Weltweit sterben die Insekten â schuld daran sind der Mensch und die Landwirtschaft. Dabei brauchen wir die kleinen Tiere, um zu ĂŒberleben. Wir zeigen, was jede:r von uns gegen das Insektensterben tun kann.
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Hast du auch das GefĂŒhl, vor zehn oder 20 Jahren flogen beim Picknick viel mehr Wespen und Fliegen um dich herum? Dass nach einer Autofahrt viel mehr Insekten an der Frontscheibe klebten als heute? Du könntest recht haben: Wissenschaftler:innen bestĂ€tigen immer wieder, dass die InsektenbestĂ€nde zurĂŒck gehen. Das Insektensterben hat gravierende Auswirkungen auf uns alle.
- FĂŒr Eilige: direkt zu den 5 Tipps gegen das Insektensterben.
Das Insektensterben betrifft uns alle
Die Insekten stellen mit weit mehr als einer Million Arten die artenreichste Tierklasse der Welt dar. Laut NABU leben in Deutschland rund 30.000 Insektenarten. Doch deren Population ist stark bedroht, denn das Insektensterben schreitet flÀchendeckend voran. Die Studienlage der letzten Jahre:
Anfang 2016 kam eine Studie des WeltbiodiversitÀtsrats IPBES zu dem Schluss, dass das Insektensterben ein weltweites PhÀnomen ist: Demnach nehmen gleichzeitig BestÀnde und Artenvielfalt von Insekten ab, bis zu 40 Prozent der BestÀuber seien vom Aussterben bedroht.
Auch in Deutschland beobachten Wissenschaftler:innen den RĂŒckgang: Laut WDR zĂ€hlten sie beispielsweise in einem Naturschutzgebiet nahe Krefeld bis zu 80 Prozent weniger Insekten als noch vor 30 Jahren. In der NĂ€he von Regensburg seien in den vergangenen 200 Jahren etwa 60 Prozent der Schmetterlingsarten verschwunden.
Studie: Insektensterben drastischer als vermutet
Eine Studie der Technischen UniverstitĂ€t MĂŒnchen (TUM) vom Oktober 2019 beobachtete Insekten zwischen 2008 und 2017 an 150 Gras- und 140 Wald-Standorten und kam zum Ergebnis, dass in jĂ€hrlich untersuchten Graslandschaften sowohl Biomasse als auch Populationsdichte und Artenzahl drastisch zurĂŒckgingen.
Den gröĂten Schwund stellten die Forscher:innen auf GrĂŒnlandflĂ€chen fest, die in besonderem MaĂe von Ackerland umgeben sind. Dort litten vor allem die Arten, die nicht in der Lage sind, groĂe Distanzen zu ĂŒberwinden.
“Dass solch ein RĂŒckgang ĂŒber nur ein Jahrzehnt festgestellt werden kann, haben wir nicht erwartet â das ist erschreckend, passt aber in das Bild, das immer mehr Studien zeichnen.”
Wolfgang Weisser, Professor fĂŒr Terrestrische Ăkologie an der TUM
Der NABU spricht von einem “massiven RĂŒckgang der Insekten”, der sowohl die Anzahl der Insektenarten, die HĂ€ufigkeit und die Biomasse betrifft. Die Naturschutzorganisation nennt erschreckende Zahlen: Bei den Wildbienen sind ĂŒber die HĂ€lfte der Arten in ihrem Bestand gefĂ€hrdet. Ebenfalls bestandsgefĂ€hrdet oder sogar bereits ausgestorben: 17 Prozent der Schmetterlinge, 29 Prozent der Schwebfliegen, 37 Prozent der LaufkĂ€fer und ganze 87 Prozent (!) der WasserkĂ€fer.
Wissenschaftler:innen um den australischen Ăkologen Francisco SĂĄnchez-Bayo vom Sydney Institute of Agriculture warnen sogar davor, dass es in 100 Jahren gar keine Insekten mehr geben könnte. In einer Ăbersichtsstudie aus dem Jahr 2019 werteten sie 73 Studien ĂŒber den RĂŒckgang unterschiedlicher Insektenarten aus und kamen zu dem Schluss: Die Bedrohung ist global und besonders betroffen sind Schmetterlinge und HautflĂŒgler, wie zum Beispiel Bienen, Ameisen und Wespen. Aktuell ginge der Betand aller Insektenarten bereits um 40 Prozent zurĂŒck, so die Forscher:innen.
Im April 2020 erschien eine weitere Ăbersichtstudie zum weltweiten Bestand der Insekten. Die Forschenden des Deutschen Zentrums fĂŒr integrative BiodiversitĂ€tsforschung (iDiv) werteten 166 bestehende Langzeitstudien aus verschiedenen Orten aus. Das Ergebnis: Die Insekten an Land werden immer weniger. Ihre Zahl sank durchschnittlich um etwa ein Viertel in 25 Jahren.
Insektensterben: die Ursachen
GefĂ€hrdet werden Insekten weltweit durch mehrere Faktoren, die fast alle mit uns Menschen zu tun haben. Zu den Ursachen fĂŒr das Insektensterben gehören die schwindende Vielfalt auf den Feldern durch Monokulturen ebenso wie die Umweltverschmutzung, aber auch schrumpfende LebensrĂ€ume und der Pestizideinsatz in der industriellen Landwirtschaft. Der FlĂ€chenfraĂ durch Industrie und Wohnsiedlungen verkleinert die LebensrĂ€ume von Insekten weiter. Da viele Insekten nachtaktiv sind, stört die Lichtverschmutzung ihren Tag-Nacht-Rhythmus sowie ihr Jagd- und Fortpflanzungsverhalten.
Insbesondere die sogenannten Neonicotinoide, eine Gruppe von Insektiziden, scheinen den Insekten zu schaffen zu machen. Experimente zeigten, dass Bienen, die mit dem Insektizid in Kontakt kamen, danach Probleme mit der Orientierung hatten; nur etwa die HĂ€lfte fand den Weg zurĂŒck in den Bienenstock.
Dass sogar in Naturschutzgebieten und im Wald die Insekten verschwinden, weist darauf hin, dass diese Gebiete nicht ausreichen: Oft sind sie zerstĂŒckelt oder die einzelnen Schutzgebiete liegen fĂŒr die Insekten zu weit auseinander.
Die Folgen: Was passiert, wenn die Insekten aussterben?
Auch wenn es fĂŒr die Gartenparty erstmal angenehm ist, wenn weniger Insekten herumflattern und -krabbeln: Die Natur, das Klima und auch wir Menschen brauchen Insekten. Etwa 80 Prozent aller Wildpflanzen werden von Insekten bestĂ€ubt und etwa ein Drittel unserer Nahrungsmittel.
Insekten sind die Hauptnahrungsquelle fĂŒr viele Vögel und Wildtiere. Die VögelbestĂ€nde gehen deshalb bereits zurĂŒck: Gemessen an der Gesamtartenzahl weisen Vogelarten, die wĂ€hrend der Brutzeit auf die ErnĂ€hrung von Insekten angewiesen sind, im 25-Jahre-Trend einen starken BestandsrĂŒckgang von rund 20 Prozent auf, so der NABU. AuĂerdem sorgen Insekten dafĂŒr, dass organische AbfĂ€lle, Aas und Mist schnell verschwinden.
âWenn uns die Fluginsekten fehlen, gerĂ€t die gesamte Nahrungskette in Gefahr: Blumen und BĂ€ume werden nicht mehr bestĂ€ubt und Mauerseglern und Schwalben fehlt die Nahrungsgrundlageâ, warnte Josef Tumbrinck, Landesvorsitzender des NABU Nordrhein-Westfalen, bereits im Januar 2016.
Sollte sich das Insektensterben fortsetzen, könnte also eines Tages frisches Obst und GemĂŒse zu seltenen und teuren LuxusgĂŒtern werden. Weil ihnen die Nahrung fehlt, wĂŒrden erst Vögel, Frösche und andere kleinere Wildtiere und in der Folge gröĂere Tiere aussterben. Herumliegendes, vermoderndes Aas könnte Krankheiten verbreiten. Von Kuhmist wĂŒrde deutlich mehr klimaschĂ€dliches Lachgas ausgestoĂen, wenn er lĂ€nger auf der Wiese liegt.
Insektensterben verhindern: 5 Tipps
Weil die Politik nur zögernd eingreift und viele Landwirt:innen noch nicht auf ökologische Landwirtschaft umstellen, hier ein paar Tipps, was wir selbst tun können. Bereits jede:r einzelne von uns kann das Insektensterben aufhalten.
1. Bio kaufen und Insektensterben verhindern
Bio-Lebensmittel werden auf dem Acker nicht mit gefĂ€hrlichen synthetischen Pestiziden und DĂŒngern behandelt. Im Gegensatz zur konventionellen Landwirtschaft â insbesondere im industriellen MaĂstab â schadet die Bio-Landwirtschaft damit den Insekten nicht mit giftigen Spritzmitteln.
Zudem bieten viele, vor allem kleinere Bio-Höfe durch Fruchtwechsel und BrachflĂ€chen einen vielfĂ€ltigeren Lebensraum fĂŒr Insekten als groĂe konventionelle Betriebe.
2. NatĂŒrlichen Pflanzenschutz verwenden
Was fĂŒr landwirtschaftliche Betriebe gilt, gilt natĂŒrlich auch fĂŒr den eigenen Garten: KĂŒnstliche Pflanzenschutzmittel und DĂŒnger sind keine gute Idee. Um die Pflanzen in deinem Garten dennoch vor SchĂ€dlingsbefall zu schĂŒtzen, gibt es viele natĂŒrliche Methoden zur SchĂ€dlingsbekĂ€mpfung â vom Einsatz von NĂŒtzlingen ĂŒber pflanzenbasierte Unkrautvernichter und DĂŒnger bis hin zu mechanischen Methoden.
3. Insektenhotels aufstellen
Weil es fĂŒr Insekten zunehmend schwieriger wird, natĂŒrliche Unterschlupf- und Nistmöglichkeiten zu finden, sind âInsektenhotelsâ im Garten, im Hinterhof oder sogar auf dem Balkon eine gute Idee.
Die kleinen âHĂ€uschenâ bestehen aus natĂŒrlichen Materialien wie Holz, Baumrinde, Bambus, Schilfrohr, Steine und Zapfen und bieten eine naturnahe Unterkunft fĂŒr Insekten wie Hummeln, Wildbienen, MarienkĂ€fer, Florfliegen, OhrwĂŒrmer oder Schmetterlinge. Die Insekten können die Hotels sowohl als Nist- als auch als Ăberwinterungshilfe nutzen.
- Insektenhotel bauen: Bauanleitung und Tipps
- Insektenhotel-Standort: Der richtige Platz fĂŒr Bienen & Co.
Wichtig: Nicht jedes Insektenhotel ist wirklich hilfreich; um Insekten wirklich zu unterstĂŒtzen sollte man auf einige Dinge achten. Tipps gibt es zum Beispiel hier. Wer speziell fĂŒr Wildbienen Nisthilfen aufstellen möchte, findet beim NABU hilfreiche Tipps.
Insektenhotels kaufen:
- Im Avocadostore gibt es Insektenhotels ab 20 Euro, bei WaschbĂ€r ein Hotel fĂŒr Wildbienen (40 Euro).
- Memolife fĂŒhrt ein Insektenhotel aus heimischem LĂ€rchenholz (120 Euro), das in WerkstĂ€tten fĂŒr Menschen mit Behinderung gefertigt wird.
- Der Knastladen fĂŒhrt verschiedene Insektenhotels (ab ca. 10 Euro), die von Gefangenen hergestellt werden.
4. Gegen Insektensterben: Blumige Unordnung zulassen
GĂ€rten mit sauber gemĂ€htem Rasen, akkurat gestutzten Buchshecken und Geranien in KĂŒbeln bieten Insekten kaum Lebensraum oder Nahrung â solche GĂ€rten tragen zum Insektensterben bei.
Insekten brauchen Vielfalt: SĂ€e Wildblumenwiesen, pflanze heimische Stauden, StrĂ€ucher und Hecken und belasse deinen Garten ruhig ein bisschen wild und unordentlich, dann finden Insekten und Vögel Nahrung und Lebensraum. Wildblumenmischungen kannst du ĂŒbrigens auch im Balkonkasten wachsen lassen. Achte dabei unbedingt darauf, dass es sich um regionale Arten handelt.
Wildblumen-Saatgut kaufen: z.B. bei Die StadtgÀrtner oder Avocadostore
5. Auf giftige MĂŒckensprays verzichten
Um lĂ€stige Insekten aus deiner Wohnung oder von der Terrasse zu vertreiben, brauchst du keine giftigen Sprays; diese sind oft tödlich fĂŒr Insekten und auch nicht gut fĂŒr die menschliche Gesundheit.
MĂŒcken, Wespen & Co. kannst du mit natĂŒrlichen Mitteln fernhalten, die den Tieren keinen Schaden zufĂŒgen â zum Beispiel mit bestimmten Pflanzen und KrĂ€utern, Ă€therischen Ălen oder Kaffee. Mehr Infos hier:
MĂŒckenschutzmittel kaufen: Unbedenkliche Alternativen zu Autan & Co. gibt es z. B. bei Memolife oder Avocadostore zu kaufen.
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Bienensterben â was kann ich dafĂŒr?
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