Vielleicht werden wir uns irgendwann keinen Honig mehr aufs FrĂŒhstĂŒcksbrötchen schmieren können. Doch das weltweite Bienensterben könnte weitaus ernstere Folgen haben als das. Zeit fĂŒr die Frage: Was hat das eigentlich mit uns zu tun?
Seit ĂŒber einem Jahrzehnt findet fast auf der ganzen Welt ein mysteriöses Bienensterben statt. Komplette Bienenvölker sterben einfach, die BestĂ€nde gehen zurĂŒck. Dieses Bienensterben scheint sowohl von Imkern gehaltene Tiere als auch Wildbienen zu betreffen, wobei in unseren Breiten die Zahl der Honigbienenpopulationen seit 2008 wieder steigt (auch weil die Zahl der Imker zunimmt). Die Zahl der Wildbienen hingegen nimmt ab.
So manchem erscheinen Bienen nur als niedliche Objekte naiver NaturschĂŒtzer. Wer das denkt, sollte sich klarmachen: Ein Drittel unserer Lebensmittel â GemĂŒse, FrĂŒchte, Ăle â hĂ€ngt direkt von der BestĂ€ubung durch Insekten ab. Etwa 70 von 100 Pflanzen, die wir weltweit fĂŒr die ErnĂ€hrung produzieren, werden von Bienen bestĂ€ubt. Oder anders: Ohne Bienen geht nichts. Lies auch:
Bienensterben ist regional unterschiedlich
Die Verluste, die den Begriff Bienensterben prĂ€gen, fallen von Region zu Region und Land zu Land unterschiedlich stark aus â insgesamt zeichnet sich aber ab, dass vor allem in Westeuropa und Nordamerika die Bienenpopulationen schrumpfen.
In den USA lag die jÀhrliche Verlustrate von Honigbienen zwischen 2006 und 2017 bei durchschnittlich 30 Prozent, in Europa war sie kaum niedriger. 2015 wurde das Bienensterben erstmals durch die Weltnaturschutzunion untersucht: Neben den 9 Prozent der Bienenarten in Europa, die bereits vom Aussterben bedroht sind, gelten weitere 5 Prozent als potenziell gefÀhrdet (EU).
Wie viele Wildbienen darĂŒber hinaus sterben, ist kaum messbar. Von den ĂŒber 550 in Deutschland beheimateten Wildbienenarten sind laut Roter Liste mittlerweile 31 vom Aussterben bedroht, 197 gefĂ€hrdet, und 42 Arten stehen auf der Vorwarnliste, beklagt der BUND.
Es sind auch nicht die Bienen allein, die sterben, lĂ€ngst hat sich ein Insektensterben entwickelt, das genauso problematisch ist. Das Bundesamt fĂŒr Naturschutz (BfN) stellte im Agrar-Report 2017 einen dramatischen RĂŒckgang der Insekten in der Kulturlandschaft fest: “Vor diesem Hintergrund sind Situation und Entwicklung der BestĂ€uber, vor allem der Insekten und hierbei insbesondere der Wildbienen als wichtige BestĂ€ubergruppe, ausgesprochen beunruhigend.”
GrĂŒnde fĂŒr das Bienensterben: Parasiten und Pestizide
Die GrĂŒnde, warum die Bienen sterben, sind noch nicht vollstĂ€ndig geklĂ€rt.
- Als gesichert gilt, dass Parasiten wie die Varroamilbe eine bedeutende Rolle spielen.
- Ebenso sicher ist aber auch, dass bestimmte Pestizide fĂŒr Bienen gefĂ€hrlich sind und daher teilweise auch schon verboten wurden.
- Landwirtschaftliche Monokulturen verĂ€ndern natĂŒrliche Ăkosysteme und schrĂ€nken den Lebensraum und die Nahrungsvielfalt von Bienen stark ein â und auch den Zeitraum, der fĂŒr die Nahrungssuche zur VerfĂŒgung steht. Das betrifft sowohl Honigbienen- als auch Wildbienenpopulationen.
- Vor allem Wildbienen leiden unter dem Verlust von Nistmöglichkeiten, weil Neubaugebiete und ParkplÀtze jenen Teil der Landschaft versiegeln, der noch nicht von der Agrarwirtschaft genutzt wird.
Greenpeace kam im 2013 veröffentlichten Bienensterben-Report âBye Bye Biene?â zu dem Schluss: Aufgrund destruktiver Praktiken, die Nistmöglichkeiten fĂŒr Bienen einschrĂ€nken, und des Spritzens von Herbiziden und Pestiziden stellt die industrielle Landwirtschaft weltweit eine der gröĂten Bedrohungen fĂŒr BestĂ€ubergemeinschaften dar.
Im Dezember 2015 verbot die EU-Kommission immerhin drei Insektizide aus der Gruppe der sogenannten Neonikotinoide teilweise â allerdings nur fĂŒr Mais, Sonnenblumen, Raps und Baumwolle. Das Verbot wurde 2018 verlĂ€ngert, und ein im Februar 2018 veröffentlichtes Gutachten der EFSA zu den drei Neonikotinoiden bestĂ€tigt inzwischen die Gefahr fĂŒr Wild- und Honigbienen.
Ebenfalls 2018 riefen ĂŒber 230 Wissenschaftler von Science dazu auf, diese Insektizide abzuschaffen. Doch es gibt lĂ€ngst Hinweise darauf, dass auch andere Pestizide zum Bienensterben beitragen.
Im Endeffekt ist es wahrscheinlich das Zusammenspiel der verschiedenen Faktoren, das den Bienen zusetzt: Varroamilbe, Pestizide, Monokulturen plus Verlust von LebensrĂ€umen. Je mehr dieser Faktoren zusammenkommen, desto gröĂer wird das Risiko, dass ein Bienenvolk stirbt.
Warum ist das Bienensterben so schlimm?
Auf Honig verzichten zu mĂŒssen, wĂ€re fĂŒr viele von uns zwar traurig, doch bei weitem nicht das gröĂte Problem, das wir bei einem kompletten Bienensterben hĂ€tten. Etwa drei Viertel unserer Kulturpflanzen werden von Bienen und anderen Insekten bestĂ€ubt und wĂŒrden ohne diese BestĂ€ubung weniger BlĂŒten und FrĂŒchte hervorbringen.
Rund ein Drittel unserer Nahrungspflanzen wĂŒrde ohne BestĂ€ubung deutlich weniger oder gar keine Nahrungsmittel mehr produzieren. “Rund 85 Prozent der ErtrĂ€ge im Pflanzen- und Obstbau in Deutschland hĂ€ngen von der BestĂ€ubung der Honigbienen ab”, bestĂ€tigt das Umweltbundesamt. Mit anderen Worten: Unsere ErnĂ€hrung hĂ€ngt zu einem guten Teil von den Bienen ab.
Mehr dazu in der Bildergalerie:
Im Juli 2015 veröffentlichte eine Forschergruppe aus Boston eine Studie zu den möglichen Folgen eines kompletten Aussterbens der Bienen: Zum einen schĂ€tzen die Wissenschaftler, dass die weltweiten ErnteertrĂ€ge um rund 23 Prozent zurĂŒckgehen wĂŒrden â die GemĂŒseernte um rund 16 Prozent, die von NĂŒssen und Getreide um rund 22 Prozent. Zum anderen berechneten sie, dass die daraus resultierende MangelernĂ€hrung weltweit zu etwa 1,4 Millionen zusĂ€tzlichen TodesfĂ€llen pro Jahr fĂŒhren könnte.
Bienensterben â was kann ich dafĂŒr?
Die Bienen sterben aller Wahrscheinlichkeit nach an einer Kombination aus Parasiten, giftigen Pestiziden und dem Verlust ihrer LebensrĂ€ume durch Monokulturen. Ihr Aussterben wĂŒrde die Menschheit schwer treffen. Doch was hat das Sterben der Bienen mit uns als Konsument:innen und Verbraucher:innen zu tun? Mehr, als wir denken.
Konventionelle Ware ist gespritzt
Lebensmittel, die aus herkömmlichem, d.h. nicht aus Bio-Anbau stammen, werden auf den Feldern meistens mit Pestiziden behandelt. Einige der Pflanzenschutzmittel töten aber nicht nur SchĂ€dlinge, sondern sind auch Ă€uĂerst gefĂ€hrlich fĂŒr Bienen.
Darum ist es â fĂŒr die Bienen, aber auch fĂŒr unsere Gesundheit â am sichersten, Bio-Produkte zu kaufen: Die ökologische Landwirtschaft kommt nĂ€mlich ohne chemisch-synthetische Pestizide aus.
Ăbrigens: Auch groĂe Monokulturen, unter denen die Bienenpopulationen leiden, weil sie ihr Nahrungsangebot und ihren Lebensraum einschrĂ€nken, kommen im konventionellen Landbau tendenziell hĂ€ufiger vor als in Bio-Betrieben. Auf Bio-Höfen gibt es nicht nur einen hĂ€ufigeren Fruchtwechsel als in konventionellen Betrieben, sondern meist auch mehr naturbelassene Ăkosysteme, etwa Hecken, Feuchtbiotope oder Streuobstwiesen, die Insekten Lebensraum bieten und so gegen das Bienensterben wirken.
Spritzmittel schaden auch im Garten und Balkonkasten
Noch immer bieten viele BaumĂ€rkte und Gartencenter regalweise hochgiftige Pflanzenschutzmittel fĂŒr HobbygĂ€rtner an. Auch wenn die bunten Flaschen harmlos wirken und blĂŒhende Blumenrabatten versprechen: FĂŒr Bienen kann der Pflanzenschutz tödlich enden. Und auch fĂŒr die menschliche Gesundheit sind Pestizide bedenklich, mal ganz abgesehen davon, dass man mit dem Kauf ausgerechnet Konzerne wie Bayer, BASF oder Monsanto unterstĂŒtzt.
Tipp: Es gibt bienenfreundlichere Methoden, seine Pflanzen vor (vermeintlichen) SchĂ€dlingen zu schĂŒtzen: Unkraut jĂ€ten, SchĂ€dlinge absammeln, NĂŒtzlinge pflanzen, natĂŒrliche Pflanzenschutzmittel verwenden.
Mehr dazu in der Bildergalerie:
Ein schöner Rasen bietet keinen Lebensraum
Der Trend zum glatten, millimeterkurzen Rasen im Garten: FĂŒr uns ist er hĂŒbsch, fĂŒr Bienen und andere Insekten unter UmstĂ€nden tödlich. Denn reine RasenflĂ€chen bieten ihnen keinen Lebensraum und keine Nahrung. Wer stolz auf seinen akkuraten Rasen ist, sollte sich darĂŒber im Klaren sein, dass er dazu beitrĂ€gt, die Bienen weiter zu verdrĂ€ngen.
Tipp: Viel âgesĂŒnderâ fĂŒr Bienen sind GĂ€rten, in denen heimische (!) Wildblumen wachsen, StrĂ€ucher und Hecken stehen oder zumindest einzelne wilde Ecken sich selbst ĂŒberlassen bleiben. Besonders bienenfreundlich wĂ€re es, ein BlĂŒhangebot vom FrĂŒhjahr bis spĂ€t in den Herbst zu schaffen.
Hilfreiche Tipps, welche Pflanzen besonders gut fĂŒr Bienen und andere Insekten geeignet sind. Mehr dazu in der Bildergalerie:
Wer Platz hat fĂŒr ein Insektenhotel, bietet Wildbienen damit ebenfalls einen artgerechten Unterschlupf. Insektenhotels kannst du hier kaufen:
- Der Knastladen fĂŒhrt verschiedene Insektenhotels (ab ca. 8 Euro), die von Gefangenen hergestellt werden.
- Im Avocadostore gibt es Insektenhotels** ab 20 Euro, bei WaschbĂ€r ein Hotel fĂŒr Wildbienen** (40 Euro), viele gĂŒnstige Modelle gibt es auch bei Ebay**.
- Memolife fĂŒhrt ein Insektenhotel aus heimischem LĂ€rchenholz** (70 Euro), das in WerkstĂ€tten fĂŒr Menschen mit Behinderung gefertigt wird.
Man kann ein Insektenhotel aber auch selbst bauen â lies dazu diesen Ratgeber:
Wer speziell fĂŒr Wildbienen Nisthilfen aufstellen möchte, sollte ein paar Dinge beachten â der NABU gibt dazu hilfreiche Tipps.
Baumarkt-Blumen können giftig sein
Auch, wer nur einen Balkon oder FensterbĂ€nke mit Blumen bestĂŒckt, kann unwissentlich zum Bienensterben beitragen: Greenpeace fand im FrĂŒhjahr 2014 in Billig-Zierpflanzen jede Menge bedenkliche Pestizide. Etwa 80 Prozent der untersuchten Blumen waren mit diversen Pflanzenschutzmitteln belastet, die Bienen gefĂ€hrlich werden können (PDF).
Dazu kommt: Exotische Blumen sind zwar hĂŒbsch, bringen aber fĂŒr den Bienenschutz sehr wenig, denn heimische Bienen brauchen heimische Pflanzen als Nahrungsquelle.
Tipp: In lokalen GĂ€rtnereien, auf WochenmĂ€rkten oder online bekommt man bienenfreundliche heimische Pflanzen und Saatgut fĂŒr eine Bienenweide â im Zweifelsfall einfach den HĂ€ndler fragen, wie die Pflanzen gezĂŒchtet wurden. Mehr dazu in diesem Artikel:
Billig-Honig aus SĂŒdamerika schwĂ€cht die heimischen Imker
70 bis 80 Prozent der Honigsorten, die hier in den Supermarktregalen stehen, werden laut Deutschem Imkerbund importiert. Der GroĂteil kommt aus Lateinamerika oder sogar China. Dort kann der Honig gĂŒnstig produziert und dadurch bei uns billig verkauft werden. Die Produktionsbedingungen entsprechen dabei nicht immer den (hohen) europĂ€ischen Standards, und auch die Umwelt leidet unter den langen Transportwegen.
Lies dazu auch: Stiftung Warentest zu Honig sowie Ăko-Test zu Honig
Wenn wir Verbraucher vor allem auf den Preis schauen, hat das fĂŒr die deutschen Imker zur Folge, dass sich der Verkauf von Honig immer weniger lohnt. Dabei spielen gerade Hobbyimker fĂŒr den Erhalt, den Schutz und die AufklĂ€rung ĂŒber Honigbienen eine entscheidende Rolle.
- Bei Honig gilt: Im Zweifelsfall lieber regional als bio; am besten ist natĂŒrlich beides.
- Imker in deiner NĂ€he findest du z.B. unter www.heimathonig.de.
- Ăber nearBees kann man sich Honig vom lokalen Imker direkt in den Briefkasten liefern lassen.
- Eine kreative Möglichkeit, selbst aktiv zu werden: Die sogenannte BienenBox von Stadtbienen.org soll es ermöglichen, sogar auf dem Balkon Bienen zu halten. Allerdings sollte man vorher unbedingt einen Imkerkurs besuchen und bereit sein, einigen Aufwand, Zeit und Geld zu investieren.
Noch mehr Tipps, hilfreiche Links und Ideen:
- 14 wissenswerte Fakten zu Honig
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