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Die textile Kette: Diese Schritte durchläuft ein Kleidungsstück

textile kette
Foto: CC0 / Pixabay / ranjatm

Die textile Kette umfasst den gesamten Prozess, den ein Kleidungsstück durchläuft – von der Faser bis zur Entsorgung. An vielen Stellen gibt es in der textilen Kette noch Raum für mehr Nachhaltigkeit.

Bevor ein T-Shirt oder eine Jeans in deinem Kleiderschrank hängt, durchlaufen die Kleidungsstücke viele verschiedene Phasen:

  • An erster Stelle steht die Fasererzeugung.
  • Dann folgt die Weiterverarbeitung in mehreren Schritten.
  • Das Endprodukt landet im Handel und schließlich bei uns.
  • Nachdem du das Kleidungsstück aussortiert hast, muss es noch verwertet und entsorgt werden.

Diese ganzen Schritte, von der Faser bis zur Entsorgung, nennt man die textile Kette.

Früher erfolgte die gesamte Textilproduktion nicht selten in einem einzigen Land. Auch in Deutschland war es üblich, Hanf oder Flachs anzubauen, ihre Fasern zu gewinnen, diese zu Garn und Stoff zu verarbeiten und daraus dann Kleider zu schneidern. 

Inzwischen ist die textile Kette stark international verzweigt. Textilhersteller haben ihre Geschäfte in Länder des Globalen Südens verlagert, wo die Produktionskosten geringer und die Sozial- und Umweltstandards oft weniger reglementiert sind. Dies hat auch dazu geführt, dass die textile Kette deutlich komplexer geworden ist. Beispielsweise sind an der Herstellung eines schlichten weißen Herrenoberhemds etwa 140 verschiedene Produzenten und Unternehmen weltweit beteiligt. 

An vielen Punkten entlang dieser unübersichtlichen textilen Kette kommt es zu schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt, das Klima und die Menschen, die an der Textilproduktion beteiligt sind. Daher müssen Bemühungen um ökologische und soziale Nachhaltigkeit die gesamte textile Kette betreffen. 

Schritt 1 in der textilen Kette: Fasererzeugung

Die textile Kette beginnt mit der Fasererzeugung. Einen Großteil macht dabei Baumwolle aus.
Die textile Kette beginnt mit der Fasererzeugung. Einen Großteil macht dabei Baumwolle aus.
(Foto: CC0 / Pixabay / jdblack)

Ein T-Shirt nimmt seinen Anfang meistens als Baumwollsamen. Baumwolle ist eines der am häufigsten verwendeten Materialien in der Bekleidungs- und Textilindustrie und macht ein Viertel der weltweiten Faserproduktion aus. 

Damit eine Faser entsteht, müssen die Baumwollbäuer:innen die Felder vorbereiten, Saatgut produzieren oder kaufen, die Samen aussäen, die Pflanzen wässern und vor Schädlingen schützen und schließlich die Baumwolle ernten. 

Der konventionelle Baumwollanbau ist dabei jedoch äußerst problematisch, denn er geht mit dem Verbrauch massiver Mengen an Wasser und chemisch-synthetischen Pestiziden einher, wodurch sich die Feldarbeiter:innen einem gesundheitlichen Risiko aussetzen. Hinzu kommt, dass die Baumwolllandwirt:innen kaum existenzsichernde Einkommen erzielen und dass Kinder- und Zwangsarbeit auf Baumwollfeldern keine Seltenheit ist. Mehr dazu hier: Bio-Baumwolle ➤ 10 Fakten, die du kennen solltest.

In der Textilindustrie kommen auch viele synthetische Fasern wie Polyester, Polyacryl, Nylon, Elastan oder Acetat (Kunstseide) zum Einsatz, da sie günstig und vielseitig sind. Doch auch sie basieren auf einem kritischen Rohstoff: der endlichen Ressource Erdöl, für deren Förderung Natur zerstört sowie Tiere und Menschen vertrieben werden.

Schritt 2 in der textilen Kette: Textilerzeugung

Im zweiten Schritt der textilen Kette wird aus der Faser Garn.
Im zweiten Schritt der textilen Kette wird aus der Faser Garn.
(Foto: CC0 / Pixabay / PDPics)

Der zweite Schritt in der textilen Kette ist die Textilerzeugung. Dabei wird aus der Faser durch Spinnen ein Garn und aus dem Garn durch Techniken wie das Weben, Stricken oder Filzen ein Stoff. 

In Südindien geschieht dies laut einer Doku des WDR unter „moderner Sklavenarbeit“: Es würden vor allem Frauen und minderjährige Mädchen die Baumwollfasern bearbeiten – 14 Stunden am Tag für einen Hungerlohn. 

Die Arbeiter:innen müssen die Rohfasern zuallererst reinigen, wozu sie viele Chemikalien und viel Energie benötigen. Hinzu kommt, dass der Faserstaub auf die Arbeiter:innen gesundheitsschädlich wirken kann. 

Für die Herstellung von synthetischen Fasern wie Polyesterfasern kommt das sogenannte Schmelzspinnen zur Anwendung. Durch Hitze verflüssigtes Polymer wird dabei durch Spinndüsen gedrückt, sodass ein Endlosfaden entsteht, der schließlich erkaltet. 

Schritt 3 in der textilen Kette: Textilveredelung

Oft sind die Abwässer aus Textilfabriken mit Chemikalien verseucht.
Oft sind die Abwässer aus Textilfabriken mit Chemikalien verseucht.
(Foto: CC0 / Pixabay / PellissierJP)

Schritt drei der textilen Kette ist die Textilveredelung. Sie beinhaltet chemische, mechanische und thermische Verfahren. Dabei erhalten die Textilien – je nach ihrem späteren Einsatzzweck – die nötigen Eigenschaften. 

Die Textilveredelung beginnt mit Vorbehandlungen. Darunter fallen beispielsweise das Waschen, Bleichen, Mercerisieren (Baumwollfasern werden unter Zugspannung konzentrierter Natronlauge ausgesetzt, wodurch sich die Qualität verändert), Beizen, Dämpfen und Bügeln. 

Anschließend folgen das Färben oder Bedrucken, Imprägnieren und andere sogenannte „Ausrüstungen“, die das Textil beispielsweise knitterfrei, formstabil oder weicher machen. Manche Textilien wie Kunstlederprodukte erhalten zusätzlich eine Beschichtung mit Kunststoff. 

Laut Quarks sind unter den mehr als 6.500 Chemikalien, die die Industrie zur Textilveredlung nutzt viele giftig und einige krebserregend. Textilfabriken in Indien, Pakistan und Bangladesch lassen die mit diesen Chemikalien verseuchten Abwässer oft ohne Klärung in umliegende Gewässer ableiten. So schadet die Textilveredelung nicht nur der Gesundheit von Arbeiter:innen und Träger:innen, sondern auch der Umwelt. 

Schritt 4 in der textilen Kette: Konfektionierung

In vielen asiatischen Ländern findet Schritt drei der textilen Kette, die Konfektionierung, unter Ausbeutung statt.
In vielen asiatischen Ländern findet Schritt drei der textilen Kette, die Konfektionierung, unter Ausbeutung statt.
(Foto: CC0 / Pixabay / gussencion)

Der vierte Schritt der textilen Kette sieht die Konfektionierung des Stoffes vor: Näher:innen schneiden ihn zu und nähen aus den Einzelteilen ein textiles Produkt. 

Dieser Schritt der globalen Textilproduktion findet in vielen asiatischen Ländern noch immer unter menschenverachtenden Arbeitsverhältnissen statt. Näher:innen in Bangladesch schuften stundenlang in Sweatshops für einen durchschnittlichen Monatslohn von umgerechnet 85 Euro (Stand 2022) und sind immer wieder körperlichen Misshandlungen sowie Demütigungen und Drohungen ausgesetzt. Die Corona-Pandemie hat die Situation vielerorts noch verschlimmert. Laut einer Studie der Clean Clothes Campaign verloren Textilarbeiter:innen weltweit zwischen März 2020 und März 2021 etwa 12 Milliarden US-Dollar in unbezahlten Löhnen und Abfindungen.

Schritt 5 in der textilen Kette: Endprodukt

In Schritt fünf der textilen Kette hat es das Kleidungsstück in den Kleiderschrank geschafft.
In Schritt fünf der textilen Kette hat es das Kleidungsstück in den Kleiderschrank geschafft.
(Foto: CC0 / Pixabay / congerdesign)

An fünfter Stelle in der textilen Kette steht das Endprodukt. Aus dem Baumwollsamen ist ein fertiges T-Shirt geworden. Dieses macht sich nun auf den Weg in den Einzelhandel und von dort aus in unsere Kleiderschränke. 

Der Großteil unserer Kleidung durchläuft eine internationale Langstreckenreise, denn Deutschland importiert laut Quarks etwa 90 Prozent der verkauften Bekleidung. Meistens kommt sie aus China, Bangladesch, Indien und der Türkei. Je weiter entfernt das Produktionsland, desto mehr CO2-Emissionen fallen auf dem Transportweg an. 

Zu dieser Phase der textilen Kette gehört auch, dass die Verbraucher:innen das Kleidungsstück nutzen. Die Art und Weise, wie wir die Kleidung tragen und pflegen, schlägt sich ebenfalls in seiner CO2-Bilanz nieder. Je heißer und öfter wir das Kleidungsstück beispielsweise waschen, desto mehr Kohlendioxid entsteht. Mehr zum Thema erfährst du hier: Wie oft sollte man Wäsche waschen?

Schritt 6 in der textilen Kette: Entsorgung und Verwertung

Altkleider landen in vielen afrikanischen Ländern, wo sie sich zu Müllbergen türmen.
Altkleider landen in vielen afrikanischen Ländern, wo sie sich zu Müllbergen türmen.
(Foto: CC0 / Pixabay / 758139)

Die CO2-Bilanz eines Kleidungsstücks verbessert sich, je länger wir es tragen. Doch Kleidung ist inzwischen zu einer Wegwerfware verkommen – viel zu schnell sortieren wir sie aus. 

Der Grund dafür ist das System der „Fast Fashion“: Ständig erscheinen neue Kollektionen in den Läden, die wir zu Schleuderpreisen kaufen können. Gerade gekaufte Kleidungsstücke können mit den schnell wechselnden Trends nicht lange mithalten oder verschleißen aufgrund schlechter Qualität nach ein paar Mal tragen. Daher landen sie nach kurzer Zeit entweder im Altkleidercontainer oder im Müll. 

Der letzte Schritt in der textilen Kette ist also die Verwertung und Entsorgung von Textilien. 

Mit der Entsorgung über Altkleidercontainer meinen wir, etwas Gutes zu tun. Schließlich können unsere Kleidungsstücke dann als Spende Bedürftigen zugute kommen. Doch dies ist nur bei rund zehn Prozent der Textilien der Fall. 40 Prozent der Altkleider exportiert Deutschland als Handelsware in osteuropäische oder afrikanische Länder. Viele dieser Länder benötigen diese Menge an Altkleidern jedoch gar nicht. Mehr dazu kannst du hier lesen: Fast-Fashion-Friedhof: 200 Tonnen Altkleider pro Tag landen in diesem Fluss.

Etwa 50 Prozent der Altkleider geht direkt an Recyclingfirmen, da sie zum weiteren Tragen unbrauchbar sind. Aus ihren Fasern entstehen dann beispielsweise Dämmstoffe oder Putzlappen. Wenn die Altkleider auch dafür keinen Nutzen mehr haben, gehen sie in die Müllverbrennung. 

Problematisch beim Recyceln von Altkleidern ist vor allem, dass sie oft aus Mischgeweben bestehen: Ein reines Baumwollshirt ist einfacher zu recyceln als ein Shirt aus Polyester und Baumwolle. Recyclingverfahren für Mischgewebe stecken erst in den Kinderschuhen.

Wie könnte die textile Kette nachhaltiger werden?

Die textile Kette eines einzigen Kleiderstücks erstreckt sich über Kontinente. Hunderte Menschen sind daran beteiligt, genauso wie große Mengen an Ressourcen, Pestiziden und anderen Chemikalien. Entlang der textilen Kette kommt es immer wieder zu schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Natur. 

Damit Mode nachhaltiger wird, ist es nötig, in allen Phasen der textilen Kette umweltfreundlichere Verfahren und sozialverträgliche Standards einzuführen. Bei der Fasererzeugung besteht beispielsweise die Option, statt genmanipulierter Baumwolle Bio-Baumwolle anzubauen. Diese kommt mit weniger Wasser und ohne chemisch-synthetische Pestizide aus. In der Textilveredelung ist besseres Monitoring notwendig, sodass Fabriken auch tatsächlich ihre Kläranlagen nutzen, um die Abwässer zu reinigen. Auch strengere Richtlinien bezüglich der verwendeten Chemikalien würde Mensch und Natur zugutekommen. 

Auch die Träger:innen können maßgeblich dazu beitragen, dass die textile Kette nachhaltiger wird: Sie können sich für ethisch und umweltschonender hergestellte Kleidung entscheiden. Orientierung bieten dabei Siegel:

Grundsätzlich nötig ist ein anderes Konsumverhalten von Kleidung, damit die fünfte Phase der textilen Kette möglichst lange andauern kann: Statt Kleidung sofort auszusortieren und neue zu kaufen, sollten wir mehr Kleidung tauschen, leihen, weiterverkaufen und gebrauchte Kleidungsstücke kaufen. Mehr Infos zu nachhaltigerem Konsum findest du hier:

Der textilen Kette mangelt es an vielen Stellen an Transparenz. Als Konsument:in kannst du nicht nachvollziehen, wo die Baumwolle deines T-Shirts gefärbt oder wer die Teile vernäht hat. Inzwischen gibt es jedoch einige Unternehmen, die ihre Lieferketten offenlegen und damit zeigen, dass die textile Kette auch ohne Ausbeutung hinter Fabriktüren funktionieren kann: Mode ohne Ausbeutung: diese Marken machen Lieferketten transparent.

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