Siegel ist also vor allem ein Sozialsiegel, das die Handelsbedingungen für Produzenten von Kakao, Kaffee, Baumwolle und vielen anderen Produkten verbessern will. Es enthält aber auch viele Umweltschutzaspekte.

Es gibt auch Umweltschutz-Vorgaben: Die Kriterien sollen Bauern für Themen wie Bodenerosion, Bodenfruchtbarkeit, Abfallwirtschaft und nachhaltigen Wasserverbrauch sensibilisieren. Etliche Pestizide sind im Anbau untersagt, weil diese ja auch die Bauern schädigen würden. Auf Plantagen müssen die Mitarbeiter für den Umgang mit erlaubten Pestiziden und Dünger geschult werden und zum Beispiel Schutzkleidung und regelmäßige Gesundheitschecks erhalten.

Fairtrade Kakao Programm
Fairtrade ist vor allem ein Sozialsiegel. (Foto: TransFair e.V./Kristina Eggers)

Das macht Bio

EU Bio Siegel
EU-Bio-Siegel (Siegel © EU)

Im Gegensatz zum Begriff „fair gehandelt“ ist der Zusatz „Bio“ im Umfeld von Lebensmitteln gesetzlich geschützt. Der Gesetzgeber macht hier klare Vorgaben: Damit ein Lebensmittel das EU-Bio-Siegel tragen darf, müssen zum Beispiel mindestens 95 Prozent der Zutaten aus kontrolliert ökologischem Landbau stammen.

Der „kontrolliert ökologische Landbau“ ist vom Gesetzgeber definiert (BMEL). Im Wesentlichen geht es darum, die Umweltbelastungen zu verringern, etwa um die laut EuGH zu hohe Nitratbelastung im Grundwasser zu verringern. So sind chemisch-synthetische Schädlings- und Unkrautbekämpfungsmittel („Pflanzenschutzmittel“) und mineralische Kunstdünger verboten, mit ganz wenigen Ausnahmen. Gentechnik ist ausgeschlossen und Landwirte sind angehalten, Fruchtfolgen einzuhalten und geschlossene Nährstoffkreisläufe anzustreben.

Neben dem bekannten EU-Bio-Siegel gibt es Bio-Anbauverbände, die meist noch strengere Anbau- und Verarbeitungsstandards setzen – zum Beispiel BiolandDemeter und Naturland. Da muß dann zum Beispiel das Bio-Futter sogar aus der Region kommen – mehr dazu in unserem Ratgeber: „Was ist Bio?“

Das EU-Bio-Siegel ist also in erster Linie ein Umweltzeichen. Der Umgang mit Mitarbeitern wird nicht geregelt, soziale Aspekte kommen darin so gut wie gar nicht vor. Das ist so, weil wir historisch davon ausgehen, dass in Deutschland und Europa solche Regelungen nicht mehr nötig wären. Was durchaus streitbar ist – siehe faire Milch.

Bio und Fairtrade: das sind die Unterschiede

Bio und Fairtrade verfolgen also zwei verschiedene Ansätze. Hier die wichtigsten Unterschiede im Überblick:

Kriterium Fairtrade Bio
Will was? gerechten Anbau und Handel nachhaltige Landwirtschaft
Einsatz von Pestiziden? weitgehend eingeschränkt, Reduktion wird vorgeschrieben prinzipiell verboten
Wo? Länder des Südens Süden und Norden
Für wen? Kleinbauern und Arbeiter ökologisch-nachhaltige(re) Produktion, ohne Fokus auf Beschäftigte
Wie kontrolliert? Konzept von NGOs und Unternehmen, nicht-staatlich ursprünglich angestoßen von Anbauverbänden, zunehmend staatlich geregelt (z.B. EU-Bio-Verordnung)
Erkennbar wie? Fairtrade-Siegel EU-Bio-Siegel
Alternativen Gepa Fair+, Third Wave / Direct Trade, Marken in Weltläden Zeichen von Anbauverbänden wie BiolandDemeterNaturland

Doch es gibt auch Gemeinsamkeiten: So sorgen die Umweltkriterien der Fairtrade-Standards ebenfalls dafür, dass landwirtschaftliche Fairtrade-Produkte ressourcenschonender und umweltverträglicher angebaut werden. Die Kriterien sind nicht so streng wie die vom Bio-Anbau, doch beide Ansätze verfolgen ein gemeinsames Ziel: ein für Mensch und Umwelt verträgliches Wirtschaften.

Über 70 Prozent der Fairtrade-Produkte sind Bio

Ein guter Rat wäre also: auf beide Siegel achten. Und das geht häufig ohne Probleme, denn viele Fairtrade-Produkte tragen zugleich ein Bio-Siegel. Zu den Fairtrade-Produkten mit dem höchsten Bio-Anteil zählen laut TransFair (dem Verein hinter Fairtrade Deutschland) Obst mit 95 Prozent und Trinkschokolade mit 90 Prozent. Auch Kaffee mit 77 Prozent Bio-Anteil, Tee mit 86 Prozent oder Reis mit 84 Prozent sind vorn dabei.

2017 wurden 518 neue Produkte mit Fairtrade-Siegel eingeführt, über 60 Prozent dieser Produkte sind auch Bio-gesiegelt, darunter Trinkschokoladen, Schokomüsli oder Hafercookies. Laut TransFair sind mittlerweile 73 Prozent der in Deutschland verkauften Lebensmittel mit Fairtrade-Siegel auch Bio-zertifiziert.

Bei Baumwolle immer auf Bio-Qualität achten.
Auch Baumwolle kann man in Bio-Qualität kaufen. (Foto: CC0 / Pixabay / bobbycrim)

Über die Hälfte der Fairtrade-Organisationen sind Bio-zertifiziert und die deutliche Mehrheit der in Deutschland verkauften Fairtrade-Waren tragen auch das Bio-Siegel. Laut TransFair ist die Kombination aus Fairtrade und Bio in anderen Ländern wie dem Vereinigten Königreich weit weniger häufig. Doch warum gibt es überhaupt Fairtrade ohne Bio?

Fairtrade schreibt dazu: „Zu hohe Bio-Standards als Eingangsvoraussetzung in das Fairtrade-System würden […] gerade die ärmsten Produzentengruppen ausgrenzen.“ Sobald die Kleinbauern im Fairtrade-System seien, fördere Fairtrade aber aktiv die Umstellung auf Bio-Produkte, die oftmals erst durch die Mehreinnahmen über den fairen Handel ermöglicht wird (Statement als PDF).

Fairtrade und Bio: zwei verschiedene Ansätze

Was ist nun besser, Fairtrade oder Bio? Die Frage selbst ergibt keinen Sinn: Die Programme verfolgen jeweils eigene Ziele und haben gemessen daran jeweils ihre Berechtigung.

  • Fairtrade will die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen der Bauern in den Anbauländern verbessern und stellt hierfür soziale, ökologische und ökonomische Regeln auf, die für fairere Handelsbeziehungen sorgen sollen.
  • Bio setzt sich für eine naturverträgliche, nachhaltige Landwirtschaft ein und will mit Hilfe von klaren gesetzlichen Vorhaben dafür sorgen, dass landwirtschaftliche Produkte ökologischer produziert werden.

Achte beim Einkaufen darauf, dass Produkte, die ganz oder teilweise aus fairem Handel kommen können, auch tatsächlich aus fairem Handel stammen – und zugleich auch das Bio-Siegel tragen.

Utopia rät

Obwohl auch hierzulande fairer Handel zunehmend zum Thema wird (man denke an faire Milch), ist ein Fairtrade-Siegel traditionell bei Lebensmitteln zu finden, die meist aus Asien, Afrika oder Latein- und Südamerika kommen, etwa Bananen, Kaffee oder Kakao, auch Ananas oder Reis. Kaufe diese Dinge Fairtrade und Bio.

Das EU-Bio-Siegel findest du hingegen auch auf Produkten aus deiner Region oder aus Europa – oder bei Produkten, die gar nicht fair gehandelt werden müssen oder für sich Fairtrade derzeit nicht aktiv einsetzt. Kaufe diese Dinge bio statt konventionell.

Überhaupt ist Regionalität für viele ein zunehmend wichtiger Faktor beim Einkauf. Viele Produkte gibt es jedoch nicht aus regionalem Anbau, zum Beispiel Südfrüchte oder Kaffee. Andere wie Honig oder Rosen, werden zwar auch im globalen Norden angebaut und hergestellt, allerdings decken sie nicht mal annähernd den Bedarf. Regional heißt nicht automatisch, dass ein Produkt die bessere Wahl ist, denn außer dem Transport fallen bei konventionellen Produkten die Düngemittelmengen, Pestizide, Energieaufwand durch Anbau (z. B. beheizte Gewächshäuser) und Lagerung (Kühlung) ins Gewicht.

Um so wichtiger, beim Einkauf auf Saisonales, auf faire und zugleich ökologische Produktion zu achten.

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