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Ökosystem Meer: So bleibt der Lebensraum zukunftsfähig

ökosystem meer
Foto: CC0 / Pixabay / lpittman

Das Ökosystem Meer hat eine große Bedeutung für das Leben auf der Erde. Jedoch droht längst der Kollaps. Alles über das Ökosystem Meer, seine Bedrohungen und Tipps zu seinem Schutz erfährst du hier.

Rund 1,4 Milliarden Kubikkilometer fassen alle Wasservorräte der Welt und sie bedecken zusammengenommen knapp zwei Drittel der Erdoberfläche. Bei etwa 97 Prozent des Wassers handelt es sich um Salzwasser, das in unseren Meeren und Ozeanen fließt. Das Ökosystem Meer hat also eine enorme Ausdehnung – und eine ebenso große Bedeutung für alles Leben auf der Erde. Doch maritime Lebensräume sind zunehmend gefährdet. 

Ökosystem Meer: Viele Lebensräume und große Artenvielfalt

Wie jedes Ökosystem besteht auch das Ökosystem Meer aus einem Verbund von Biotop (Lebensraum) und Biozönose (Lebensgemeinschaft). Die unbelebten und belebten Teile dieses Verbunds bilden aufgrund ihrer vielfältigen Wechselbeziehungen eine untrennbare Einheit. Tiere und Pflanzen können nur in solchen Biotopen gedeihen, die ihren Ansprüchen entsprechen.

Obwohl wir theoretisch zwischen den drei großen Ozeanen Pazifik, Atlantik und Indischer Ozean unterscheiden können, sind diese durch Meeresströmungen miteinander verbunden. So scheint es sich beim Meer tatsächlich eher um ein riesiges zusammenhängendes Biotop zu handeln, das den ganzen Globus umfasst. 

Dieses Biotop besteht aber selbst aus mehreren verschiedenen Lebensräumen. Die sogenannten Wasserregionen unterscheiden sich in ihren physikalisch-chemischen Bedingungen und stellen somit verschiedene Biotope dar, in denen verschiedene Organismen gedeihen können.

Ökosystem Meer: Freiwasserzone und Bodenregion

Das Ökosystem Meer ist ein riesiges zusammenhängendes Biotop.
Das Ökosystem Meer ist ein riesiges zusammenhängendes Biotop.
(Foto: CC0 / Pixabay / 12019)

Das Ökosystem Meer besteht grundsätzlich aus zwei Zonen: der Freiwasserzone (Pelagial) und der Bodenregion (Benthal).

Pelagial/Freiwasserzone oberhalb des Meeresbodens: 

  • Sie lässt sich in weitere vertikale Schichten einteilen, die sich durch die unterschiedliche Verfügbarkeit von Licht auszeichnen, welches dementsprechend bestimmt, wie viel Photosynthese möglich ist. Der oberste Teil (Epipelagial) ist lichtdurchflutet und weist die größte Artenvielfalt innerhalb des Pelagials auf.
  • Hier lebt das Plankton (die Gesamtheit von Organismen, deren Schwimmrichtung von der Wasserströmung bestimmt wird) und das Nekton (die Gesamtheit der pelagischen Tiere, die strömungsunabhängig schwimmen können), also insbesondere Fische, Meeressäuger, Krebse und Kopffüßer. 
  • Es steht reichlich Licht zur Verfügung, sodass Organismen wie Algen, Pflanzen und Kleinstlebewesen Photosynthese betreiben können. 
  • Je tiefer es geht, desto mehr nimmt das Licht ab. Das wirkt sich darauf aus, wie viele und welche Pflanzen und Lebewesen sich in den unteren Schichten befinden. 
  • So reicht das Abyssopelagial von 4.000 bis 6.000 Metern Tiefe. Wegen des Mangels an Sonnenlicht gibt es kaum Nahrung, aber trotzdem einige Tierarten wie spezialisierte Krebse und Fische. Sie haben sich an die widrigen Bedingungen angepasst, indem sie zum Teil auffallend große Münder entwickelt haben, mit denen sie möglichst viel Beute machen können.

Benthal/Meeresboden:

  • Das Benthal umfasst die Bodenzone eines Gewässers und gliedert sich nach Substrat und Wasserbewegung in viele spezifische Lebensräume, die sich auch hinsichtlich des Lichteinfalls und des Bewuchses unterscheiden.  
  • In Abhängigkeit zu diesen vielfältigen Variablen hat sich im Benthal eine außerordentliche Biodiversität gebildet, die die des Pelagials übersteigt. 
  • Regionen des Benthals mit Hartböden zeugen dabei von einer besonders großen Artenvielfalt, da sich hier etliche sesshafte Organismen in einem Lebensraum ansiedeln können, der stabiler ist als die sich ständig verändernden Sand- oder Gerölluntergründe. 

Ökologisches Gleichgewicht im Meer

Algen spielen eine zentrale Rolle im Ökosystem Meer
Algen spielen eine zentrale Rolle im Ökosystem Meer
(Foto: CC0 / Pixabay / PixelAnarchy)

Das Ökosystem Meer zeichnet sich durch die Wechselbeziehungen zwischen belebten (biotischen) und unbelebten (abiotischen) Komponenten aus. An zwei Beispielen aus dem Pelagial und Benthal lässt sich das gut erkennen:

  • Algen und Licht: Algen sind zentral für das Ökosystem Meer, denn sie dienen Plankton, Krebsen, Fischen und Walen als wichtigste Nahrungsquelle und reinigen das Wasser, indem sie Schadstoffe verstoffwechseln. Aber auch unsere Existenz hängt von Algen ab, denn aus ihrer Photosynthese entsteht jedes zweite Sauerstoffmolekül, das wir atmen. Doch damit Algen diese Leistung überhaupt erbringen können, sind sie auf einen biotischen Faktor angewiesen: Sonnenlicht. Davon gibt es im Meer aber aufgrund des Plastikmülls zunehmend weniger. Das bedeutet auch: Potentiell weniger Algen und somit weniger Nahrung für Meerestiere.
  • Larven und Raumkonkurrenz: Im Benthal bilden viele sesshafte Organismen Larven, die sich als Plankton zunächst in der Freiwasserzone befinden. Irgendwann suchen sie am Meeresboden neue Siedlungsflächen. Dabei müssen sie sich gegen Raumkonkurrenten durchsetzen. Ein weiterer abiotischer Faktor im Ökosystem Meer (und in jedem anderen Ökosystem) ist daher die Raumkonkurrenz. Wenn nur wenig Platz zur Verfügung steht, besiedeln manche Organismen daher sogar andere Organismen, um zu überleben. 

Wenn die Wechselbeziehungen zwischen den belebten und unbelebten Komponenten ausgeglichen sind, herrscht ein ökologisches Gleichgewicht. Das ist ein natürlicher Prozess, der das Überleben eines Ökosystems sicherstellt. Doch Störfaktoren, viele davon – wie das Plastikproblem – menschengemacht, können das Ökosystem Meer aus dem Gleichgewicht bringen. 

Maritimes Plastik schadet nicht nur dem Meer

Plastik gelangt über den Landweg ins Meer und richtet dort enorme Schäden an.
Plastik gelangt über den Landweg ins Meer und richtet dort enorme Schäden an.
(Foto: CC0 / Pixabay / sergeitokmakov)

Eine der größten Bedrohungen für das Ökosystem Meer ist Müll. Jedes Jahr landen weltweit zwischen 19 und 23 Millionen Tonnen Plastikmüll in Gewässern. Mittlerweile sollen sich in ihnen Schätzungen zufolge bis zu 150 Millionen Tonnen Kunststoffabfall angesammelt haben. Das hat enorme Auswirkungen auf den Lebensraum Meer und dessen Bewohner.

Erstens, verenden viele Meerestiere in Plastikmüll. Sie verheddern sich in Plastikteilen oder verwechseln Kunststoff mit Nahrung. Letzteres wird dadurch begünstigt, dass sich Algen oft auf Plastikteilen ablagern. Der Algengeruch täuscht den Tieren vor, es handele sich beim Plastik um Futter. 

Zweitens, bedroht Plastikmüll Korallenriffe:

  • Plastik führt an Korallen zu Gewebeschäden, da es durch die Wasserbewegungen immer wieder an die Nesseltiere stößt und reibt. Diese oberflächlichen Verletzungen erhöhen das Risiko für Infektionskrankheiten.
  • Außerdem leben die meisten Korallen in Symbiose mit winzigen Algen. Sie sind über ihre Stoffwechsel miteinander verbunden, sodass das Überleben der Korallen von der Photosynthese der Algen abhängig ist (und umgekehrt das Überleben der Algen von der Nährstoffzufuhr durch Korallen).
  • Verfängt sich nun immer mehr Plastik in den Korallen, wirft es zunehmend Schatten auf sie, was weniger Sonnenlicht für die Algen bedeutet. Sie betreiben weniger Photosynthese, sterben ab und damit auch die Korallen.
  • Das hat Folgen für das ganze Ökosystem Meer und darüber hinaus. Korallen beheimaten nämlich mehr als 25 Prozent aller marinen Arten und stellen die Ernährungssicherheit und den Lebensunterhalt von 850 Millionen Menschen sicher. Auch der Küstenschutz ist abhängig von intakten Korallenriffen. 

Dritten, schadet Plastikmüll dem Klima. Denn irgendwann zerfällt Plastik in winzige Partikel. Dieses Mikroplastik baut sich nie ab, sondern richtet weiterhin Schäden an – auch im Hinblick auf das Klima. Denn auch beim Zerfall bestimmter Kunststofftypen (besonders Einwegplastik) im Meer werden klimaschädliche Treibhausgase freigesetzt.

Weitere Bedrohungen für das Ökosystem Meer

Überfischung ist eine der vielen Bedrohungen der Meere.
Überfischung ist eine der vielen Bedrohungen der Meere.
(Foto: CC0 / Pixabay / moritz320)

Plastikmüll ist nur eines von vielen Problemen für das Ökosystem Meer. Weitere Bedrohungen sind:

  • die Erderhitzung: Der Klimawandel beeinflusst laut dem Umweltbundesamt auch die Meere. Er lässt die Wassertemperatur steigen, was die Bestände und Verbreitung von vielen maritimen Tier- und Pflanzenarten bedroht. Zudem löst sich das CO2 aus der Atmosphäre im Oberflächenwasser. Dies führt zur Versauerung der Meere, die sich wiederum negativ auf die Artenvielfalt auswirkt. 
  • die Überfischung: Die industrielle Fischerei greift maßgeblich in das ökologische Gleichgewicht des Meeres ein, wenn mehr Fische einer lokalen Population gefischt als nachgeboren werden. Mittlerweile sind 34 Prozent der Fischbestände weltweit und 64 Prozent in Europa überfischt, so PETA. Die Überfischung bringt manche von ihnen an den Rand des Aussterbens. Je mehr Arten von dem übermäßigen Fischfang betroffen sind, desto eher gerät das maritime Ökosystem ins Wanken. Zudem sind zurückgelassene Fangnetze eine der Quellen von Meeresplastik. 
  • Verschmutzung: Neben Plastik verschmutzen auch noch andere Dinge die Meere, wie Abfälle aus der Landwirtschaft und von Fischfarmen. Beispielsweise fallen in Aquakulturen eine große Menge an tierischem Kot und Urin sowie Medikamentenrückstände an, die oft ungefiltert mit dem Abwasser in die Meere gelangen. Aus der Landwirtschaft kommen Pestizide und Düngemittel hinzu, die über den Boden in das Grundwasser sickern und von Flüssen zum Meer transportiert werden. Insbesondere Nitrate und Phosphate reichern sich dann im Meerwasser an. Das kann die sogenannte Algenblüte auslösen, eine massenhafte Vermehrung von Algen, durch die viele Meereslebewesen ersticken.
  • Die Schifffahrt und Offshore-Öl-Plattformen tragen außerdem zur „akustischen Verschmutzung“ der Meere bei. Geräusche von Turbinen und Bohrmaschinen und der Schall von Sonargeräten beeinträchtigen die Kommunikation, Fortpflanzung und Orientierung von Meerestieren. 

Seegraswiesen und Roboterquallen zum Schutz der Meere

Ein gesundes maritimes Ökosystem ist die Grundlage für das Leben im Meer und an Land. Die Weltmeere beherbergen eine fast unermessliche Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten, sind essentiell für die Regulierung des Klimas und stellen unverzichtbare Quellen für Nahrung (zum Beispiel Algen), Rohstoffe (zum Beispiel für Medikamente) und Energie dar. 

Das Ökosystem Meer vor dem Kollaps zu schützen, ist daher unbeschreiblich wichtig. In der Forschung, Politik und im Umweltschutz gibt es dafür einige Ansätze.

Hier findest du eine kleine Auswahl:

  • Mit Unterwasserwiesen gegen den Klimawandel: Seegras trägt viel zur Biodiversität im Meer bei. Es bietet Tieren Nahrung, Brutplätze und Unterschlupf. Außerdem beugt es Bodenerosion vor und ist somit wichtig für den Küstenschutz. Nicht zuletzt gehört Seegras zu den effizientesten CO2-Speichern. Gleichzeitig ist Seegras besonders von Meeresverschmutzung und Erderwärmung bedroht. Daher gibt es Bemühungen, ausgedünnte Seegraswiesen neu anzulegen. Dadurch wollen Forschende die klimaregulierende Funktion des Meeres erhöhen und zerstörte maritime Lebensräume wieder herstellen.  
  • Meeresoffensive: Bundesumweltministerin Steffi Lemke kündigte 2022 eine „Meeresoffensive“ an. Als Teil davon soll die neu geschaffene Position einer Meeresbeauftragten die internationale Meerespolitik koordinieren. So soll unter anderem das Ziel der EU-Biodiversitätsstrategie erreicht werden, 30 Prozent der Meeresfläche Europas bis 2030 unter Schutz zu stellen. 
  • Meeresschutz mit Technologien: Die vielfältigen Bedrohungen der Meere erfordern vielfältige und oftmals kreative Lösungsansätze. Einer davon könnte die Erfindung der „Roboterquallen“ sein. Kleine schwimmfähige Roboter, deren Aussehen und Funktionen von Quellen inspiriert sind, sollen Taucher:innen bei Aufgaben ersetzen, die für Unterwasserfahrzeuge zu heikel sind. Dazu zählt beispielsweise das Auftragen von Sanierungsmitteln auf beschädigte Korallen. Die „Roboterquallen“ müssen sich allerdings noch unter Realbedingungen beweisen und sind auch nur eine potentielle Lösung für die Symptome eines aus dem Gleichgewicht geratenen Ökosystems Meer. 

So kannst du dem Ökosystem Meer helfen

Verzichte auf Plastik, um die Meere zu schützen.
Verzichte auf Plastik, um die Meere zu schützen.
(Foto: CC0 / Pixabay / Mikes-Photography)

Auch einzelne Personen können in ihrem Alltag Etwas zum Schutz der Meere beitragen. Dazu kannst auch du mit kleinen Veränderungen in deinem Alltag beitragen: 

  • Vermeide Plastik: Eine große Quelle von Meeresplastik sind (Einweg-)Verpackungen aus Kunststoff. Die Bundesregierung exportiert solchen Müll zunehmend in Länder des Globalen Südens, wo mangelndes Abfallmanagement dazu führt, dass er in die Meere gelangt. Du kannst also zuhause ordnungsgemäß Plastik recyceln, doch trotzdem kann es am anderen Ende der Welt im Meer enden. Daher solltest du so gut es geht auf Plastik verzichten. Das betrifft nicht nur Verpackungen, sondern zum Beispiel auch Kleidungsstücke oder Kosmetikprodukte, in denen sich Mikroplastik befinden kann. Weitere Tipps findest du hier: Plastik vermeiden: 7 einfache Schritte zu weniger Plastikmüll
  • Verzichte auf Fisch: Laut Greenpeace ist die „meeresfreundlichste Fischspeise immer die, die nicht gegessen wird.“ Der Verzicht von Fisch dürfte dabei dank pflanzlicher Alternativprodukte wie veganen Fischstäbchen leichtfallen. Wer trotzdem ab und an Fisch verzehren möchte, bekommt hier Tipps dafür: Fisch essen: Das solltest du unbedingt beachten
  • Klimaschutz ist Meeresschutz: Denn die Erderwärmung hat wie beschrieben dramatische Auswirkungen auf das Ökosystem Meer. Indem du im Alltag deinen CO2-Fußabdruck reduzierst, kannst du also auch den Ozeanen helfen. Wie das praktisch aussehen kannst, erfährst du hier: Klimaschutz: Was du tun kannst – 15 wichtige Tipps gegen Klimawandel!
  • Unterstütze Meeresschützer:innen: Viele Organisationen setzen sich dafür ein, die Meere von Müll zu befreien oder Meeresbewohnern zu helfen. Hier stellen wir dir empfehlenswerte Organisationen vor, die du unterstützen kannst: Diese 5 Organisationen wollen unsere Meere schützen

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