Unrecht bleibt Unrecht – Veganer lehnen darum jeglichen Konsum von tierischen Produkten ab. Dabei lassen sie oft keine andere Meinung gelten als die eigene. Aber ist das der Weg zu weniger Tierleid? Utopia sucht mit dieser Frage keine Feinde, sondern den Dialog.
Es könnte sein, dass wir mit unseren Beiträgen hin und wieder vegan lebende Menschen verärgern: Gemeint sind unsere Bilderstrecke mit dem Titel „10 praktische Tipps, um ein bisschen veganer zu werden“ und der neue Artikel „Warum vegan noch nicht genug ist„. Darum möchten wir vorweg betonen, dass wir niemanden provozieren wollen, wir suchen den Dialog.
Wenn auf Utopia über Fleischkonsum, Vegetarismus und Veganismus geschrieben wird, wird der Ton in Kommentaren häufig rau, auch Beleidigungen bleiben nicht aus. Veganer bezeichnen Diskussionsteilnehmer, die sich zum Fleischessen bekennen, als „Leichenfresser“ und werten Honig zur „Bienenkotze“ ab. Umgekehrt wittern Fleischesser beim ersten kritischen Wort gegen ihren Fleischkonsum sogleich eine vegane Diktatur und beschimpfen den Absender als „Vegan-Nazi“. Dass diese Art der Diskussion nicht zielführend ist, muss man wohl niemandem erklären.
Vegan heißt oft: ganz oder gar nicht
Unser Anliegen ist es, Anreize und Orientierung für nachhaltigen Konsum zu geben. Wir freuen uns über jeden, der mitmacht. Jeden noch so kleinen Schritt sehen wir als einen Schritt in die richtige Richtung. Wenn wir aber in einem Artikel erklären, warum man besser Bio-Eier als solche aus Freiland- oder Bodenhaltung kauft, gibt es mit großer Sicherheit einen Kommentar, der sagt, dass nur der komplette Verzicht auf Eier vor Tierleid schützt. Stellen wir den Greenpeace Fischratgeber vor und fragen „Welchen Fisch kann man noch mit gutem Gewissen essen?“, ernten wir die Antwort „keinen“.
Solche Kritiken sind berechtigt. Und wer sich seinen Appetit von ihnen verderben lässt, sollte sich fragen, ob seine Konsumgewohnheiten mit seinen Überzeugungen übereinstimmen oder ob er nicht eigentlich längst reif ist, andere Wege zu gehen. Aber mit „ganz oder gar nicht“ lässt man Menschen, die dafür offen sind, keine Wahl. Ob das der richtige Weg ist?
Bilderstrecke: 10 Tipps, um ein bisschen veganer zu werden
Auch der längste Weg beginnt mit einem ersten Schritt
Die Entscheidung, vegan zu leben, verdient großen Respekt. Wir verstehen auch, dass „ein bisschen“ für viele Veganer keine Option ist. Etwas weniger Unrecht zählt nicht, weil es Unrecht bleibt, ein bisschen moralischer gibt es nicht.
Vielleicht aber wäre eine solche pragmatische Denke hilfreich, um das zu erreichen, worum es den meisten geht: weniger Tierleid. Denn die Ganz-oder-gar-nicht-Philosophie hat auch einen entscheidenden Haken: Wer seinen persönlichen Weg zu einem besseren Leben anfangen will, tut es oft mit einem ersten Schritt. Wer aber bereits diesen Beginn brüsk herabgewürdigt sieht, weil er nicht „ganz“ genug ist, wählt meist die Alternative, nämlich „gar nicht“.
Viele Veganer haben als Vegetarier angefangen. Viele Vegetarier waren Biofleisch-Konsumenten. Wäre es nicht besser, jeden ersten Schritt zu begrüßen? Auf diesem Weg sind Veganer keine Feindbilder, sondern Vorbilder – und in dieser Rolle brauchen wir sie. Also was meint ihr: kann man ein bisschen vegan sein?
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Bio? Fair? Nachhaltig? Warum vegan noch nicht genug ist
- Vegane Wurst: Muss das sein?
- Jeder kann vegan: 10 einfache Tipps für weniger tierische Produkte
War dieser Artikel interessant?