Kneipp-Medizin – mehr als nur Wassertreten: Die Therapie nach Sebastian Kneipp baut sich auf fünf Säulen auf und gilt als der Ursprung für die moderne Naturheilkunde.
Kneipp-Therapie: Entstehung des ganzheitlichen Ansatzes
Der Pfarrer Sebastian Kneipp entwickelte seine bekannte ganzheitliche Therapie vor rund 130 Jahren. Er litt damals selbst unter einer Lungenerkrankung – die Ärzte konnten ihm aber nicht helfen. Also unternahm er im Selbstversuch kurze Kaltwasserbäder in der Donau, nachdem er davon in einem Buch gelesen hatte, so die Apotheken-Umschau. Damit schuf er den Ursprung für seine Wassertherapie, die im später auch den Titel „Wasserdoktor“ einbrachte.
Mit seinem Wissen bot er bald Kuren für andere Kranke an. 1886 veröffentlichte er sein erstes Buch: „Meine Wasserkur“. 1889 folgte das zweite Buch, in dem er neben der Wasserkur auch die anderen vier Säulen dessen beschrieb, was heute als Kneipp-Therapie bekannt ist.
Heute sind die Wassertretbecken gleichzeitig eine Art Denkmal und eine Abkühlung für die Füße müder Wanderer. Deutschlandweit sind 1.200 Vereine im Kneippbund organisiert, der sich selbst als die größte private deutsche Gesundheitsorganisation bezeichnet. In der Schulmedizin ist die Kneipp-Therapie laut ZDF bestens untersucht und genießt auch dort Anerkennung.
Bei der Kneipp-Therapie handelt es sich um einen ganzheitlichen Ansatz, der den Menschen als Einheit aus Körper, Geist und Seele wahrnimmt und daher sich eher damit beschäftigt, was den Lebensstil eines gesunden Menschen ausmacht und nicht, wie eine Krankheit kuriert werden kann.
Hydrotherapie nach Kneipp – die bekannteste Säule
Zu den Wasseranwendungen nach Kneipp gehören laut Onmeda Rückengüsse, Schenkelgüsse, Kniegüsse und Obergüsse. Dazu kommen Wickel und das bekannte Wassertreten. Die Waschungen und Güsse können je nach Patient heiß, kalt oder wechselwarm durchgeführt werden.
Die Wassertherapie wird auch gerne vorsorgend eingesetzt. Der auch in der Kneipp-Therapie oft typische Warm-Kalt-Wechsel soll den Kreislauf anregen und die Abwehrkräfte stärken (wie auch bei Wechselduschen). Güsse sollen laut Netdoktor die Durchblutung fördern und die Muskulatur entspannen. Entscheidend ist die Stelle, an dem der Guss angewendet wird:
- Kalte Gesichtsgüsse sollen bei Spannungskopfschmerzen und Migräne helfen.
- Warme Wirbelsäulengüsse werden zur Entspannung der Rückenmuskulatur angewendet.
- Kalte Brustgüsse stärken die Abwehrkräfte, warme Brustgüsse sind bei Atemwegserkrankungen empfohlen.
- Kalte Knie- und Schenkelgüsse regulieren den Blutdruck, erweitern die Arterien, fördern die Durchblutung, wirken beruhigend und schlaffördernd.
Für ein Kneipp-Becken gilt folgende Regel: Du sollst nicht frieren und die Anwendung sollte keinen Schmerz verursachen. Gehe langsam durch das Becken und hebe mit jedem Schritt dein Bein vollständig aus dem Wasser.
Andere Wasseranwendungen solltest du mit einem Arzt oder Experten absprechen.
Die Pflanzenheilkunde nach Kneipp
Neben seinen Wasseranwendungen hat Kneipp laut ZDF über 40 Pflanzen auf ihre Heilwirkungen untersucht. Die verabreichte er als Salben, Badezusätze, Tinkturen, Tees oder Säfte. Mit seiner Forschung reihte sich Sebastian Kneipp in eine Tradition ein, die schon 350 v. Chr. in Griechenland schriftlich dokumentiert wurde, so der Berufsverband Deutsche Naturheilkunde.
Kneipp betont vor allem den vorbeugenden Aspekt, den Heilpflanzen haben können – etwa Lindenblüten– oder Holunderblütentee. Mit dem Klostergarten vor der Haustür hatte Kneipp die besten Voraussetzungen, sich mit Heilpflanzen auseinanderzusetzen.
Kneipp-Medizin: Die Bewegungstherapie
Wie wichtig und förderlich Bewegung für die Gesundheit ist, hatte Kneipp ebenfalls schon erkannt. Deshalb gehört zu seinem ganzheitlichen Konzept auch die Bewegungstherapie. Dazu gehört laut dem Kneippbund sowohl die aktive Bewegungstherapie als auch die passive. Passiv wäre zum Beispiel eine Massage.
Aber Kneipp ging noch weiter, indem er schon damals bemerkte: Hektik und Stress sind schädlich für die Gesundheit, eine maßvolle Bewegung an der frischen Luft sollte es möglichst sein. Gerne empfahl er dafür auch das Barfußgehen.
Bewegung soll laut Kneipp den Körper abhärten und so widerstandsfähiger gegen Krankheiten machen.
Ernährungslehre nach Kneipp
Beim Thema Essen empfiehlt Sebastian Kneipp eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung frei nach dem Motto „Alles in Maßen, nichts in Massen“. Außerdem gehört auf seinen Speiseplan nur wenig Fleisch. Verbote hat Kneipp aber nicht ausgesprochen. Du solltest auf eine ausreichende Zufuhr von Vitaminen und Spurenelemente genauso wie auf genügend Kohlenhydrate und Fette achten.
Generell empfiehlt Kneipp eine einfache, nahrhafte Kost. Am besten ist es also, selber zu kochen und möglichst viele unverarbeitete Lebensmittel zu dir zu nehmen.
Die Ordnungstherapie nach Kneipp: Balance finden
Aber Kneipp hat auch erkannt: Nicht nur der Körper ist entscheidend für die Gesundheit, sondern auch ein ausgeglichener Geist und Seele. Was heutzutage als Ordnungstherapie oder Lebensordnung bekannt ist, beschreibt schlichtweg die Balance im Leben zu halten, also kein „zu viel“ oder „zu wenig“, wie Kneipp es formuliert hat.
Ziel ist es also auch, eine seelische Ausgeglichenheit und Stresstoleranz zu entwickeln. Diese Stressfreiheit ergibt sich dann, wenn das Leben geordnet ist. Wer außerdem mit sich selbst und mit der Natur im Einklang lebt, der erfüllt auch seelisch die besten Voraussetzungen für ein gesundes Leben.
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