Wandern ist (nur) des Müllers Lust? Längst hat sich Wandern zur beliebten Freizeitaktivität gemausert. Doch je begeisterter Jung und Alt durch die Natur trampeln, desto mehr schaden sie ihr damit. Außer, sie gehen sanft mit der Umwelt um – indem sie nachhaltig wandern.
Lachende Menschen auf sonnigen Berggipfeln, in verschneiten Winterlandschaften oder vor einem Bergsee – auf Instagram, TikTok und Co. vergeht kein Tag, ohne dass neue beeindruckende Bilder und Videos der letzten Wanderung hochgeladen werden. Und nicht nur die Corona-Pandemie zeigt: Wandern liegt absolut im Trend.
Dabei sollte man gar nicht wandern. Schließlich muss man erst einmal mit einem Verkehrsmittel zur herrlichen Natur gelangen. Dort angekommen, ist es fast unmöglich, kein zartes Pflänzchen zu zertreten oder keinen Vogel bei der Brunft zu stören – von Hinterlassenschaften in Form von Müll ganz zu schweigen. Ja, Wandern ist nicht nur ein Naturerlebnis, sondern auch Naturzerstörung und darum sollten wir es so nachhaltig wie möglich gestalten.
Lena und Kathi aus der Utopia-Redaktion sprechen auch im Podcast über das Thema, hör gerne rein:
Nachhaltig wandern – was heißt das genau?
Wandern ist für viele ein einmaliges Naturerlebnis. Dabei ist es grundsätzlich egal, ob du einen Tag lang deine nähere Umgebung erwanderst, auf einen Berg steigst oder zu einem mehrtägigen Wanderurlaub aufbrichst.
Beim Wandern in den Bergen gilt: Überschätze dich nicht und fang klein an. Der Deutsche Alpenverein und spezielle Wander-Apps informieren dich zuverlässig, wie anspruchsvoll eine Tour ist und welche Kondition du dafür brauchst. Grundsätzlich ist Wandern aber eine gesunde Sportart, mit der du je nach Schwierigkeitsgrad, Anstieg und Tempo auch ordentlich Kalorien verbrennst.
Was dabei immer wichtig ist: Möglichst nachhaltig wandern. Mit unseren fünf Tipps kannst du wandern und gleichzeitig die Natur schonen.
1. Auf nachhaltigeren Wegen zum Wanderziel
Zunächst musst du natürlich erst einmal zu deinem Wanderziel gelangen. Geht es um die persönliche Urlaubs-Ökobilanz, sind Flugzeuge und Autos für Wanderreisen schlechte Optionen. Am besten reist du mit dem Zug an und nimmst ein Fahrrad mit oder leihst es sich vor Ort aus, wenn die Entfernung vom Bahnhof zum Wanderziel zu weit ist.
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„Bike and Hike“ ist ein Trend, der speziell in langgezogenen Alpentälern oder Schluchten etwa im Allgäu oder in österreichischen Berggebieten sinnvoll ist. Man fährt, soweit es die Wege zulassen, hinein ins Tal und geht die schmäleren Pfade dann zu Fuß weiter. So lassen sich größere Entfernungen bewältigen, und die einzige CO2-Emission produziert man selbst.
Wer nicht aufs Auto verzichten will, um weniger frequentierte Wanderwege zu entdecken, kann Fahrgemeinschaften bilden oder zumindest in der Reisegruppe mit einem einzigen Pkw fahren. Das spart bereits ordentlich CO2 ein.
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2. Nachhaltig wandern ist auch eine Frage der Kleidung
Im Sportgeschäft oder den sozialen Netzwerken hat man schnell den Eindruck, man müsste sich komplett neu ausstatten, um überhaupt wandern zu können. Das ist natürlich Unsinn, denn du kannst auch in deinen normalen Sportklamotten zum Wandern gehen. Auf gute Wanderschuhe solltest du bei längeren Wanderungen allerdings nicht verzichten. Hier lohnt sich die Investition, denn gute Wanderschuhe kannst du jahrelang tragen. Die richtige Pflege deiner Wanderschuhe verlängert ihre Lebensdauer noch einmal.
Ähnlich sollten wir auch an die übrige Wanderbekleidung rangehen und uns fragen: Was kaufe ich neu? Was bekomme ich auch gebraucht und was kann ich mir auch von Freund:innen ausleihen? Wer zum Beispiel nur plant, ein Wochenende im Sommer zu wandern, kann sich Trekkingstöcke auch leihen und braucht vielleicht auch nicht den neuesten Wanderrucksack.
Hier: Konkrete Tipps für nachhaltige Outdoor-Kleidung
Wichtig bei Wanderbekleidung: Die Materialauswahl. Für Outdoor-Mode werden überwiegend synthetische Fasern und viele Chemikalien verwendet. Nachhaltig wandern sieht anders aus. Deshalb zeigen wir Outdoor-Marken, die es besser machen und auf nachhaltigere Stoffe setzen:
Wie bei all unserer Kleidung gilt also auch bei der Wanderbekleidung: Weniger ist mehr. Wer sich gerne eine neue Regenjacke, Wanderhose oder ein Thermoshirt kaufen möchte, findet in unserem Artikel nachhaltige Kleidungsstücke:
Ein guter Wanderrucksack kann sich allerdings auszahlen: Er hält viele Jahre und es gibt auch nachhaltige Wanderrucksäcke.
3. Nachhaltig wandern: In der Natur sind wir heute nur noch Gast
(Nachhaltig) Wandern ist nicht gleich wandern. Die Mehrtagestour durch den Spessart oder die Mecklenburgische Schweiz gehört genauso dazu wie der geführte Marsch über Alpengipfel, das Radwandern durch Flussauen, die schweißtreibende Mountainbike-Tour oder der Kurztrip durch den Naherholungsraum.
Wer wandert, will die Natur erleben, doch die geschützten Räume der heimischen Tierarten müssen dabei tabu bleiben. Weil oft schwer herauszufinden ist, wo grad keiner balzt, nistet oder einfach nicht gestört werden will, gibt der Deutsche Alpenverein (DAV) wertvolle Informationen – zum Beispiel zu diesen für das Ökosystem besonders wichtigen Plätzen. Du kannst dir auch die App alpenvereinaktiv auf dein Smartphone laden: Damit hast du Karten samt Schutzgebieten direkt auf deinem Handy.
Gerade im Winter solltest du die Wildtiere nicht stören und zur Flucht bewegen, denn sie brauchen in der kalten Jahreszeit dringend jede Energiereserve. Vermeide deshalb Lärm, Überraschungseffekte durch das Verlassen der Pfade und leine deinen Hund auf jeden Fall an, wenn du ihn mit zum Wandern nimmst.
Zudem ist es sinnvoll, nicht in der Nacht durch die Natur zu streifen und den Zauber öfter einfach mal schweigend zu genießen.
4. Nachhaltig wandern: Auch Mitmenschen sind schützenswert
Wo wir in Scharen einfallen, nerven wir auch unsere Mitmenschen. Im Corona-Winter 2020/21 zeigt sich das vor allem im Voralpenraum, den zahlreiche Menschen zum Wandern in der Winterlandschaft nutzten.
Generell sind Wanderregionen wie das Berchtesgadener Land, die deutschen Mittelgebirge oder die Nordseeinseln zwar auf den Ansturm der Touristenmassen vorbereitet, allerdings haben viele „Touri-Orte“ längst ihre Ursprünglichkeit verloren. Zu oft geht es um das Geschäft mit der Natur, um Kitschpostkarten-Idyll und Urlaubsmerchandising.
Tourismusexperte Jochen Häfele von JH Tourismus rät daher, doch mal Regionen herauszusuchen, die weniger im Fokus der Reise-Industrie stehen. Also zum nachhaltigen Wandern mal nicht in die Alpenregion, sondern in die schwäbische Alb, die oberfränkisch-oberpfälzische Region an der tschechischen Grenze oder den wunderschönen Hunsrück.
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Spannend: Geführte Wandertouren buchen
Wer wirklich nachhaltig wandern und die Natur kennenlernen will, kann auch geführte Touren buchen. Denn diese schärfen die Wahrnehmung für die Umwelt. In der Regel zeigen einem Einheimische nicht nur die besten Plätze und schönsten Aussichten, sondern wie Jochen Häfele erklärt „auch, wie wir der Natur mit Respekt und in Harmonie begegnen. Erfahrene Wanderführer wissen, wo etwa die sensiblen Brutplätze von Vögeln sind oder wo man besonders auf geschützte Pflanzen zu achten hat. Manche Tiere wird man überhaupt nur in Begleitung eines Profis sehen können“.
Geführte Touren können in Deutschland praktisch in jeder Region gebucht werden – in der Sächsischen Schweiz genauso wie im Harz oder im Bayerischen Wald. Auch in anderen Ländern hat sich diese Form des Wandertourismus durchgesetzt. Du musst aber nicht immer in die Ferne schweifen, denn auch in Deutschland gibt es genügend schöne Regionen zum nachhaltigen Wandern oder Fernwanderwege.
5. Nachhaltig wandern und die Natur schonen
Damit wir möglichst lange etwas von der schönen Natur haben und noch viele nachhaltige Wanderungen unternehmen können, solltest du folgende Dinge beachten:
- Respektiere die Natur und Tierwelt und bleib deshalb auf den ausgewiesenen Wanderpfaden. Nicht umsonst heißt es auf zahlreichen Hinweisschildern „Abschneider zerstören die Natur.“
- Nimm deinen Müll wieder mit und lass keinesfalls Essensverpackungen oder Taschentücher in der Natur liegen.
- Das gilt auch für vermeintlich natürlichen Abfall wie Bananenschalen: Die exotischen Früchte verrotten in der heimischen Natur nur langsam und sind für unsere Wildtiere nicht geeignet.
- Damit du erst gar keinen Verpackungsmüll mitschleppen musst, kannst du gesunde Snacks wie Äpfel, Birnen oder Karotten einpacken.
- Wer unterwegs mehr Hunger hat, packt seine Brotzeit am besten in Brotdosen aus Metall, Holz oder Glas oder schlägt das Pausenbrot einfach in Butterbrotpapier ein.
- Müsliriegel für den Energieschub zwischendurch kannst du selber machen statt einzeln verpackte Energieriegel zu kaufen. Hier unser Müsliriegel-Rezept.
- Wer wandert, braucht ausreichend zu trinken. Trinkflaschen für unterwegs sollten nicht aus Aluminium oder Plastik mit dem für Gesundheit und Natur schädlichen Bisphenol A (BPA) hergestellt werden. Wir zeigen dir sechs bessere Trinkflaschen.
- Wer sich beim Wandern im Winter mit einem Tee aufwärmen möchte, füllt diesen am besten in eine schadstofffreie und langlebige Thermosflasche.
- Fotos sind eine schöne Erinnerung an die Wandertour, Blumen solltest du dagegen nicht pflücken und mit nach Hause nehmen.
Lena Pritzl/Manfred Prescher/aw
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