Sie sollen den Blutdruck senken, beim Abnehmen helfen und Krankheiten heilen – Superfoods liegen voll im Trend. Doch häufig werden die Wundermittel aus fernen Ländern importiert und für teures Geld verkauft. Die Alternative: regionale Superfoods, die manchmal sogar kostenlos vor deiner Haustür wachsen.
Superfoods sind unterschiedliche Lebensmittel, die allesamt eine positive Wirkung auf unsere Gesundheit haben sollen. Kaum eine davon ist wissenschaftlich belegt. Doch die Werbeversprechen von Acerola, Matchapulver und Co. verführen viele Menschen.
Und so kaufen sie für viel Geld Gemüse, Obst, Samen oder Nüsse, die von weit her importiert werden. Besser für die Umwelt – und deutlich günstiger – sind heimische Alternativen: Einige davon kannst du einfach vor deiner Haustüre ernten oder pflücken – und das nicht nur im Sommer.
1) Schlehen: nach dem ersten Frost
Schlehdorn wächst an Weg- und Waldrändern – gerne auf kalkigem Boden. Die Früchte des dornigen Strauches sehen ähnlich aus wie Heidelbeeren. Sie reifen ab September, sollten jedoch erst nach dem ersten Frost geerntet werden – durch die Kälte werden sie aromatischer.
Schlehen enthalten Gerbsäuren, Fruchtsäuren, Mineralien und Vitamin C. Sie wirken magenstärkend, entzündungshemmend und regen die Verdauung und den Stoffwechsel an. Ein Blütenaufguss hilft gegen Durchfallerkrankungen, Magenbeschwerden und Blasen- und Nierenprobleme. Schlehen schmecken nach dem Frost süßlich herb, die unreifen Früchte sind eher sauer. Von der Verarbeitung der Beeren zu Schlehenlikör – auch als Schlehenfeuer bekannt – hat man vielleicht schon mal gehört. Die reifen Früchte eignen sich aber auch zur Herstellung von Saft oder Marmelade und die unreifen Früchte kann man wie Oliven einlegen.
2) Ein besonderer Pilz: das Judasohr
Die beste Zeit zum Pilze sammeln ist der Herbst, doch auch zu anderen Jahreszeiten kann man fündig werden: Das ganzjährige Judasohr findet man besonders häufig in frostfreien, feuchten Wintermonaten. Der Pilz wächst als Parasit besonders gerne auf alten Stämmen und Ästen des Holunderbaumes und ernährt sich von dessen Holz. Man kann ihn auch getrocknet im Handel kaufen, dafür wird er jedoch aus Vietnam importiert.
Als Mu-Err kennt man das Judasohr aus der chinesischen Küche, dort spielt es auch in Medizin und Naturheilkunde eine wichtige Rolle: Es hilft bei Ateriosklerose, verbessert die Fließfähigkeit des Blutes, wirkt entzündungshemmend und senkt den Cholesterinspiegel. Das regionale Superfood ist reich an Eisen, Kalium, Magnesium und Vitamin B1. Der Pilz hat nur einen leichten pilzigen Eigengeschmack und eignet sich gut für Suppen oder Pilzgerichte. Die deutsche Gesellschaft für Mykologie (DGfM) hat das Judasohr zum Pilz des Jahres 2017 gewählt. Und sagt „Seine ungewöhnliche Form macht das Judasohr unverwechselbar. Giftige Doppelgänger sind nicht bekannt – also ein idealer Einsteigerpilz.“
3) Bärlauch: das regionale Superfood für den Frühling
Bärlauch ist verwandt mit Knoblauch, Zwiebeln, Lauch und Schnittlauch. Seine grünen Blätter verraten die Verwandtschaft: Sie riechen nach Knoblauch. Frisch als Pesto, in Salaten, Suppen ist er eine Köstlichkeit. Zudem ist er sehr gesund: er enthält viel Vitamin C, Eisen und verschiedene schwefelhaltige ätherische Öle, die eine positive Wirkung auf Verdauung, Atemwege, Leber, Galle, Darm und Magen haben. Auch soll er heilende Wirkungen bei Bluthochdruck, Arteriosklerose haben und gut für den Cholesterinspiegel sein.
Sammeln kann man ihn von März bis Mai, er wächst meist an halbschattigen Orten, häufig im Wald an feuchten, humusreichen, kalkigen Stellen. In Süddeutschland findet man ihn häufiger als in Norddeutschland.
Achtung! Nicht mit dem Maiglöckchen oder der Herbstzeitlosen verwechseln, die sind giftig!
4) Giersch: hilft gegen Gicht und Rheuma
Regionale Superfoods lassen sich nicht immer sofort als solche erkennen. So hat sich so manche:r Gärtner:in über Giersch schon mal geärgert: Wenn man ihn einmal im Garten hat, wird man ihn so schnell nicht mehr los. Doch Giersch kann viel mehr als sich nur wild auszubreiten: Er ist reich an Eisen, Magnesium, Kalium, Calcium, Vitamin C, Vitamin A, Eiweiß und sekundären Pflanzenstoffen. Schon im Mittelalter wurde er als Heilmittel gegen Herzgefäß-Beschwerden und Gicht verwendet, das frisch zerquetschte Kraut als Umschlag soll gegen Rheuma und Insektenstiche helfen.
Er schmeckt und riecht ein bisschen wie Petersilie, gekocht erinnert er an Spinat. Man kann ihn frisch für grüne Smoothies, Salate oder Aufstriche verwenden, und auch in Suppen, Aufläufen oder Tee schmeckt er lecker. Er wächst in Wäldern, Hecken und Gärten. Am besten sammelt man ihn zwischen April und Juli.
5) Holunderblüten: mehr als nur ein Sommergetränk
In den vergangenen Jahren ist Holunderblütensirup zu einer echten Trendzutat für Sommergetränke wie Limonade oder Hugo geworden. Die hübschen weißen Blüten des schwarzen Holunders sind jedoch nicht nur lecker, sondern auch gesund: Die Blüten enthalten ätherische Öle, sie wirken entzündungshemmend, fiebersenkend, schweißtreibend, schleimlösend, entwässernd und regen Leber und Galle an.
Holunderblüten eignen sich nicht nur zur Herstellung von Sirup: Als Tee bei Erkältungskrankheiten mildern sie Husten oder Magenbeschwerden, lecker sind sie auch als Gelee oder Marmelade. Der schwarze Holunder wächst meist an Wegesrändern, in Laubwäldern oder an Bachläufen. Er blüht von Mai bis Juni.
6) Holunderbeeren: gegen Erkältungskrankheiten
Während Holunderblütensirup inzwischen in fast jedem Supermarkt zu finden ist, ist die Verwendung der Beeren des schwarzen Holunders nicht so weit verbreitet. Dabei sind die Beeren – in Norddeutschland auch bekannt als Fliederbeeren – echte Vitaminbomben: sie sind reich an Vitamin C, B und A, Kalium, Calcium und Phosphor und enthalten jede Menge Fruchtsäuren, ätherische Öle und Antioxidantien. Ein würdiger Vertreter regionaler Superfoods und nicht ohne Grund galt der Holunder früher als „Apotheke der armen Menschen“.
Wenn die Blüten verblüht sind, bilden sich die schwarzen Beeren: Von August bis Oktober kann man sie ernten. Roh sind sie allerdings leicht giftig und ungenießbar, der Verzehr kann zu Krämpfen, Durchfall und Erbrechen führen. Am besten verarbeitet man die Beeren direkt nach der Ernte zu Saft, Marmelade oder Gelee. Der Geschmack ist aromatisch, herb und nicht süß. In Norddeutschland kocht man aus den schwarzen Beeren eine Fliederbeerensuppe – mit Äpfel, Birnen, Gewürzen und Griesklößchen wird sie zur kalten Jahreszeit serviert. Der Saft hilft bei Erkältungskrankheiten und soll das Herz-Kreislauf-System stärken, in der Lebensmittelindustrie wird er zum Färben verwendet.
7) Bucheckern: die Früchte der Rotbuche
Der Herbst ist die Erntezeit für Nüsse, Kastanien und auch für Bucheckern. Zu Notzeiten nach dem Krieg waren sie eine willkommene Bereicherung des Speiseplans, heute sammelt die Früchte der Rotbuche kaum noch jemand. Dabei sind sie sehr gesund: Sie enthalten die essentielle Fettsäure Linolsäure und wichtige Mineralstoffe wie Zink und Eisen.
Roh sind sie allerdings giftig und können Bauchschmerzen verursachen. Wenn man sie mit kochend heißem Wasser übergießt oder die geschälten Früchte in der Pfanne röstet, wird der Giftstoff abgebaut. Sie eigenen sich als Topping für einen leckeren Salat. Wenn man viele findet, kann man sie zu Mehl schroten und zum Backen verwenden. Die essbaren Blätter der Rotbuche wirken entzündungshemmend und sollen bei Zahnfleischproblemen oder als Wundauflage helfen.
- Mehr über Superfoods in unserem Beitrag „Der kernige Schwindel mit den Superfoods„.
Noch mehr regionale Superfoods sammeln
Wer sich umschaut, kann in der Natur noch viel mehr regionale Superfoods entdecken: Im Frühling kann man zum Beispiel Brennnesseln oder die Blätter des Löwenzahns sammeln. (Übrigens: Aus Löwenzahn lässt sich ganz einfach „veganer Löwenzahnhonig“ machen.) Der Sommer ist eine besonders vielfältige Zeit für die Ernte von wilden Superfoods: Beeren wie Brombeeren, Himbeeren oder Wildkräuter wie den Spitzwegerich oder die Schafgarbe findet man jetzt. Und im Herbst gibt es Hagebutten, Berberitzen, Sanddorn, Nüsse, Pilze und Wildkräuter.
Wenn du auf die Suche nach wilden Superfoods gehst, solltest du allerdings ein paar Dinge beachten:
- Sammle lieber nicht direkt am Straßenrand oder in der Nähe von pestizidbelasteten Feldern.
- Ernte nur so viel wie du wirklich essen wirst, beim Bärlauch beispielsweise pro Pflanze nur ein Blatt, damit die Pflanze sich weiter entwickeln kann.
- Achte darauf, nicht in Naturschutzgebieten oder auf privaten Grundstücken zu sammeln.
Lies dazu auch unseren Beitrag „Wildkräuter sammeln, bestimmen, essen: 11 Tipps“.
Ganzjährig: Pflanzen, die nachwachsen
Noch einfacher als sich auf die Suche nach regionalen Superfoods zu machen, ist es Lebensmittel einfach zuhause nachwachsen zu lassen – zum Beispiel diese acht Lebensmittel, die immer wieder nachwachsen.
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Zu Hause Gemüse anbauen: Diese 4 Lebensmittel wachsen immer wieder nach
- Unkraut ist lecker: 10 Unkräuter, die man essen kann
- Grünkohl, ein heimisches Superfood als Vitamin- und Mineralstoffquelle
- Wildblumen sind hübsch, lecker und gesund: 7 Tipps
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