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Blauer Wasserstoff: Wie umweltfreundlich ist er?

blauer wasserstoff
Foto: CC0 / Pixabay / ronymichaud

Mit Wasserstoff soll die Energiewende gelingen. Doch ob blauer Wasserstoff wirklich zum Klimaschutz beitragen kann, ist umstritten. Welche Vor- und Nachteile der Energieträger hat, erfährst du hier.

Wasserstoff gilt als Energieträger der Zukunft. Er soll eine Schlüsselrolle in der Energiewende spielen und uns dem Ziel der Klimaneutralität näherbringen.

Je nach Herstellungsart unterscheidet man zwischen verschiedenfarbigen Wasserstoffen. Grüner Wasserstoff gilt als klimaneutral. Trotzdem hat laut Expert:innen auch der blaue Wasserstoff eine Daseinsberechtigung. 

Was ist blauer Wasserstoff?

Wasserstoff ist das am häufigsten vorkommende chemische Element im Universum. Es liegt zum Beispiel in großer Menge in Kombination mit Sauerstoff vor – also als Wasser (H2O). Wasserstoff ist eine stark verbreitete und einfach zugängliche Ressource, weswegen sie die ideale Alternative zu fossilen Energieträgern zu sein scheint. Mithilfe von Strom wird aus Wasser (oder einem anderen Ausgangsstoff) der gasförmige Wasserstoff gewonnen, aus dem sich zeitlich versetzt wieder Elektrizität erzeugen lässt, zum Beispiel durch die Verbrennung des Gases.

Wird Wasserstoff aus Wasser und mittels Ökostrom hergestellt, nennt man ihn „grünen“ Wasserstoff. Grüner Wasserstoff gilt als die einzige wirklich umweltfreundliche Art von Wasserstoff als Energieträger, da er in der Herstellung kein CO2 freisetzt. Expert:innen betrachten ihn daher als klimaneutral. 

Jedoch ist Wasser nicht die einzige Quelle für Wasserstoff. Der Bundesverband Energie und Wasser nennt auch Erdöl, Erdgas, Biomasse oder Methan (CH4) als mögliche Ausgangsstoffe. Wird der Wasserstoff zum Beispiel von Erdgas abgespalten, handelt es sich um „grauen“ Wasserstoff. Dabei gelangt Kohlenstoff in Form von CO2 in die Atmosphäre. Grauer Wasserstoff verstärkt also den Treibhauseffekt und belastet somit das Klima.

„Blauer“ Wasserstoff ist im Grunde grauer Wasserstoff – mit einem entscheidenden Unterschied. Auch blauer Wasserstoff wird zwar aus Erdgas gewonnen, jedoch leitet man das dabei entstehende CO2 nicht in die Atmosphäre, sondern in den Untergrund. Dieses Verfahren nennt sich Carbon Capture and Storage (CCS). 

Wie klimafreundlich ist blauer Wasserstoff?

Bei der Herstellung von blauem Wasserstoff speichert man das abgespaltene CO2 im Meeresboden.
Bei der Herstellung von blauem Wasserstoff speichert man das abgespaltene CO2 im Meeresboden.
(Foto: CC0 / Pixabay / PublicDomainPictures)

CCS-Anlagen fangen die bei der Herstellung von blauem Wasserstoff entstandenen Gase ab und lagern sie meist in unterirdischen Speichern ein. Theoretisch ist es also möglich, dass blauer Wasserstoff CO2-Emissionen in die Atmosphäre verringern kann. Doch ob er wirklich zum Klimaschutz beitragen kann, diskutieren Expert:innen kontrovers. 

So stellte Green Planet Energy in einer Studie fest, dass die Klimabilanz von blauem Wasserstoff dadurch schlecht ausfällt, dass mit der Förderung, der Verarbeitung und dem Transport von Erdgas hohe Treibhausgas-Emissionen einhergehen. Darüber hinaus sollen bei der Herstellung von blauem Wasserstoff ein Viertel der eingesetzten Energie verloren gehen und trotz CCS bis zu 40 Prozent des entstandenen CO2 in die Atmosphäre gelangen. Für Green Planet Energy ist daher klar: Blauer Wasserstoff ist nur „eine Scheinlösung der Energiewende“. 

Andererseits bericht das Online-Magazin klimareporter° von einer Studie mit ganz anderem Resultat. Ihr zufolge verursacht blauer Wasserstoff ungefähr die gleichen Emissionen wie grüner Wasserstoff – jedoch unter der Voraussetzung, dass für das CCS neueste Technik eingesetzt wird und das Erdgas nur kurze Transportwege zurücklegt.

Dient zur Herstellung des blauen Wasserstoffs zudem Biogas anstelle von Erdgas als Ausgangsstoff, könnten sogar negative Emissionen entstehen. Dieser Begriff bezieht sich auf Maßnahmen oder Technologien, die dazu beitragen, den Kohlenstoffdioxid-Gehalt in der Atmosphäre zu senken. Forschende gehen davon aus, dass es ohne negative Emissionen nicht gelingen wird, die globale Erderwärmung auf zwei Grad Celsius zu beschränken.

Das Umweltbundesamt informiert über einen weiteren problematischen Aspekt von blauem Wasserstoff. Wird es unterirdisch gelagert, zum Beispiel im Meeresboden, sind Leckagen möglich. Dadurch entweicht CO2, was dazu führen kann, dass sich Schadstoffe im Untergrund freisetzen und salzige Grundwässer an die Erdoberfläche gelangen. Das hat Versalzungen im Gewässer und in den Böden zur Folge. 

Hilft blauer Wasserstoff bei der Energiewende?

Es ist sinnvoller, erneuerbaren Strom direkt zu nutzen, als ihn für die Produktion von blauem Wasserstoff zu verwenden.
Es ist sinnvoller, erneuerbaren Strom direkt zu nutzen, als ihn für die Produktion von blauem Wasserstoff zu verwenden.
(Foto: CC0 / Pixabay / Al3xanderD)

Ist es angesichts der noch nicht abgeschlossenen Debatte um die Klima- und Umweltfreundlichkeit sinnvoll, blauen Wasserstoff zu produzieren und zu nutzen, wenn es doch auch grünen Wasserstoff als Alternative gibt? 

Der klimareporter° sieht im blauen Wasserstoff die Brücke hin zum grünen. Das heißt: Zurzeit reicht der Strom aus Erneuerbaren Energien nicht aus, um damit genügend grünen Wasserstoff zu produzieren. Zumindest vorübergehend hätte blauer Wasserstoff demnach eine Daseinsberechtigung. 

Noch sinnvoller wäre es, erneuerbaren Strom ohne Umwege zu nutzen. Das Umweltbundesamt erklärt, dass sich mehr fossile Energie und Treibhausgase einsparen lassen, wenn man den erneuerbaren Strom direkt einsetzt, statt ihn für die Herstellung von Wasserstoff zu verbrauchen. Denn bei der Wasserstoffproduktion geht ein Teil des eingesetzten Stroms verloren. 

Daher sollten Brennstoffe wie Wasserstoff nur dort Verwendung finden, wo die direkte Nutzung von erneuerbaren Energien und erneuerbarem Strom technisch nicht möglich ist. Das ist beispielsweise der Fall in Gaskraftwerken, wo Wasserstoff dazu dienen kann, die von den Witterungsbedingungen abhängige Stromerzeugung aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen auszugleichen. 

Weiterlesen auf Utopia.de:

English version available: Blue Hydrogen: How ‘Green’ Are Blue, Gray and Turquoise Hydrogen?

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