Pflanzliche Fasern in Textilien erfreuen sich immer größerer Beliebtheit – zu Recht! Denn sie vermeiden nicht nur Tierleid, sondern kommen auch ohne Plastik aus. Hier findest du eine Übersicht für Pflanzenfasern.
Schuhe aus Leder, Pullover aus Wolle, Blusen aus Seide, Jogginghosen aus Kunststoff: Oft tragen wir Textilien tierischen Ursprungs oder mit Plastikanteilen auf unserer Haut. Neben Tierleid können solche Kleidungsstücke aber auch Umweltbelastungen und gesundheitliche Risiken für den Menschen verursachen. Inzwischen gibt es eine wachsende Auswahl an Textilfasern, die ohne Tier und Plastik auskommen.
Baumwolle und Leinen mögen die bekanntesten pflanzlichen Fasern sein, doch auch Tencel, Kenaf, Kapok und etliche weitere sind auf dem Vormarsch. Wir stellen dir die Vor- und Nachteile sowie die Verwendungsmöglichkeiten der einzelnen Sorten vor.
Das Problem mit tierischen und synthetischen Fasern
Kleidungsstücke aus Seide, Wolle und Leder gelten als hochwertige und umweltfreundliche Naturprodukte. Doch tatsächlich gehen viel Tierleid und ökologische Probleme mit der Produktion solcher tierischen Fasern einher:
- So steht Seide aufgrund der Tötung von Seidenspinnerraupen und Wolle aufgrund von Mulesing in der Kritik.
- Außerdem ist die Wollproduktion wegen des hohen Wasserverbrauchs und der großflächigen Landnutzung meist ökologisch nicht nachhaltig.
- Bei der Ledergerbung und -verarbeitung kommen gefährliche Chemikalien zum Einsatz, die nicht nur umweltschädlich sind, sondern auch giftig für Menschen. Diese Bearbeitungsschritte erfolgen oft in Billiglohnländern, deren geringe Umweltschutzstandards dazu führen, dass die giftigen Stoffe Arbeiter:innen krank machen können.
Als vegane Alternativen bieten sich synthetische Fasern wie Polyester, Polyacryl, Nylon oder Elastan an. Doch in Sachen Nachhaltigkeit stehen auch sie nicht gut da, denn sie basieren auf der endlichen Ressource Erdöl, für deren Förderung Natur zerstört sowie Tiere und Menschen vertrieben werden. Hinzu kommt, dass Kunstfasern beim Waschen brechen und als Mikroplastik freigesetzt werden. Pro Waschgang kommen schätzungsweise etwa 3.000 bis 700.000 Fasern zusammen. Solches Mikroplastik kann in Wasserorganismen unter anderem innere Schäden verursachen. Weitere Auswirkungen von Mikroplastik, auch auf den Menschen, sind immer noch unzureichend erforscht.
Wir sind jedoch nicht ausschließlich auf tierische oder synthetische Materialien angewiesen – in diesem Artikel erfährst du, welche verschiedenen pflanzlichen Fasern es gibt.
Pflanzliche Fasern – Die bekannteste: Baumwolle
Viele Pflanzen lassen sich zur Fasergewinnung nutzen. Einige der wichtigsten pflanzlichen Fasern mitsamt ihren Vor- und Nachteilen findest du hier aufgelistet.
Baumwolle
- Verwendung und Vorteile: Baumwolle ist eines der am häufigsten verwendeten Materialien in der Bekleidungs- und Textilindustrie. Laut WWF besteht etwa die Hälfte aller Textilien weltweit aus Baumwolle, denn die Faser ist ein pflegeleichter und strapazierfähiger Allrounder. Aus Baumwolle können Jeans, Jacken, Shirts, Hosen, Pullover und Unterwäsche entstehen.
- Nachteile: Konventionell angebaute Baumwolle verbraucht massiv Ressourcen, insbesondere Wasser, und der massenhafte Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden vergiftet Böden und Menschen.
- Deswegen gilt: Wenn möglich, immer auf Bio-Baumwolle zurückgreifen.
Regional und wassersparend: Naturfaser Leinen
Leinen
- Verwendung: Leinen oder Flachs bezeichnet sowohl die Faser der Flachspflanze als auch daraus gefertigte Textilstoffe. Bis ins 19. Jahrhundert war Leinen neben Wolle der wichtigste Rohstoff für Textilien, danach verdrängten Baumwolle und synthetische Fasern die Pflanze. Doch seit ein paar Jahren erlebt Leinen ein Comeback. Aus dieser pflanzlichen Faser entstehen leichte, reißfeste, atmungsaktive und schmutzabweisende Kleidung, Bettwäsche, Schuhe und Taschen. Als Nebenprodukt fallen bei der Herstellung kurze Leinenfasern an, die als Dämmmittel funktionieren.
- Vorteile: Leinen wächst regional und erfordert nur wenig Pestizide, weswegen es sich gut für den biologischen Anbau eignet. Die Pflanze braucht auch deutlich weniger Wasser als Baumwolle.
- Nachteile: Textilien aus Leinen sind bekannt dafür, schnell zu knittern. Zudem sind bei der Pflege einige Dinge zu beachten, da Leinen nicht scheuerfest und empfindlich gegenüber trockener Hitze ist. Tipps zur Pflege: Leinen waschen: Temperatur, Waschanleitung und Tipps.
Vielseitige Textilfaser: Hanf
Hanf
- Verwendung und Vorteile: Hanf ist eine der ältesten Kulturpflanzen, die sich seit einigen Jahren als pflanzliche Textilfaser neuer Beliebtheit erfreut. Das Material reguliert die Körpertemperatur und trocknet schnell. Daraus können leichte Kleider, Jacken, Röcke und Hosen sowie Oberteile gefertigt werden. Auch als Obermaterial für Schuhe und Accessoires sowie zur Papierherstellung kommt die Hanffaser zum Einsatz. Hanf ist zudem relativ anspruchslos im Anbau und erfordert keine Herbizide.
- Nachteile: Nachteilig ist jedoch, dass Hanf derart starke Wurzeln ausbildet, dass auf den Feldern keine Beikräuter wachsen können. Diese sind aber wichtig für die Artenvielfalt.
Langlebige und robuste Pflanzenfaser: Jute
Jute
- Verwendung: Jute ist eine pflanzliche Faser, die aus der Corchorus-Pflanze gewonnen wird. Ab dem 16. Jahrhundert dienten Jutefasern zur Kleidungsherstellung in Indien. In China wurden Seile und Papier aus der Naturfaser hergestellt. Auch heute noch ist Jute eine beliebte und vielseitige pflanzliche Faser: Aus ihr lassen sich Jutebeutel, Säcke, Teppiche, Vorhänge und Geschirrtücher fertigen. Auch für leichte Sommerkleidung ist Jute geeignet, denn die Faser ist atmungsaktiv und absorbierend. Zur Herstellung von Kleidung wird Jute meistens mit anderen Naturfasern wie Baumwolle gemischt.
- Vorteile: Jute ist äußerst widerstandsfähig und robust, sodass die daraus hergestellten Textilien langlebig sind. Außerdem entstehen laut dem BUND bei der Herstellung von Jute vergleichsweise wenig Treibhausgase.
- Nachteile: Jute wird oft mit mineralhaltigen Ölen behandelt. Wurden Lebensmittel in Jutesäcken gelagert, können diese mit Mineralölrückständen belastet sein. Manche Hersteller verwenden für die Behandlung inzwischen pflanzliche Öle.
Bambus: Pflanzlicher Grundstoff für Viskose
Bambus
- Verwendung und Vorteile: Bambus ist eine sehr schnell nachwachsende Pflanze, die oft auch ohne Pestizideinsatz gut gedeiht.
- Nachteile: Die meisten Bambus-Textilien bestehen jedoch aus Viskose. Das ist eine aus Bambuszellulose gewonnene Chemiefaser, deren Herstellung genauso wie konventionelle Viskose viel Energie und giftige Chemie benötigt – denn das eher spröde Naturmaterial eignet sich in seiner unbehandelten Form nur bedingt als Faser. Solche Bambusfaser-Textilien gibt es bei vielen konventionellen Herstellern.
Sisal: Grobe Pflanzenfaser für Seile und Teppiche
Sisal
- Verwendung: Sisal ist eine pflanzliche Faser aus den Blättern der Agave. Sie lässt sich hauptsächlich zu Seilen, Teppichen, rustikalen Möbeln und Wohnaccessoires wie Körben verarbeiten.
- Vorteile: Die Robustheit der Sisalfaser macht daraus hergestellte Produkte besonders haltbar und widerstandsfähig.
- Nachteile: Der Großteil an Sisal stammt aus Brasilien. So müssen die Produkte einen langen Transportweg zurücklegen, was mit hohen CO2-Emissionen einhergeht.
Weniger bekannte Pflanzenfasern
Modal
- Verwendung und Vorteile: Modal ist eine synthetisch hergestellte Kunstfaser auf Basis von Buchenholz, die sich zu weichen und fließenden Textilien wie Unterwäsche, Loungewear, T-Shirts und Bettwäsche verarbeiten lässt. Sie ist zudem atmungsaktiv und elastisch. Modal ist nicht die erste Holzfaser auf dem Markt. Ihr Vorgänger ist Viskose, welche aufgrund des hohen Chemikalieneinsatzes in der Herstellung nicht mehr als ökologisch gilt.
- Nachteile: Modalstoff wird gerne als ökologische Alternative beworben, doch auch für diese Faser braucht es eine ganze Reihe Chemikalien, darunter Schwefel und Natronlauge, um aus Holz einen Stoff herzustellen. Hinzu kommt, dass der Prozess viel Energie und Wasser verbraucht. Jedoch gibt es Bemühungen, den Herstellungsprozess sauberer zu gestalten. Die Chemikalien lassen sich in einem nahezu geschlossenen Kreislauf wiederverwenden, sodass nur wenig giftige Abfälle entstehen. (Siehe: Tencel (Lyocell))
Tencel (Lyocell)
- Verwendung: Tencel ist der Markenname von Lyocell, einer Modalfaser, die die österreichische Firma Lenzing produziert. Textilien aus Tencel sind besonders weich und formstabiler als Viskose. Sowohl Kleidung (darunter funktionelle Sportbekleidung) als auch Handtücher und Bettwäsche sind aus Tencel erhältlich.
- Vorteile: Das Besondere an dieser Modalvariante ist, dass die für ihre Herstellung eingesetzten Stoffe und Chemikalien biologisch abbaubar sind und in einem Kreislaufsystem rückgewonnen werden können. Zudem braucht das Verfahren kaum fossile Brennstoffe. Das Eukalyptus- oder Buchenholz stammt aus nachhaltiger Forstwirtschaft und der Wasserverbrauch ist viel geringer als bei Baumwolle.
- Nachteile: Fertigte das Unternehmen Tencel früher in Österreich und aus regionalen Fasern, hat es die Produktion inzwischen nach Thailand verlagert und auch die Fasern stammen zunehmend aus Asien und Brasilien.
- Übrigens: Die neueste Innovation der Firma ist EcoVero, welche laut dem Unternehmen die umweltfreundlichste Viskosefaser sein soll. Sie wird aus nachhaltigen europäischen Hölzern und vor Ort bei Lenzing produziert.
Ramie (Nessel)
- Verwendung: Ramie ist eine zu den Brennnessel-Gewächsen gehörende Pflanze, die ursprünglich aus Ostasien stammt. Ramie gehört neben Leinen und Baumwolle zu den ältesten Faserpflanzen der Welt. Aus Ramie lässt sich eines der stärksten natürlichen Gewebe herstellen, das trotz seiner Widerstandsfähigkeit sehr leicht ist. Es kommt in der Seilerei und Papierindustrie zum Einsatz. Auch die Textilbranche nutzt Ramie und stellt daraus hochwertige Hemden und Blusen her, die mit seidiger Optik auffallen und auch bei hohen Temperaturen angenehm zu tragen sind.
- Vorteile: Die anspruchslose Pflanze kann meist ganz ohne Pestizideinsatz und übermäßige Wassergabe gedeihen. Zudem sind die Ramiefasern von Natur aus hell, sodass es nicht nötig ist, sie mithilfe umweltschädlicher Stoffe zu bleichen.
- Nachteile: Ramie bringt kaum Elastizität mit und ist nicht so langlebig wie Baumwolle. Daher muss es oft mit anderen Garnen zusammen verarbeitet werden – ein weiterer Produktionsschritt im ohnehin sehr aufwendigen Gewinnungsprozess der Faser.
Kapok
- Verwendung: Als Kapok werden die pflanzlichen Fasern des Kapokbaumes bezeichnet. Schon seit über hundert Jahren wird Kapok als Füll- und Dämmmaterial verwendet. Inzwischen findet die schwimmfähige, thermoregulierende und atmungsaktive Pflanzenfaser auch in Matratzen, Polstermöbeln, Bettdecken und -kissen Verwendung.
- Vorteile: Kapok gilt als ökologische und nachhaltige Pflanzenfaser. Der Kapokbaum wächst wild und die Fruchtkapseln, in denen sich die Fasern befinden, werden per Hand geerntet. Der Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln ist in der Regel unnötig. Kapokbäume liefern hohe Erträge, sodass sie für die Bäuer:innen einen guten Lebensunterhalt sicherstellen.
- Nachteile: Aufgrund ihrer Wachsschicht ist die Faser allerdings leicht entflammbar, zudem stauben Kapokdaunen mehr als herkömmliche Daunen, Wolle und Baumwolle.
Kenaf
- Verwendung: Kenaf ist eine aus Nordafrika stammende, schnell wachsende Pflanze. Ihre Fasern ähneln denen der Jutepflanze, doch sie sind weicher und dadurch besser zu verspinnen. Traditionell entstehen aus Kenaffasern Seile oder Sacktuch. Inzwischen entsteht aus Kenaf auch Papier und es kommt in der Automobilindustrie zum Einsatz. Dort dient es zur Verstärkung von Kunststoffen. Zu einem Vliesstoff verarbeitet, sind Kenaffasern zur Hausdämmung einsetzbar.
- Vorteile: Kenaf ist ökologisch wertvoll, weil die Pflanze nur wenig Dünger, Pflanzenschutzmittel und Wasser benötigt, rasant wächst und einen hohen Ertrag bringt. Wenn sie zu Papier verarbeitet wird, erfordert der Herstellungsprozess weniger Chemie als bei herkömmlichem Papier.
- Nachteile: Jedoch findet der Anbau von Kenaf oft in Monokulturen statt, die unter anderem einen Verlust an Biodiversität und eine schlechtere Bodenqualität zur Folge haben.
Dies könnten die Fasern der Zukunft sein
Die Vielfalt an pflanzlichen Fasern wächst immer weiter. Teils handelt es sich dabei um Materialinnovationen, teils um Fasern, die nach langer Zeit wiederentdeckt wurden.
So kommen inzwischen Textilien auf den Markt, die beispielsweise aus Soja, Braunalgen, Bananenschalen oder Zunderschwamm bestehen. Letzterer ist ein Baumpilz, der seit jeher zum Entfachen von Feuer genutzt wurde. Er lässt sich aber auch zu einem rustikalen, veganen Leder verarbeiten.
Mehr über solche neuartigen Pflanzenfasern kannst du hier nachlesen: Algen, Milch und Plastikschrott: die Kleidung der Zukunft.
Pflanzliche Fasern: Automatisch nachhaltig?
Pflanzliche Fasern vermeiden Tierleid und Plastik – zwei wesentliche Punkte, die sie oft zu einer ethischeren und ökologischeren Wahl als tierische und synthetische Fasern machen. Doch trotzdem verbrauchen auch pflanzliche Fasern Ressourcen und können sich teils negativ auf die Umwelt und Menschen auswirken.
Von Faser zu Faser kann sich das Ausmaß der ökologischen, sozialen und gesundheitlichen Auswirkungen unterscheiden. Modal erfordert beispielsweise ein aufwendiges Herstellungsverfahren, damit aus dem Rohstoff Holz ein Stoff wird. Unter Umständen geht dieses mit dem Einsatz von giftigen Chemikalien und viel Wasser sowie hohem Energieverbrauch einher. Vor allem bei Modal-Textilien ist es daher ratsam, ganz genau zu schauen, woher das verwendete Garn stammt und wer es produziert hat. Tencel und EcoVero sind unter den Modal-Fasern die empfehlenswertesten. Bei anderen pflanzlichen Fasern liegt das Problem eher an der monokulturellen Anbauweise, die die Biodiversität gefährdet, oder an den langen Transportwegen, die daraus hergestellte Garne oder Textilien zurücklegen müssen.
Grundsätzlich gilt auch bei Pflanzenfasern: Nachhaltiger sind sie, wenn sie aus biologischem Anbau stammen – und sozialverträglicher, wenn sie unter fairen Bedingungen produziert wurden. Achte daher möglichst auf entsprechende Zertifizierungen, wie durch folgende Siegel:
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Überarbeitet von Paula Boslau
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