Je kürzer die Zutatenliste, desto gesünder ein Lebensmittel – oder? Wir haben genauer hingeschaut, auf was es beim Grillgut tatsächlich ankommt. Dabei geht es nicht nur um die (Veggie-)Wurst, sondern auch um Steaks und Fleischalternativen.
Sommerzeit ist Grillzeit. Und welches Lebensmittel darf dabei in Deutschland nicht fehlen? Fleisch natürlich. Zumindest sehen das laut einer Onlineumfrage von POSpulse knapp 85 Prozent der Befragten so. Steaks, (Brat-)Würste und Fleischspieße sind dabei die unangefochtenen Top 3 auf dem Rost. Zugleich hat sich das Sortiment für pflanzenbasiertes Grillgut längst aus der Nische erhoben und wächst stetig. Bleibt die Frage: Was ist besser in puncto Natürlichkeit und Gesundheit – und wie steht es um Inhaltstoffe, Rückstände und Nährwerte?
Steaks: Natur pur auf dem Rost? – Kommt auf die Marinade an
Steaks sind Fleischstücke, welche nur kurz gebraten werden müssen (also optimal zum Grillen geeignet sind). Sie stammen häufig vom Rind. Aber auch Steaks vom Schwein, Geflügel oder Kalb gibt es. Sind Steaks also ein natürliches, unverarbeitetes Produkt? Jein.
Insbesondere fürs Grillen werden Fleischstücke nämlich häufig mit einer Marinade aus Öl, Kräutern und Gewürzen behandelt. Wer das selbst übernimmt, entscheidet auch selbst, was ans Fleisch kommt. Anders sieht es bei bereits marinierten Stücken aus dem Kühlregal aus. 2019 hat die Verbraucherzentrale Brandenburg beispielsweise festgestellt, dass von 41 untersuchten Grillfleisch-Produkten gerade mal 13 ohne Zusatzstoffe auskamen. In den übrigen Steaks, Spießen und Spareribs fanden die Lebensmittelexpert:innen der Verbraucherzentrale Verdickungsmittel, Antioxidationsmittel, Stabilisatoren, Säureregulatoren sowie viel Salz und zum Teil auch Zucker. All diese Stoffe verlängern zwar die Haltbarkeit und wirken konservierend, können gleichzeitig aber auch Allergien und Unverträglichkeiten fördern.
Immerhin: Zusatzstoffe müssen dank der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung auf der Verpackung angegeben werden. Ein Blick auf die Zutatenliste bringt also Klarheit. Zusatzstoffe können dann einfach vermieden werden.
Unsichtbare Zusatzstoffe: Resistente Keime und Antibiotikarückstände im Fleisch
Ganz anders sieht das bei den Inhaltsstoffen aus, welche bereits im Fleisch enthalten sind. Beim Steak sind das viel Eiweiß und wenige Kohlenhydrate, dafür aber gesättigte – also „ungesunde“ – Fette. Und dann wären da auch noch resistente Keime, welche durch den oft hohen Antibiotika-Einsatz in der Tierhaltung entstehen und noch im Fleisch nachweisbar sind.
So fand Stiftung Warentest im Jahr 2020 bei 10 von 15 Schweinenackensteaks und Koteletts MRSA-Keime sowie ESBL-Bildner. Beide Bakterienarten sind resistent gegen gängige sowie Reserve-Antibiotika. Durch ihre fortschreitende Ausbreitung lassen sich auch menschliche Infektionskrankheiten immer schwerer mit Antibiotika behandeln. Für infizierte Menschen kann es lebensgefährlich werden, wenn kein Antibiotika mehr anschlägt. Solche Keime beschränken sich aber natürlich nicht nur auf Steaks, sondern wurden von Greenpeace auch schon in Bratwürsten und Schnitzeln und von der Deutschen Umwelthilfe (DHU) in Putenfleisch gefunden – um nur einige Beispiele zu nennen.
Neben resistenten Bakterien können auch Rückstände von den während der Mast verabreichten Antibiotika selbst ein Problem in Lebensmitteln tierischer Herkunft sein. So schließt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) diese nicht aus. Dennoch dürfen Lebensmittel laut BfR „nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie keine Rückstände enthalten, die die Gesundheit der Verbraucher beeinträchtigen können“. Weiter heißt es hier: „Aufgrund der strengen Regelungen und Kontrollen ist das gesundheitliche Risiko von Verbrauchern durch den Verzehr von Lebensmitteln im Hinblick auf Antibiotikarückstände gering“.
Bedeutet: gering – aber vorhanden. Das zeigen auch die Ergebnisse des Nationalen Rückstandskontrollplans (NRKP), welcher seit 1989 regelmäßig durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) angewandt wird und Lebensmittel tierischen Ursprungs auf unerwünschte Stoffe und Rückstande untersucht. Zwar wurden zuletzt 2019 in gut 18.000 untersuchten Proben „nur“ 6 mal (also in 0,032 % der Proben) Antibiotika-Rückstände gefunden, jedoch besteht auch hierdurch die Gefahr einer Zunahme antibiotikaresistenter Bakterien, wie das BfR in seiner Stellungnahme vom Januar 2022 zum NRKP 2019 schreibt.
Bratwürste enthalten neben Fleisch auch viel Salz und Zusatzstoffe
Auch wenn die beim Grillen so beliebten Bratwürste ebenfalls von den genannten Bakterien und Rückständen betroffen sein können, fällt aus gesundheitlicher Sicht bei dieser Lebensmittelgruppe noch etwas anderes ins Gewicht – nämlich jede Menge Fett (etwa 30 Gramm je 100 Gramm Fleisch) und Salz (circa 2 Gramm je 100 Gramm). Je nach Produkt sind außerdem auch Zusatzstoffe wie Geschmacksverstärker, Gewürz(-extrakte) sowie Zucker enthalten.
Öko-Test bemängelt im Grillwurst-Test im Sommer 2022 neben potenziell ungesunden zugesetzten Phosphaten, zu viel Salz und Mineralölrückständen auch schlechte Tierhaltungsbedingungen.
Während die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rotes Fleisch generell – also auch zum Beispiel Rinder-Steaks – als „wahrscheinlich krebserregend“ einstuft, geht sie bei verarbeiteten Felsichprodukten (zu denen auch Bratwürste zählen) sogar noch eine Stufe weiter: Sie ordnet sie der höchsten Krebs-Risikogruppe zu, da ein häufiger Verzehr vor allem das Risiko für Dickdarmkrebs erhöhen kann.
Für alle, die trotz allem auf eine gelegentliche Bratwurst nicht verzichten wollen, gilt also ähnlich wie bei den Steaks: Augen auf beim Einkauf. Denn auch bei Würsten müssen alle Zutaten auf der Verpackung aufgeführt sein bzw. können an der Fleischtheke erfragt werden. Für Bio-Bratwürste bzw. allgemein für ökologische Lebensmittel sind übrigens deutlich weniger Zusatzstoffe zugelassen als für solche aus konventioneller Herstellung – und gleichzeitig ist Bio-Tierhaltung schonenden für die Umwelt und die Tiere.
Fleischersatzprodukte punkten mit pflanzlichen Proteinen und Ballaststoffen
Zusatzstoffe sind ein Reizthema in der Debatte um Veggie-Lebensmittel, denn auch Fleischersatzprodukten werden diese oft nachgesagt. Und es stimmt: Um Geschmack und Biss in Veggie-Würste, -Schnitzel und -Buletten zu bringen, verwenden manche Hersteller neben Kräutern, Gewürzen und Salz auch Aromen sowie chemisch hergestellte Würze. Wer es genau wissen möchte, schaut also auch hier aufs Etikett. Dort stehen außerdem Infos über die Basis des Produkts: Tofu, Seitan, Sojaprotein, Lupine und Hühnereiweiß eignen sich beispielsweise gut für Fleischersatzprodukte.
Diese Zutaten liefern – mit Ausnahme des Hühnereiweiß – übrigens sattmachende, verdauungsfördernde Ballaststoffe und heben sich allein hierdurch Nährwert-technisch von den Pendants aus Fleisch ab. Aber auch mit einem geringeren Gesamt-Fettgehalt sowie vor allem weniger gesättigten Fetten, dafür aber hochwertigem, pflanzlichen Protein stehen viele Veggie-Würste und Co. im Vergleich zur tierischen Variante gut da.
Anhand des Nutri-Scores lässt sich die Nährwertzusammensetzung verschiedener verarbeiteter Lebensmittel besser vergleichen. Öko-Test hat genau das als Teil eines 2021 durchgeführten Tests von 19 Veggie-Würstchen gemacht. Das Ergebnis: Etwa die Hälfte der Produkte entsprach dem mittleren Nutri-Score C, eine Veggie-Wurst der schlechteren Note D, sechs Stück einem B und zwei Produkte konnten mit einem grünen A ausgezeichnet werden. Im Vergleich zu herkömmlichen Bratwürsten, die eher im roten Bereich von D und E liegen, schneiden die Veggie-Würste also deutlich besser ab, was vordergründig an den Ballaststoffen sowie dem günstigeren Fettsäuremuster liegt.
Mineralöl- und Pestizidrückstände: ein ungelöstes Problem
Was jedoch nie auf der Verpackung steht: Veggie-Würste, -Bratlinge und -Buletten können auch bedenkliche Rückstände enthalten. Beispielsweise wies Öko-Test 2021 in 16 der 19 getesteten Würstchen gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffe und bei fünf (Nicht-Bio-)Produkten Spuren von Pestiziden nach – beide Stoffgruppen sind potenziell krebserregend. Und auch Veggie-Buletten sind laut eines Tests von Stiftung Warentest aus 2021 davor nicht gefeit. Dabei gelangen Mineralölrückstände vermutlich durch die Produktionsanlagen (bzw. durch das dort verwendete Schmieröl) in die Produkte und trüben die gesunden Nährwerte der Fleischalternativen für den Grill. Allerdings sind Mineralölrückstände nicht nur ein Problem von pflanzlichen Fleischalternativen: Auch in Bratwürsten tierischer Herkunft fand Öko-Test 2022 gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH bzw. MOSH-Analoge).
Fazit: Zutaten checken, auf Bio-Siegel achten und öfter mal selber machen
Sowohl Grillgut aus Fleisch als auch aus pflanzlichen Zutaten können gesundheitliche Nachteile haben. In beiden Fällen ist es ratsam, beim Einkauf die Zutatenlisten im Blick zu behalten und zu Bio-Produkten zu greifen. Auch Öko-Test rät, insbesondere Bratwürste nur mit Bio-Siegel (und dafür seltener) zu kaufen.
Sowohl fleisch- als auch pflanzenbasierte Würste sind stark verarbeitete Produkte. Pflanzliche Lebensmittel haben aber grundsätzlich den Vorteil, dass sie nährwerttechnisch oft besser abschneiden und resistente Keime sowie Antibiotikarückstände kein Thema sind. Und: Pflanzenbasierte Lebensmittel schonen natürliche Ressourcen und das Klima und werfen zudem weniger ethische Fragen auf als Fleischprodukte – immerhin wird dafür kein Tier geschlachtet.
Wer dennoch unsicher ist, ob Veggie-Würste & Co. die richtige Wahl sind: Wer sagt, dass überhaupt Wurst oder Steak auf den Grill muss? Grillgut – und Beilagen – selber zu machen ist eine gute Alternative. Beispielsweise gibt es viele Rezepte und Ideen für den veganen Grillabend, bei denen buntes Gemüse die Hauptrolle spielt.
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