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Stiftung Warentest testet Grillfleisch – und graut es bei Tönnies

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Foto: New Africa / stock.adobe.com

Stiftung Warentest hat Schweinefleisch getestet – und den Test zum Anlass genommen, sich Schlachthöfe genauer anzusehen. Die Verbraucherschutzorganisation hat unter anderem den Tönnies-Betrieb in Rheda-Wiedenbrück besucht. Ihre Berichte sind bedrückend.

Schweinefleisch ist in Deutschland die beliebteste Fleischsorte: Laut Statistischem Bundesamt werden hierzulande täglich fast 151.000 Schweine geschlachtet. Stiftung Warentest hat passend zur Grillsaison untersucht, wie gut die Qualität des Fleisches ist. Interessanter als die Testergebnisse sind allerdings ihre Eindrücke von Schlachthäusern, die die Organisation begutachtet hat.

Stiftung Warentest besuchte auch Tönnies

Stiftung Warentest testet Schweinefleisch. (Foto: utopia.de/aw)

An der Qualität der 15 getesteten Nackensteaks und Koteletts vom Schwein hat Stiftung Warentest wenig auszusetzen. Das Labor konnte keine Rückstände von Antibiotika, Salmonellen oder anderen Krankheitserregern finden.

In zehn Produkten entdeckte Stiftung Warentest allerdings antibiotikaresistente Keime, von denen aber keine akute Gefahr ausgehe. Insgesamt vergibt Stiftung Warentest acht Mal die Note „gut“, fünf Mal „befriedigend“ und zwei Mal „ausreichend“. Die beiden Testsieger sind bio.

Weniger positiv fällt die Bilanz bei den Haltungsbedingungen aus. Stiftung Warentest hatte bereits im Februar sieben Schlachthöfe und zwölf Landwirte besucht und sich angesehen, wie sie mit ihren Tieren umgehen. Alle besuchten Betriebe produzieren oder verarbeiten die Steaks, die die Verbraucherschutzorganisation untersucht hat. Auch im Tönnies-Werk in Rheda-Wiedenbrück war Stiftung Warentest zu Besuch – also jenem Schlachthof, in dem vergangene Woche ein Corona-Massenausbruch festgestellt wurde.

Die meisten Schlachthöfe halten sich nur an die Mindeststandards

Die Mehrheit der besuchten Betriebe halte sich nur an die „mageren“ gesetzlichen Mindeststandards. Ein 110 Kilogramm schweres Schwein habe nur 0,75 Quadratmeter Platz in einem geschlossenen Stall, Schwanzkupieren und betäubungsloses Kastrieren sei noch erlaubt.

Auch Schlachtungen von Schweinen haben die Expert*innen von Stiftung Warentest beobachtet. Sie beschreiben sie folgendermaßen: „Sie wurden mit Kohlendioxid betäubt und einem Stich in die Halsschlagader getötet. Ihre Haut wurde gebrüht und im Flammofen entkeimt. Nun schlitzen Sägen sie auf.“

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Hier wird Fleisch zerkleinert. (Foto: xy / stock.adobe.com)

Stiftung Warentest: „Die Atmosphäre war kaum zu ertragen“

Die Verbraucherschutzorganisation war erstaunt darüber, wie offen Schlachtbetriebe wie Tönnies ihnen ihr „blutiges Tagewerk“ zeigten. Die Erfahrung war unangenehm: „Für uns Besucher sind die gespenstische Atmosphäre und der Geruch im Schlachthaus kaum zu ertragen. Die Masse, die eng getaktet vorbeizieht, wirft quälende Fragen auf: Wie können wir ein Tier, das uns genetisch so ähnelt, so behandeln? […] Wo ist die Würde der Tiere geblieben?“

In Bio-Haltung haben die Schweine zumindest etwas mehr Platz, Auslauf und Beschäftigung im Stall. „Am Lebensende gibt es aber auch für Bio-Schweine kein Pardon. Sie sterben wie alle anderen bei Tönnies & Co.“

Ausbeutung von Angestellten bei Tönnies und Co.

Auch die Bedingungen für die Angestellten der Schlachtbetriebe kritisiert Stiftung Warentest. Firmen wie Tönnies oder Düringer Subunternehmen den Auftrag, eine bestimmte Anzahl an Schweinen zu schlachten. Sie bezahlen das Subunternehmen dabei pro geschlachtetem Tier. Um den Gewinn zu maximieren, hat das Unternehmen vor allem ein Ziel: Die Tiere möglichst schnell schlachten und Kosten für die Schlachtung gering halten. Die Folge sind katastrophale Arbeitsbedingungen für die Angestellten – meist Menschen aus Rumänien, Bulgarien oder Polen.

Utopia meint: Stiftung Warentest ist mit der Qualität der meisten Fleischstücke im Test zufrieden. Die Qualität darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Fleisch unter fragwürdigen Bedingungen produziert wurde – die Zustände in den Schlachtbetrieben sind sowohl für Tiere als auch Menschen miserabel. Eines machen sowohl die Corona-Krise als auch die Berichte von Stiftung Warentest deutlich: In der Fleischindustrie muss sich grundsätzlich etwas ändern.

Mehr Infos und Details zu dem Test gibt es bei Stiftung Warentest.

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