Schon lange wird gegen Entzündungen Zugsalbe eingesetzt, aus heutiger Sicht ist sie aber nicht ganz unbedenklich. Das liegt auch an ihren Inhaltsstoffen.
Eine Zugsalbe hatten vielleicht schon deine Urgroßeltern im Badezimmerschrank.
Die Salbe kommt bei kleinen Entzündungen zum Einsatz, zum Beispiel bei Pickeln oder wenn ein Splitter in der Haut eitert.
Doch was lange als gut galt, muss nicht unbedingt auch den Ansprüchen der heutigen Zeit entsprechen. Die Zugsalbe basiert auf Schieferöl, welches eine ähnliche fossile Entstehungsgeschichte hat wie Erdöl:
- Die Herstellung der Zugsalbe verbraucht die fossilen Rohstoffe der Erde.
- Ihre Herstellung verbraucht Wärmeenergie.
Nachhaltiger lassen sich die kleinen Entzündungen meistens mit pflanzlichen Mitteln behandeln – aus nachwachsenden Rohstoffen.
So wirkt eine Zugsalbe bei Entzündungen
Seit über 100 Jahren verwendet man Zugsalbe, um eitrige Entzündungen aus der Haut zu ziehen. Der Erfolg der Behandlung wird durch nur wenige unabhängige Studien gestützt. Auch die Pharmazeutische Zeitung bezieht sich auf einen Hersteller der Salbe, der dieser folgende Wirkungen zuschreibt:
- Um die entzündete Stelle herum soll die Zugsalbe für eine stärkere Durchblutung sorgen. Das könne die körpereigene Abwehr gegen die eingedrungenen Krankheitserreger stärken. Dadurch bildet sich zunächst einmal mehr Eiter.
- Da die Zugsalbe die Haut und den Eiterherd aufweiche, könne man den Eiterpfropfen leichter entfernen.
- Dabei gehe die Zugsalbe gegen Bakterien vor und hemme deren weitere Ausbreitung im Gewebe.
- Sie verlangsamt angeblich die Talgproduktion der Hautdrüse.
- Die Wirkstoffe in der Salbe sollen die Schmerzen etwas lindern und den Juckreiz beruhigen, der häufig bei entzündeter Haut auftritt.
Zugsalbe enthält in den meisten Fällen nur einen Wirkstoff mit der chemischen Bezeichnung Ammoniumbituminosulfonat und erhält dadurch ihre markante schwarze Farbe. Auf den Packungen liest du oftmals stattdessen den Markennamen des jeweiligen Pharmaherstellers, wie beispielsweise Ichthammol, Ichtholan oder Ichthyol.
Zugsalbe: Hausmittel gegen Pickel und Hautirritationen
Die Zugsalbe erhältst du in unterschiedlichen Konzentrationen. Schwach dosierte Salben kannst du in der Regel ohne Rezept in der Apotheke erwerben. Lass dich dort beraten, welche Sorte für dein Problem geeignet ist.
Kleine Entzündungen direkt unter der Haut kannst du mit Salben, die bis zu 20 Prozent des Wirkstoffes enthalten behandeln. Dazu zählen beispielsweise:
- unterirdische Pickel, bei denen sich noch kein Eiterkopf zeigt,
- kleine Rasierpickel,
- eingewachsene Haare, die sich entzündet haben,
- Akne und unreine Haut (Achtung: Zugsalbe ist nicht dazu gedacht, dass du Haut großflächig damit eincremst. Du solltest sie nur vereinzelnd bei sehr hartnäckigen Pickeln verwenden.)
- sowie kleine Verletzungen wie Splitter.
Zugsalbe für die ärztliche Behandlung
Entzündungen, die über die oben genannten Hautirritationen hinaus gehen oder unter der Haut liegen, solltest du nicht selbst behandeln. Lass dich auf jeden Fall medizinisch behandeln. Ärzt:innen können dir entsprechend auch höher dosierte Zugsalben verschreiben.
- Furunkel – Netdoktor informiert, dass Ärzt:innen einen entzündeten Haarbalg (Furunkel) unter anderem auch mit Zugsalbe behandeln.
- Gelenkentzündungen – Die Pharmazeutische Zeitung berichtet, dass Zugsalbe mitunter auch bei Faser- und Gelenkentzündungen zu Einsatz kommt. Der Salbenverband geht gegen die Schwellungen vor.
- Nagelbettentzündung – Netdoktor nennt Zugsalbe als ein Mittel, mit dem du ein entzündetes Nagelbett behandeln kannst. Lass dich jedoch zusätzlich medizinisch beraten und sprich deine Behandlung mit deinem Arzt oder Ärztin ab.
Wie du Zugsalbe anwendest
So behandelst du oberflächlich entzündete Hautstellen mit Zugsalbe:
- Tupfe die Zugsalbe immer nur direkt auf die betroffene Hautstelle und lasse sie den Tag über einwirken.
- Schütze die Stelle mit einem Pflaster oder Verband, sodass keine Salbe an deine Kleidung kommt. Die schwarze Zugsalbe hinterlässt hartnäckige Flecken.
- Wasche die trockenen Salbenreste vorsichtig mit lauwarmen Wasser ab, bevor du am nächsten Tag erneut Zugsalbe aufträgst.
- Nach spätesten drei bis vier Tagen sollte der Pickel „reif“ sein. Du erkennst es, dass der gelbliche Eiterkopf größer und immer heller wird. Dann ist er nur noch von einer dünnen Hautschicht bedeckt und du kannst ihn vorsichtig entfernen.
- Desinfiziere die Haut und decke einen Finger mit einem wiederverwendbaren Kosmetiktuch ab. Dann schiebe den Eiterpfropfen aus der Haut. Du solltest dabei vorsichtig vorgehen, den Pickel nicht quetschen und keine Fingernägel verwenden.
Tipp: Die Zugsalbe ist sehr zäh und lässt sich nur schwer verteilen. Sie zieht nicht wie eine andere Salben in die Haut ein, sondern trocknet auf der Haut an. Begleitend zur Zugsalbe kann dir auch ein Dampfbad helfen, damit du den Pickel schneller loswirst.
Vorsicht: Länger als vier Tage solltest du die Zugsalbe nicht ohne ärztlichen Rat anwenden.
Zugsalbe: Das solltest du beachten
Auf diese Wunden gehört keine Zugsalbe:
- Tiefe und großflächige Wunden – Laut dem schweizerischen Patient:inneninformationsdienst RefData solltest du tiefe oder großflächige Wunden nicht mit Zugsalbe selbst behandeln. Die Behandlung solcher Wunden gehört in ärztliche Hände, auch wenn die Wunde stark verschmutzt ist. Es besteht dabei die Gefahr einer Blutvergiftung.
- Krampfadern – Bei Hautpartien mit Krampfadern solltest du von der Anwendung mit Zugsalbe absehen.
- Schleimhäute und Augen – Den Kontakt mit Schleimhäuten oder den Augen meiden.
Hinweise zur Anwendung:
Die Zugsalbe solltest du ebenfalls nicht zusammen mit anderen äußerlich aufzutragenden Arzneimitteln verwenden. Beachte immer die Gebrauchsanweisung auf dem Beipackzettel, denn Zugsalbe ist keine Pflegecreme, sondern auch in schwachen Dosierungen ein medizinisches Produkt, das im Arzneimittelverzeichnis Gelbe Liste geführt ist.
Allergie: DocCheck weist darauf hin, dass einige Menschen allergisch reagieren könnten. Juckt deine Haut unter der Salbe oder bilden sich kleine wässrige Bläschen auf der Haut, solltest du die Behandlung sofort abbrechen.
Schwangerschaft: RefData informiert, dass die Studienlage zur Anwendung bei Schwangerschaft oder während der Stillzeit nicht aussagekräftig ist. Lasse dich auf jeden Fall ärztlich beraten, bevor du selbst zur Zugsalbe greifst.
Wie nachhaltig ist Zugsalbe?
Zugsalbe basiert auf fossilen Rohstoffen, die nicht mehr nachwachsen.
- Schieferöl ist zwar ein natürlicher, aber ein fossiler Rohstoff. Der Ölschiefer entstand vor Jahrmillionen in den Urmeeren aus Ablagerungen von Einzellern.
- Damit sind, wie bei fossilen Brennstoffen, die Reserven für Schieferöl begrenzt.
So ist beispielsweise der Ölschieferbergbau in Österreich (Region Seefeld) seit den 1980-er Jahren weitestgehend stillgelegt. Ein etablierter Hersteller von Zugsalbe gibt an, Vorkommen in Frankreich zu nutzen.
Um das Schieferöl aus dem Stein zu lösen, bedarf es laut eines Herstellerunternehmens extrem hoher Temperaturen. Die Herstellung von Schieferöl ist damit energieaufwendig.
Ist die Behandlung mit Zugsalbe noch zeitgemäß?
Ob die Zugsalbe und ihr Wirkstoff Ammoniumbituminosulfonat auch heute noch zeitgemäß ist, darüber sind Expertin:innen uneinig.
Die wenigen verfügbaren Studien helfen zudem nicht, die Wirkung oder mögliche Nebenwirkungen der fossilen Heilsalbe ausreichend zu klären. Einige der Studien verweisen dann auch auf die Beobachtungen aus der langjährigen Anwendungspraxis und schließen daraus, dass die Rezeptur der Zugsalbe gut verträglich ist.
Dagegen führt das Wundzentrum Hamburg den Wirkstoff, schwarzes Ichthyol auf ihrer Verbotsliste zur Behandlung von chronischen Wunden. Die Mediziner:innen sehen die mineralölhaltige Rezepturen als ungeeignet an, um damit dauerhaft Wunden zu behandeln.
Auch die weiteren Inhaltsstoffe sind heutzutage mitunter bedenklich. Laut der Beipackzettel-Auskunft der Apotheken Umschau sind dies zum Beispiel:
- Vaseline und Wollwachs – als Salbenkörper
- Butylhydroxytoluol E321 – zur Konservierung
- gereinigtes Wasser
Auch Vaseline und E321 sind heute nicht mehr Inhaltsstoffe erster Wahl: Butylhydroxytoluol (E321) ist nicht wasserlöslich. Laut einer Studie des Öko-Instituts ist nicht auszuschließen, dass Rückstände über das Abwasser den Weg in Flüsse und Meere nehmen. Vaseline ist ein Fett, das ebenfalls auf Mineralöl basiert.
Auf jeden Fall nachhaltiger sind pflanzliche Tinkturen oder Salben, mit denen du ebenso gut die kleinen Entzündungen behandeln kannst.
- Netdoktor nennt beispielsweise Kamille, Arnika oder Teebaumöl sowie Zwiebelextrakte, um eine Nagelbettentzündung mit Hausmitteln zu behandeln. Sie besitzen eine entzündungshemmende Wirkung.
- Pickeln kannst du mit einer heilenden Packung aus Heilerde behandeln.
- Bei Funkeln oder auch Rasierpickeln hilft ebenfalls eine Ringelblumentinktur.
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