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45 Milliarden gesunde Lebensjahre? Report zeigt, wie es funktionieren kann

McKinsey Health Institute Report
Foto: CC0 / Pixabay / ckstockphoto

45 Milliarden gesunde Lebensjahre mehr wären global möglich, so eine Einschätzung des McKinsey Health Institutes. Das sind sechs Jahre verbesserte Lebensqualität für jede:n. Wie ist das möglich?

Der Report des McKinsey Health Institutes (MHI) vom 29. März 2022 stellt fest: Die globale Lebenszeit wird zwar länger, aber nicht gesünder. Durch gezielte Maßnahmen könnte dem entgegengewirkt werden. Lies hier, worauf es dabei ankommt.

Nach Einschätzungen des MHI könnten im Laufe des nächsten Jahrzehnts bis zu 45 Milliarden Lebensjahre mit besserer Gesundheit an Stelle von Lebenszeit mit mäßiger Gesundheit treten.
Nach Einschätzungen des MHI könnten im Laufe des nächsten Jahrzehnts bis zu 45 Milliarden Lebensjahre mit besserer Gesundheit an Stelle von Lebenszeit mit mäßiger Gesundheit treten.
(Foto: CC0 / Pixabay / StockSnap)

Obwohl die durchschnittliche Lebenserwartung seit dem letzten Jahrhundert dramatisch gestiegen ist, hat sich der Anteil an Lebensjahren in schlechter Gesundheit kaum verändert. Zudem herrscht noch immer große Ungleichheit zwischen den verschiedenen Regionen der Welt. Durchschnittlich verbringen wir laut Analysen des MHI rund 50 Prozent unserer Lebensjahre in nicht guter und sogar 12 Prozent in schlechter Gesundheit – Werte, die sich laut den Autor:innen in den letzten 50 Jahren kaum verändert haben. Und das, obwohl die Lebenserwartung seit Mitte des letzten Jahrhunderts weltweit um knapp 20 Jahre gestiegen ist. 1960 lag sie bei 54 Jahren, während letzte Untersuchungen eine durchschnittliche Lebenserwartung von 73 Jahren ergaben. Zurückzuführen sei dieser Zugewinn an Lebenszeit mitunter auf die verringerte Kindersterblichkeit und Fortschritte in der modernen Medizin, so der Report.

Der Bericht stellt eine mutige These auf: Nach Einschätzungen des MHI könnten im Laufe des nächsten Jahrzehnts bis zu 45 Milliarden Lebensjahre mit besserer Gesundheit an Stelle von Lebenszeit mit mäßiger Gesundheit treten. Heruntergebrochen bedeutet das einen Zugewinn von rund sechs Lebensjahren in guter Gesundheit, wobei die Zahl für bestimmte Länder noch deutlich höher liegt. Laut den Autor:innen hätten wir bereits die Mittel dazu, die globale Gesundheit drastisch zu verbessern und das Missverhältnis zwischen Lebenszeit und Lebensqualität zu entschärfen. Der Bericht stellt dar, welche Schritte auf globaler Ebene notwendig sind, um die Gesundheit eines jeden einzelnen zu verbessern. Dafür sei es aber notwendig, Gesundheit als Investition und nicht als Kostenpunkt zu betrachten. Zudem müsse Gesundheit aus einem modernen ganzheitlichen Blickwinkel betrachtet werden.

Gesundheit modern definiert: Vier Dimensionen und Einflussfaktoren

Das moderne Verständnis von Gesundheit umfasst mehrere Dimensionen.
Das moderne Verständnis von Gesundheit umfasst mehrere Dimensionen.
(Foto: CC0 / Pixabay / StockSnap)

Bevor über eine Verbesserung der Gesundheit diskutiert werden kann, wird zunächst definiert, was „gesund sein“ grundsätzlich bedeutet. Die Autor:innen des Reports folgen einer modernen gesamtheitlichen Definition von Gesundheit, die vier Dimensionen umfasst: die körperliche, die psychische, die spirituelle und die soziale Gesundheit. Was diese Dimensionen jeweils umfassen wird kurz definiert:

  • körperliche Gesundheit: Ausmaß, in dem körperliche Aktivitäten ohne größere Beschwerden möglich sind
  • psychische Gesundheit: kognitiver, verhaltensbezogener und emotionaler Zustand 
  • soziale Gesundheit: Fähigkeit, gesunde, wohltuende und unterstützende Beziehungen aufzubauen
  • spirituelle Gesundheit: Gefühl von Sinnhaftigkeit und Zugehörigkeit im eigenen Leben

Darüber hinaus gibt es weitere Einflussfaktoren, die sich auf die Gesundheit auswirken. Das MHI unterscheidet vier Gruppen:

  • personal behaviors (individuelles Verhalten): Bewegung, Ernährung, Arbeitspensum oder Schlaf
  • interventions (Eingriffe von außen): medizinische Versorgung, verfügbare Ressourcen, Bildungsangebot oder Steueranreize
  • personal attributes (persönliche Voraussetzungen): Genetik, Charaktereigenschaften, finanzieller Status oder Umfang der Krankenversicherung
  • environmental attributes (umweltbedingte Faktoren): Wohnen, Infrastruktur, Technologien, Sicherheit, globale Bedrohungen wie Klimawandel oder Pandemien

Kurz gesagt: „In guter Gesundheit“ befinden sich nach Definition des Reports Personen ohne chronische Erkrankung, die die Lebensqualität oder -dauer einschränken. Demnach gelten auch Personen mit gut behandelbarer chronischer Erkrankung oder akuter Erkrankung mit sehr guten Heilungschancen als „gesund“.

In sechs Schritten zu besserer globaler Gesundheit

Laut MHI soll weiter in medizinische Forschung investiert werden.
Laut MHI soll weiter in medizinische Forschung investiert werden.
(Foto: CC0 / Pixabay / jarmoluk)

Nach Einschätzungen des MHI ist es möglich, nicht nur die Lebenszeit zu verlängern, sondern vor allem die Gesundheit und damit die Lebensqualität weltweit zu verbessern. Laut den Autor:innen sind dafür sechs Schritte notwendig: 

  1. Mehr in Prävention und die Förderung von Gesundheit investieren. Nach Angaben des Reports investieren OECD-Mitgliedstaaten durchschnittlich nur 2,8 Prozent ihres Gesundheitsbudgets in Prävention.
  2. Bessere Systeme zur Erfassung von Gesundheitsdaten entwickeln. Um Ressourcen besser verteilen zu können, müssen große Datenmengen ausgewertet und verglichen werden.
  3. Bewährte Strategien und Anwendungen konsequent anwenden. Für viele gesundheitsbezogene Fragen sind bereits Lösungen bekannt, die jedoch nicht überall auf der Welt umgesetzt werden. So könnte die globale Krankheitslast durch konsequent angewandte bewährte Strategien um rund 40 Prozent reduziert werden, so der Bericht.
  4. Innovationen aller Art vorantreiben. In allen Bereichen muss in Fortschritt investiert werden – von verbesserten Geschäftsmodellen über Prozessoptimierung, medizinische Forschung und innovativen Technologien bis hin zu neuen Gesetzen und Regierungsstrategien. Als Positivbeispiel für Innovation nennen die Autor:innen die außergewöhnlich schnelle Entwicklung des COVID-19-Impfstoffs.
  5. Das volle Potenzial in allen Branchen in Bezug auf Gesundheit freisetzen. Arbeitgeber:innen aller Branchen sollten ihre Verantwortung gegenüber Mitarbeitenden in Bezug auf Gesundheit wahrnehmen und Bemühungen um bessere Gesundheit fördern.
  6. Den Einzelnen dazu befähigen, seine Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen. Der:die Einzelne soll mehr Eigenverantwortung erhalten und mittels digitalen Gesundheitslösungen zu gesundheitsförderlichen Verhaltensweisen animiert werden. So nutzen in China bereits rund 200 Millionen Menschen digitale ärztliche Beratungsmöglichkeiten über die Plattform „Ping An Good Doctor“.

Mehr Gesundheit für alle: ein ganzheitlicher Ansatz

Um die globale Gesundheit zu verbessern, ist ein ganzheitlicher Ansatz nötig.
Um die globale Gesundheit zu verbessern, ist ein ganzheitlicher Ansatz nötig.
(Foto: CC0 / Pixabay / geralt)

Der Report macht deutlich, dass die Frage nach mehr Gesundheit global und ganzheitlich beantwortet werden muss – über Ländergrenzen, Kontinente und Gesellschaften hinweg.

Denn klar ist: Individuelle Gesundheit und Lebenszeit hängen nicht nur von der persönlichen Lebensführung ab, sondern werden maßgeblich von den vorherrschenden Lebensbedingungen und von nationalen und globalen Entscheidungen beeinflusst. Ein relevantes Stichwort ist hier Klimagerechtigkeit, denn unterschiedliche Bevölkerungsgruppen sind weltweit unterschiedlich stark von den Folgen der Klimakrise betroffen. Diese Folgen haben oftmals direkten Einfluss auf die Lebensqualität und Gesundheit der Menschen. So rückt beim Blick auf die globale Gesundheit auch die Frage nach dem CO2-Budget der Menschheit in den Fokus. Wie viel CO2 dürfen wir ausstoßen, ohne dadurch die Gesundheit von Planet und anderen Menschen zu gefährden? Mit diesen Fragen beschäftigt sich auch das Konzept Planetary Health, das die Zusammenhänge zwischen Gesundheit und Umweltschutz untersucht.

Während Lösungen für eine bessere Gesundheit häufig auf individueller Ebene gesucht werden, nimmt der Report eine globale und ganzheitliche Perspektive ein. Es wird deutlich, wie verstrickt soziale und ökologische Fragen mit globaler Gesundheit sind. Daher schlagen die Autor:innen ganzheitliche Lösungsansätze vor, von denen nicht nur die westliche Welt, sondern alle Menschen profitieren. Denn wie eingangs erwähnt wird, klaffen die höchste und niedrigste Lebenserwartung nach Regionen der Welt derzeit 45 Jahre auseinander.

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