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Selbstfahrende On-Demand-Shuttles: Deutsche Bahn plant Einführung ab 2023

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Copyright: Deutsche Bahn AG / Volker Emersleben

Autonomes Fahren könnte schon bald Teil unseres öffentlichen Nahverkehrs werden. Die Deutsche Bahn und der Rhein-Main-Verkehrsverbund planen, ab 2023 eine Flotte von autonomen On-Demand-Shuttles in Betrieb zu nehmen.

Auf dem Land hat es der öffentliche Nahverkehr schwer – gibt es einen Bahnhof, muss er oft mit dem Auto erreicht werden. Die Deutsche Bahn setzt deshalb schon länger auf On-Demand-Shuttles, die zu bestimmten Uhrzeiten an bestimmte Orte bestellt werden können.  Das größte Angebot dieser Art gibt es aktuell in der Region Rhein-Main. Nun wollen die Deutsche Bahn und ihr Partner, der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV), noch einen Schritt weiter gehen. In einer Pressemitteilung kündigten die Unternehmen am Montag an, dass ab 2023 erste autonome On-Demand-Fahrzeuge das ÖPNV-Angebot in der Region „in der Fläche“ verstärken sollen.

On-Demand-Shuttle der Deutschen Bahn soll fast komplett autonom fahren

Ab nächstem Jahr sollen demnach selbstfahrende Shuttles für die Deutsche Bahn durch die Straßen rollen – besser gesagt durch Darmstadt und den Kreis Offenbach. Allerdings laut Mitteilung „im autonomen Level 4“: Das heißt, die Fahrzeuge werden auf festgelegten Strecken vom System gelenkt, allerdings unter technischer Aufsicht von Menschen. Einer neuen Verordnung zum autonomen Fahren auf Level 4-Niveau hatte der Bundesrat erst im Mai zugestimmt. Wie die Deutsche Bahn verkündet, wäre eine solche On-Demand-Shuttle-Flotte die erste weltweit, die vollständig in den Regelbetrieb des ÖPNV integriert sein soll.

Die On-Demand-Software soll das DB-eigene Technologieunternehmen ioki liefern. Den Betrieb sollen das Ridepooling-Unternehmen CleverShuttle zusammen mit den lokalen Partnern Heag Mobilo und KVGOF organisieren. Wie Heise berichtet, wird die Intel-Tochter Mobileye die Fahrassisstenzsysteme stellen.

On-Demand-Angebote etablieren sich auf dem Land

Ähnliche Projekte gab es bei der Bahn schon mehrmals. 2017 nutzte das Unternehmen zum Beispiel erstmals einen autonomen Bus im öffentlichen Nahverkehr. Einen Rufbus, der ebenfalls mit ioko betrieben wurde, kam vor vier Jahren erstmals zum Einsatz.

Innerhalb der letzten drei Jahre hat die Deutsche Bahn eigenen Angaben zufolge mit etwa 330 Bedarfsverkehren bundesweit sieben Millionen Fahrgäste befördert. Das wachsende On-Demand-Angebot scheint vor allem im ländlichen Raum gut angenommen zu werden. Aus einer Branchenumfrage des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) geht hervor, dass 47 Prozent aller On-Demand-Verkehre aktuell im ländlichen Raum und Kleinstädten unterwegs sind. 26 Prozent fahren in Mittel- und Oberzentren, 14 Prozent im suburbanen und 13 Prozent im urbanen Raum. Bisher sind On-Demand-Angebote des RMV über eine zentrale App buchbar.

„Gemeinsam mit dem RMV wollen wir schon im kommenden Jahr die weltweit erste autonome On-Demand-Flotte im Regelbetrieb des ÖPNV auf die Straße bringen. Denn erst mit fahrerlosen Shuttles, die mit normaler Geschwindigkeit unterwegs sind, schaffen wir einen ÖPNV, in den die Menschen überall und zu jeder Zeit einsteigen können“, erklärt Dr. Jörg Sandvoß, Vorstandsvorsitzender bei DB Regio. Autonomes Fahren auf Abruf sei ein wichtiger Schritt für ein besseres ÖPNV-Angebot in der Fläche und damit mehr klimafreundliche Mobilität für alle Menschen in Deutschland.

Vor- und Nachteile des erweiterten ÖPNV

On-Demand-Shuttles und ähnliche Angebote können Vorteile gegenüber dem klassischen Linienverkehr haben. In der Pressemitteilung hebt die Deutsche Bahn zum Beispiel hervor, dass das Angebot „die Lücke zwischen Bahnhof und Haustür“ schließen könne, besonders auch am Stadtrand und in ländlichen Regionen. Besonders autonome Fahrangebote könnten für die Etablierung entscheidend sein. Laut Knut Ringat, Geschäftsführer des Rhein-Main-Verkehrsverbunds großflächig seien On-Demand-Verkehre nur im autonomen Betrieb wirtschaftlich darstellbar.

Günstig wird das aber nicht: Ohne finanzielle Mittel sind On-Demand-Angebote in den kommenden Jahren nicht wirtschaftlich zu betreiben, heißt es in der Pressemitteilung. Der VDV hat bei Roland Berger ein Leistungskostengutachten in Auftrag gegeben. Dieses kommt zu dem Schluss: Bis 2030 wären rund 3,8 Milliarden Euro zusätzliche Finanzierung nötig, damit On-Demand-Verkehre in Deutschland flächendeckend im Regelbetrieb fahren können.

Auch potentielle Kund:innen der On-Demand-Angebote müssen häufig draufzahlen: Laut Bahn reicht bei circa 40 Prozent das einfache Verbundticket oder das Abo zur Nutzung – bei 24 Prozent müssen Fahrgäste einen „Komfortzuschlag“ zahlen. Dieser betrage in der Regel einen Euro. Bei 26 Prozent wird der Tarif gesondert über digitale eTarife abgewickelt. Zudem kann es sein, dass schwach ausgelastete Linienverkehre eher auf On-Demand-Angebote mit mehreren kleineren Fahrzeugen umgestellt werden – das geht aus einer Aussage von Ingo Wortmann, Präsident des VDV, hervor. „So werden effektiv Leerfahrten vermindert“.

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