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BMU feiert „1 Mio. Elektroautos“ – aber etwas daran stimmt nicht ganz

Elektroauto laden
Foto: CC0 Public Domain / Unsplash - John Cameron

Das Bundesumweltministerium klopft sich für eine Million Elektroautos auf die Schulter. Okay, ja, schon besser als eine halbe Million; aber Grund zum Feiern ist das noch lange nicht.

Stolz verkündeten Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, Bundesumweltministerin Svenja Schulze und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, dass „erstmals eine Million Elektrofahrzeuge“ auf deutschen Strassen rollen würden.

Sie meinten es sichtlich als Erfolgsmeldung und feierten Deutschland dafür, „Leitanbieter und Leitmarkt für diese wichtige Mobilitätstechnologie“ zu sein. Aber ist das wirklich so?

Ein näherer Blick auf die Zahlen verschafft Klarheit: „Über die Hälfte davon sind rein elektrische Fahrzeuge“, räumt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) schon gleich selbst ein, „die übrigen sind Plug-In-Hybride sowie Brennstoffzellenfahrzeuge“.

Aber, und das ist ja nun auch kein Geheimnis: echte, also rein elektrische Elektroautos sind eben deutlich umweltfreundlicher als Hybride – und daher sollte man die Hybriden bitte gleich mal ausklammern. Und dann wäre es eben doch nur eine halbe Million E-Autos.

„Stromer“ noch immer die Ausnahme

Sind Hybride wirklich schlechter? Ja: Hätte das BMU einfach mal beim Umweltbundesamt nachgelesen, hätte es dort (etwas anstrengend zu lesen) erfahren können: „Im Vergleich zu HEV [Hybrid-E-Autos] verursachen BEV [reine Batterie-Elektroautos] um 75 bis 90 % weniger THG-Emissionen [Treibhausgase] und einen um 50 % bis 70 % geringeren KEA [kumulierten Energieaufwand].“ [Ergänzungen durch die Redaktion].

„Es gibt keinen Anlass, eine Million Elektroautos auf Deutschlands Straßen zu feiern. Die Wahrheit ist: Lediglich 54% sind tatsächlich Fahrzeuge mit batterieelektrischem Antrieb (BEV)“, kritisiert daher Stefan Heimlich, Vorsitzender des zweitgrößten Auto Clubs ACD, völlig zu Recht. Das im Jahresbericht der Bundesregierung 2009/2010 festgeschriebene Ziel, bis 2020 über eine Million batteriebetriebene Autos auf deutschen Straßen fahren zu lassen, habe man deswegen verfehlt.

Auch ein Blick auf die Anteile hilft, den Jubel der noch regierenden Politiker einzuordnen: Laut KBA waren 2020 von den Neuzulassungen noch 46,7% Benziner und 28,1% Diesel. Zusammen mit Gas-Autos (ca. 0,4%) rollen also noch immer 75% klimaschädliche Fossilien im wahrsten Wortsinne durchs Land, und das bei den Neuzulassungen.

Populärste Elektroautos waren übrigens die – bestenfalls „bedingt besseren“ – Hybriden (18,1%). Und vergleichsweise Ladenhüter sind noch immer die echten, also rein Batterie-elektrischen Elektro-Pkw mit 6,7%. (Von den beim BMU ebenfalls erwähnten „Brennstoffzellenfahrzeugen“ dürften übrigens keine 1000 Stück durch Deutschland rollen.)

E-Autos rollen nur zögernd – wer ist Schuld?

Utopia meint: Die elektrische Verkehrswende bleibt wichtig, auch wenn sie langsamer vonstatten geht als von allen erhofft und zuständigen Politikern propagiert. Ohne also die Leistung kleinreden zu wollen: Durchschlagender Erfolg sieht anders aus.

Woran allerdings nicht das BMU allein schuld ist. Es sind wir, die Konsument:innen, die uns so entscheiden. Und die Autofahrer unter uns sind es auch, wegen der das KBA monatlich melden muß, dass SUVs die beliebtesten Autos sind (2020: 21,3% der Neuzulassungen), nicht aber die ökologisch sinnvolleren Kleinwagen (15,1%).

Kann sich die Politik wenigstens für die Förderung von Elektromobilität feiern? Ja, ein bisschen, denn da tut sich scheinbar eine Menge. Aber eben auch nur, bis man auch da genauer auf die Zahlen schaut: Während der Verteidigungshaushalt 2022 bei ca. 50 Milliarden Euro liegt, lassen wir für eine der wichtigen Transformationen unseres von der Autoindustrie geradezu abhängigen Landes nur vergleichsweise schmale Beträge springen – laut BMU 3 Mrd. für Batterien, 2,1 Mio. für ‚Innovationsprämie‘, 800 Mio. für Ladeinfrastruktur … und danach wird’s schon dünn.

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