Kreuzfahrten sind für die einen endlose Weiten mit blauem Meer unter strahlendem Himmel. Für andere ist der Urlaub auf Kreuzfahrtschiffen umweltschädlicher Tourismus, der mehr Schadstoffe in die Luft pustet als Millionen von Autos. Wir zeigen zehn wichtige Dinge, die du über Kreuzfahrten wissen solltest.
„Einmal im Leben eine Kreuzfahrt!“ Dieser etwas altbacken klingende Wunsch steht bei einigen Menschen auf der To-Do-Liste. Vergleichsweise niedrige Preise und ein großes Marktangebot machen Kreuzfahrten für immer mehr Menschen erschwinglich.
In zwanzig Jahren hat sich die Anzahl deutscher Kreuzfahrtpassagier:innen fast verzehnfacht. Fast vier Millionen Menschen aus Deutschland wollten 2023 über die Weltmeere geschippert werden. Nach einem Einbruch von 2020 bis 2022 unternahmen im vergangenen Jahr weltweit so viele Passagiere wie nie eine Kreuzfahrt: nämlich 31,7 Millionen.
Doch Kreuzfahrten-Fans sollten ein paar Dinge wissen, ehe sie an Bord gehen.
1. Kreuzfahrtschiffe tanken giftiges Schweröl
Kreuzfahrtschiffe werden nach wie vor hauptsächlich mit Schweröl angetrieben, zu diesem Schluss kommt wie bereits in den Vorjahren das aktuelle Kreuzfahrtranking 2024 des NABU. „Schweröl, der dreckigste aller Kraftstoffe, findet weiterhin breite Anwendung, obwohl er nicht nur das Klima, sondern auch die Umwelt und die Luft enorm belastet“, so die Naturschützer:innen auf ihrer Website.
Schweröl entsteht durch die Destillation von Erdöl und ist mit vielen Schadstoffen belastet. Zudem muss es energieintensiv aufbereitet werden, damit es als Kraftstoff verwendet werden kann. Das stark umwelt- und gesundheitsschädliche Schweröl ist an Land verboten, auf See nicht. Immerhin gilt seit 2019 ein geringerer Grenzwert für den Schwefelgehalt im Schifftreibstoff. Doch auch ein niedrigschwefliges Destillat ist laut Malte Siegert vom NABU immer noch 500-mal dreckiger als das Benzin, das ein Großteil der PKWs tanke.
Unfälle mit Schweröl haben gravierende Umweltauswirkungen: Der Ölfilm verteilt sich im Meer, setzt sich auf dem Meeresboden ab oder wird an Küsten gespült. Verölte Tiere ertrinken, verhungern oder vergiften sich mit dem Schweröl. Bei Vögeln reichen Öltropfen aus, um die isolierende Wirkung ihres Gefieders zu zerstören. Die Tiere kühlen aus und sterben.
Schweröl ist auch für den enormen Anteil an Schwefeldioxid in den Abgasen verantwortlich, Schwefeldioxid gilt wiederum als Quelle für sauren Regen.
2. Jede Kreuzfahrt produziert tonnenweise CO2-, Feinstaub- und Stickoxid-Emissionen
Kreuzfahrtschiffe fahren meist mit schlechtem, weil besonders billigem Sprit. Da es sich bei Kreuzfahrtschiffen letztlich um schwimmende Städte handelt, produzieren sie dabei auch reichlich Abgase und CO2-Emissionen. Wie viele genau, ist nicht so leicht herauszufinden.
Doch das Umweltbundesamt (UBA) errechnete 2020, dass bei einer einwöchigen Mittelmeerkreuzfahrt pro Person rund 1,9 Tonnen CO2-Äquivalente anfallen – Flüge zur An- und Abreise nicht mit eingerechnet. Das sind mehr Treibhausgasemissionen, als ein durchschnittlicher Mensch in Deutschland pro Jahr mit Auto, Bus und Bahn (rund 1,5 Tonnen CO2-Äquivalente) verursacht.
In einer früheren Berechnung kam der NABU zum Schluss, dass ein Kreuzfahrtschiff pro Tag so viel CO2 ausstößt wie fast 84.000 Autos, so viel Stickoxide wie etwa 421.00 Autos, so viel Feinstaub wie etwa über eine Million Autos und so viel Schwefeldioxid wie gut 376 Millionen Autos.
Die Deutsche Lungenstiftung warnte daher schon vor Jahren: „Lungenkranke, die sich auf eine Kreuzfahrt begeben, sollten sich vor den Abgasen des Schiffes in Acht nehmen.“ Im Januar 2017 veröffentlichte ein französischer Fernsehsender verdeckte Ermittlungen auf einem Kreuzfahrtschiff: Demnach soll auf einer Kreuzfahrt die Partikelbelastung 200-mal höher sein als in natürlicher Umgebungsluft.
3. Umweltfreundliche Kreuzfahrtschiffe gibt es noch immer nicht
Reedereien versprechen seit Jahren umweltfreundlichere Lösungen und schreiben wie beispielsweise Aida, sie arbeiten an einem „langfristigen Ziel: der klimaneutralen Kreuzfahrt“. Aber tut sich denn etwas bei der Umweltfreundlichkeit der Kreuzfahrten? Ja, aber nur langsam.
Der NABU bewertet in seinem Kreuzfahrt-Ranking jährlich die Umwelt- und Gesundheitsbelastung der bekanntesten Kreuzfahrtschiffe, insbesondere durch deren Abgase. Dabei untersucht die Naturschutzorganisation die Installation von Systemen zur Abgasreinigung, den verwendeten Kraftstoff sowie die Nutzung von alternativen Energiequellen während der Liegezeit im Hafen.
Das Ergebnis des Kreuzfahrtranking 2024: Auch im diesjährigen Ranking gibt es keine Kreuzfahrt, die Umwelt und Klima nicht belastet, auch nicht bei den Spitzenreitern. Denn selbst die bestplatzierten Reedereien, Hurtigruten, Havila und Hurtigruten Expeditions (alle aus Norwegen) sind noch deutlich von einer Kreuzfahrt mit „gutem Gewissen“ entfernt, der Gewinner Hurtigruten erreicht zehn von 15 mögliche Punkten. Neben Effizienz müssten flottenweit klimaneutrale Treibstoffe umgesetzt werden.
Positiv hebt die Umweltschutzorganisation allerdings hervor, dass die bestplatzierten Kreuzfahrtschiffe bereits wichtige Maßnahmen umsetzen, darunter eine energiesparende Bauweise und langsamere Fahrt sowie eine optimierte Technik von Rumpf bis Propeller. All das verringert den Bedarf an fossilen Kraftstoffen.
Auch die schlechter platzierten Reedereien im NABU-Ranking bewegen sich hin zu mehr Klimaschutz – keine Maßnahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen, erlaubt sich heute kein Kreuzfahrtunternehmen mehr. Und dennoch werden viele Bestandsschiffe kaum sauberer, sondern tanken weiter Schweröl. Dies gilt auch für die deutschen Marken wie Aida und Mein Schiff (Tui): Verbesserungen werden fast nur auf neuen Schiffen umgesetzt.
4. Kreuzfahrten verbrauchen die Energie einer Kleinstadt und nutzen nicht immer Landstrom
Kreuzfahrtschiffe verbringen nicht die ganze Zeit auf hoher See, sondern liegen zu 40 Prozent in Häfen. Diese Zeit während einer Kreuzfahrt wird für das Ein- und Auschecken sowie die Landgänge benötigt. Natürlich läuft das Schiff auch dann weiter, schließlich müssen der Gastronomiebetrieb, Klimaanlagen, Licht, Kinos, Theater und alles, wofür sonst noch Energie gebraucht wird, am Laufen gehalten werden.
In dieser Zeit laufen die Kreuzfahrtschiffe oft im Dieselbetrieb weiter und verbrauchen die „Energie einer Kleinstadt“, so Tourismusexperte Frank Herrmann in seinem Buch „FAIRreisen“.
Seit Juni 2016 jedoch können Kreuzfahrtschiffe in Hamburgs Hafen während der Liegezeit Landstrom beziehen und müssen nicht im luftverschmutzenden Dieselbetrieb laufen. Auch in Kiel und Rostock ist die Nutzung von Landstrom möglich. Doch diese umweltfreundlichere Möglichkeit – vorausgesetzt es fließt Strom aus erneuerbaren Energien – können bislang noch nicht alle Schiffe voll nutzen.
Immerhin: Die Schiffe der deutschen Anbieter Hapag-Lloyd Cruises, Mein Schiff und AIDA Cruises seien inzwischen für die Versorgung mit Landstrom während des Hafenbetriebs gerüstet, so das NABU-Kreuzfahrten-Ranking. Auch die norwegischen Reedereien nutzen Landstrom.
5. LNG führt nicht zu klimafreundlichen Kreuzfahrten
Statt Schweröl rückt verflüssigtes Erdgas (LNG) als Energiequelle für Kreuzfahrtschiffe in den Fokus. Immerhin führt LNG zu erheblichen Verbesserungen der Luftqualität, da Luftschadstoffe reduziert werden. Doch bei der Verbrennung entweicht Methan, ein Treibhausgas das laut NABU kurzfristig die 80-fache Treibhausgaswirkung von Kohlenstoffdioxid entfaltet. Für die Naturschützer:innen ist „Methan ein wahrer Klimakiller“ und eine LNG-Kreuzfahrt „mitunter klimaschädlicher als eine Kreuzfahrt mit Diesel„.
Auch alternative Biokraftstoffe sieht der NABU kritisch. Er schreibt: „Palmöl oder andere Anbauprodukte gehören nicht in die Tanks von Schiffen.“ Selbst wenn die Kraftstoffe aus Abfällen gewonnen werden, fehlen sie als Rohstoffe im Stoffkreislauf und müssen dort ersetzt werden. Es drohen neue Umweltgefahren wie Entwaldung.
Doch wenn Schweröl, LNG und Biokraftstoffe der Umwelt schaden, welcher alternative Kraftstoffe bleibt dann noch? Der NABU empfiehlt Kreuzfahrtunternehmen erneuerbare Kraftstoffe nicht-biologischen Ursprungs. Das kann grüner Wasserstoff wie Methanol und Ammoniak sein. Im Kreuzfahrt-Ranking 2024 sticht TUI Cruises mit der Inbetriebnahme des Neubaus „Mein Schiff 7“ hervor: Es kann in Zukunft mit Methanol betrieben werden.
6. Auf See gibt es andere Schadstoff-Regelungen als an Land
Warum dürfen Kreuzfahrtschiffe so umweltschädlich in See stechen? Im Gegensatz zum Straßenverkehr, in dem Rußpartikelfilter verpflichtend sind, gibt es noch keine gesetzlichen Vorschriften für die Filtertechnologie für Kreuzfahrtschiffe.
Somit können Kreuzfahrt- und Frachtschiffe ohne Katalysator und Rußpartikelfilter auf den Meeren dieser Welt schippern, jedes von ihnen mit dem Schadstoffausstoß von Millionen Pkw. Neben Kreuzfahrten tragen vor allem Handelsschiffe zur Luftverschmutzung bei. Sie transportieren 90 Prozent des weltweiten Warenverkehrs.
Zwar hat die Internationale Seeschifffahrtsorganisation die Grenzwerte für Schwefeloxide und Stickoxide verschärft, doch aus Sicht des Umweltbundesamts sollten diese Vorgaben weiter angepasst werden. Zudem sollten weitere Luftschadstoffe wie Feinstaub und Ruß mit in die Gesetzgebung aufgenommen werden. Auch der NABU fordert die Kreuzfahrtreedereien auf, auf den vergleichsweise sauberen Schiffsdiesel für Kreuzfahrten umzusteigen sowie flächendeckend Rußpartikelfilter und Stickoxidkatalysatoren an Bord einzusetzen.
7. Schiffsabgase verursachen 60.000 vorzeitige Todesfälle
Die Folge dieser laschen Abgasregelung: Die durch Kreuzfahrten ausgestoßenen ultrafeinen Partikel belasten die Luft in Hafenstädten enorm, insbesondere an Kreuzfahrt- und Fährterminals.
Der NABU maß 2014 in verschiedenen Hafenstädten wie Hamburg, Warnemünde oder Kiel eine Schadstoffbelastung, die „selbst die Luftverschmutzung an stark befahrenen Straßen und großen Verkehrsachsen um das Fünfzig- bis Achzigfache übersteigt.“ Das stelle eine Gesundheitsgefährdung für viele Menschen dar, denn Feinstaub verursacht und verschlechtert Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen.
Christian Bussau von Greenpeace sagte 2013, dass jedes Jahr hunderte Menschen in europäischen Hafenstädten und Küstenregionen aufgrund von Schiffsemissionen sterben würden. Weltweit gehe man von 60.000 Toten aus.
8. Umweltzonen helfen, den Einsatz von Schweröl einzudämmen
In ausgewiesenen Umweltzonen (Emissionskontrollgebiete) ist der Gebrauch von Schweröl verboten. Dort und in den Häfen wird Schiffsdiesel verwendet, der schwefelärmer ist. In Europa sind solche Gebiete zum Beispiel der Ärmelkanal sowie die Nord- und Ostsee. Auch die nordamerikanische Küste (USA und Kanada) und Hawaii sind Emissionskontrollgebiete.
Was kann noch getan werden, um den Ausstoß der Luftschadstoffe bei Schiffen zu senken? Laut Umweltbundesamt sind dies drei Punkte: Der Ausstieg aus Schweröl, der Umstieg auf saubere Kraftstoffe (z. B. Erdgas) sowie die Nutzung von Kraftstoffen auf Basis erneuerbarer Energien. Der NABU fordert zudem Landstromanschlüsse auf allen Schiffen und strengere Gesetze, damit Naturschutzgebiete und sensible Ökosysteme vor Kreuzfahrtschiffen geschützt werden.
9. Kreuzfahrten: Bei Landgängen profitieren Einheimische nur bedingt
Abgesehen von den massiven Umweltauswirkungen hat der Boom der Kreuzfahrtbranche auch Auswirkungen auf die angefahrenen Länder und Menschen vor Ort. Bei klassischen Urlauben wird vor Ort im Reiseziel gegessen und geschlafen. Bei Kreuzfahrten findet dies an Bord statt – dort bleibt dann auch das Geld, von dem sonst die Wirtschaft des Urlaubslandes profitiert hätte. Zudem werden „mehr als 50 Prozent der touristischen Aktivitäten an Land […] an Bord von den Kreuzfahrtgesellschaften direkt verkauft“, so der Informationsdienst Tourism Watch.
Der überwiegende Teil der Gewinne bleibt somit bei den großen Reedereien und den Reiseveranstaltern. „Gewinne privatisieren, Schäden sozialisieren“, so kommentiert Buchautor Frank Herrmann diese Art der Gewinnverteilung, denn Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschäden trägt die Allgemeinheit.
Einige Küstenstädte verbieten großen Kreuzfahrtschiffen inzwischen das Anlegen. Seit 2021 dürfen die Schiffe nicht mehr durch die Lagune von Venedig fahren. Die Riesenschiffe würden nicht nur dem Ökosystem der Lagune schaden, ihre Wellen können auch die Fundamente der historischen Gebäude angreifen.
10. Unter anderer Flagge fährt es sich billiger
Hinzu kommt, dass durch die sogenannte „Ausflaggung“ in Billigstaaten wie Malta, Bahamas oder Liberia Kreuzfahrtschiff-Konzerne jährlich hunderte Millionen Euro an Steuern sparen. Ausflaggung meint die Registrierung des Schiffs in einem Land, das nicht zugleich der tatsächliche Heimatstaat der Schiffseigentümerin oder des Schiffseigentümers ist. Durch die Fahrt unter der „Billigflagge“ können sich die Konzerne an den niedrigen Arbeits- und Sicherheitsstandards der Billigstaaten orientieren – lange Arbeitszeiten und niedrige Löhne für das Personal sind die Folge.
2013 trat ein Mindestkodex in Kraft, der Arbeitszeiten und Unterbringung des Bordpersonals regelt. Dieser habe dem Personal zwar bessere Rechte gebracht, so Herrmann, erlaubt seien aber immer noch Arbeitszeiten von täglich bis zu 14 Stunden. Der Tourismusexperte fasst zusammen: „Das Geschäftsmodell der Kreuzfahrt-Industrie beruht auf billigem Treibstoff und billigen Arbeitskräften.“
Utopia-Fazit: Nachhaltige Kreuzfahrten sind ferne Zukunftsmusik
Immer mehr Menschen möchten nachhaltiger leben – das hört im Idealfall nicht mit dem Planen möglicher Urlaubsziele auf. Dass Kreuzfahrten nicht gerade umweltfreundlich sind, ist bekannt. Aber das tatsächliche Ausmaß ihres Urlaubs für Mensch und Umwelt dürfte bei weitem nicht allen Kreuzfahrt-Urlauber:innen bewusst sein. Deshalb ist es wichtig, sich vor der Urlaubsplanung zu informieren und sich bestenfalls gegen eine Kreuzfahrt zu entscheiden.
Wer trotzdem nicht darauf verzichten möchte, sollte bei Kreuzfahrten zumindest auf Folgendes achten:
- Schiffe meiden, die noch mit Schweröl laufen. Hurtigruten und Hapag-Lloyd Cruises betreiben bereits Kreuzfahrtschiffe ohne das schädliche Abfallprodukt.
- Das jährliche Kreuzfahrtranking des NABU verfolgen, aktuell ist das Kreuzfahrtranking 2024.
- Du kannst die durch Kreuzfahrten verursachten Treibhausgase kompensieren. Das geht zum Beispiel bei atmosfair. Lies dazu auch auch: CO2-Kompensation in der Kritik: Solltest du deine nächste Reise ausgleichen?
- Nicht auch noch mit dem Flugzeug anreisen: Kreuzfahrten bevorzugen, die mit Bahn oder Bus erreichbar sind.
- Es gibt Anbieter, die Kreuzfahrten auf Schiffen anbieten, die gleichzeitig als Fracht- und Postschiff dienen.
Allerdings raten wir dir dazu, lieber anders Urlaub zu machen:
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