Bio und billig – passt das zusammen? Eher nicht. Aber nachhaltiger Konsum muss trotzdem kein teurer Luxus sein.Wegen des Kriegs in der Ukraine werden viele Produkte gerade teurer. Menschen, die jeden Euro zweimal umdrehen müssen, müssen beim Einkaufen deshalb vermehrt zu günstigeren Optionen greifen – für sie scheinen nachhaltige Produkte immer weniger bezahlbar zu sein. Und auch wer mehr Geld zur Verfügung hat, sieht oft nicht ein, warum man einen Aufpreis zahlen sollte, wo doch auch ein günstiges konventionelles Produkt seinen Zweck erfüllt.
Natürlich kosten Bio-Lebensmittel prinzipiell mehr als Discounter-Ware. Ein T-Shirt aus Bio-Baumwolle gibt es nicht für fünf Euro. Auch zertifizierte Naturkosmetik hat ihren Preis. Doch es gibt weit mehr Wege, nachhaltig zu konsumieren als nur herkömmliche durch teurere Bio-Produkte zu ersetzen: Wer sein Konsumverhalten mal kritisch hinterfragt, wird viele Möglichkeiten finden, auch mit wenig Geld nachhaltig(er) zu leben.
1. Alles zu seiner Zeit: Saisonal einkaufen
Wenn Obst und Gemüse Saison haben, sind sie günstiger. Eine Bio-Gurke etwa war bisher in den Sommermonaten ab etwa 99 Cent zu haben – das galt für den Supermarkt genauso wie für den Bio-Laden. Erst außerhalb der Saison wurde sie teurer. Im Winter kosteten Bio-Gurken oft zwischen 2 Euro und 2,50 Euro.
Aktuell sind die Preise wegen des Kriegs in der Ukraine sowohl für Bio- als auch für konventionelle Gurken gestiegen. Doch generell gilt: Wer zur rechten Zeit kauft, kann in der Regel einiges an Geld sparen und sich dann vielleicht auch Bio-Obst und -Gemüse leisten. Der Utopia-Saisonkalender zeigt, wann du welches Obst und Gemüse am besten kaufst und konsumierst – günstig und nachhaltig.
2. Nachhaltige Angebote gegen Foodwaste nutzen
- Viele Supermärkte und Discounter bieten inzwischen krummes Gemüse vergünstigt an. Die krummen Möhren und Rüben mögen zwar nicht unserem Schönheitsideal für Essen entsprechen, schmecken aber genauso gut wie „schöne“ Lebensmittel und kosten weniger.
- Bei Lidl gibt es sogenannte „Rette mich“-Boxen mit vergünstigten Lebensmitteln, welche kurz vor dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) stehen. In Edeka-Märkten gibt es kostenfreie Grünfutter-Boxen für Haustiere, aus den Gemüseresten kannst du aber auch Smoothies oder Pesto mixen.
- Wenn du mal nicht selber kochen magst: Mit der App Too good to go bekommst du vor Laden- oder Restaurantschluss günstig die Reste des Tages.
- Gratis Obst findest du über Mundraub. Die Karte zeigt dir, wo man Bäume oder Sträucher einfach kostenlos abernten kann – konservieren hilft, um diese Lebensmittel dann haltbar zu machen.
3. Fünf Hausmittel statt unzählige Putzmittel
Badreiniger, Glasreiniger, WC-Reiniger, Scheuermilch, Fliesenputzmittel, Teppichreiniger, Desinfektionsmittel, Kalkentferner und Weichspüler – wer für jede Ecke in der Wohnung ein anderes Putzmittel hat, kann dafür ordentlich Geld ausgeben.
Nicht nur für deinen Geldbeutel, sondern auch für die Umwelt ist es oft schonender, Putzmittel mit Hausmitteln wie Essig, Zitronensäure, Soda und Natron selbst herzustellen. Und: Plastikmüll sparst du auch noch.
Außerdem solltest du die Dosierungshinweise deines Waschmittels immer genau befolgen – wahrscheinlich brauchst du nämlich viel weniger, als du denkst.
Mehr Tipps findest du hier:
4. Nachhaltig konsumieren = weniger Fleisch essen
Viel zu viel und viel zu billig – so wenig nachhaltig konsumiert Deutschland Fleisch. Darum ist bei uns der Preisunterschied zwischen herkömmlichen und Bio-Produkten auch besonders groß: Bio-Fleisch kostet je nach Tierart tatsächlich drei bis viermal mehr.
Doch wer im Discounter ein Pfund konventionelles Rinderhack für 2,50 Euro kauft, sollte sich darüber bewusst sein, warum das so billig ist. Das Fleisch kommt aus Intensivtierhaltung mit oft tierquälerischen Bedingungen. Und die Folgen hat man auf dem Teller liegen: In Fleisch aus herkömmlichen Betrieben werden regelmäßig Keime und Antibiotikarückstände festgestellt.
Bessere Tierhaltung hat ihren Preis. Den kann man aber auch mit wenig Geld wertschätzen: indem man zum Beispiel statt jeden Tag nur ein-, zweimal die Woche Fleisch isst – dieses dafür in Bio-Qualität. Noch günstiger (und klimafreundlicher) geht es ganz ohne Fleisch.
5. Clever Kleidung kaufen
Seien wir mal ehrlich – die meisten von uns haben mehr Kleidung im Schrank, als sie tatsächlich brauchen. Wir kaufen und kaufen und kaufen, schließlich gibt es Shirts und Hosen an jeder Ecke günstig zu haben. Doch nur das wenigste davon „tragen wir auf“, wie unsere Großeltern noch sagten – also tragen es so lange, bis es nicht mehr tragbar ist, nutzen das Produkt wirklich. Nachhaltiger Konsum ist dann günstig, wenn man clever einkauft.
Wer alle paar Wochen neue Kleidung kauft, gibt zusammengerechnet viel Geld für seine Klamotten aus – die am Ende wenig getragen werden. Kaufe lieber bessere Kleidung, kaufe weniger davon und trage sie öfter.
Hast du schon einmal gebrauchte Kleidung gekauft? Das ist nicht nur nachhaltiger, die Preise sind meist unschlagbar günstig – und gerade weil wir so viele Klamotten kaufen, gibt es haufenweise schöne Teile in gutem Zustand. Besonders Kinderkleidung kann man gut gebraucht kaufen, schließlich brauchen die Kleinen alle paar Monate neue Kleidung. Hier erfährst du, wo man gut gebrauchte Klamotten kaufen kann.
Eine andere Idee: Schau, in welchen Shops für grüne Mode gerade Sales stattfinden. Eine Liste findest du hier:
6. Das Verhältnis wahren: Wann lohnt sich nachhaltiger Konsum?
Bei dm kostet ein Deo der konventionellen Eigenmarke Balea rund einen Euro, eines der Naturkosmetikmarke Alverde knapp drei Euro. Auf den ersten Blick ist der dreifache Preis ein großer Unterschied.
Aber wie lange hält ein Deo normalerweise – zwei bis drei Monate? Gerade bei Konsumartikeln wie Kosmetik, Reinigungsmitteln und Mode macht es Sinn zu fragen, wie lange man etwas von einem nachhaltigeren Produkt hat und ob die lange Nutzungsdauer den höheren Preis nicht relativiert. Nachhaltiger Konsum und günstige Preise gehen nicht immer Hand in Hand. Wenn du das Produkt aber länger nutzt, weil es zum Beispiel ergiebiger ist oder bessere Qualität ist (vor allem bei Kleidung), dann rechnet sich das allemal.
Übrigens: Festes Shampoo und festes Duschgel kommen ohne Verpackung aus und halten erfahrungsgemäß meist länger als flüssiges Shampoo und Duschgel. Selbst wenn die Produkte in der Anschaffung etwas mehr kosten, kannst du mit ihnen also oft sparen. Andere Kosmetik kannst du auch einfach kostengünstig selbst herstellen – hier ein paar Beispiele:
7. Wenn schon Discounter, dann Bio
Klar, im Bio-Laden oder in Reformhäusern gibt es die richtig guten kleinen Bio-Marken und viele Produkte, die von den Bio-Anbauverbänden Demeter, Bioland und Naturland zertifiziert sind. Diese gewährleisten für die Erzeugung von Lebensmitteln noch weit strengere Kriterien als das allseits bekannte einfache Bio-Siegel.
Doch auch die günstigeren Bio-Produkte im Discounter sind besser als konventionelle Lebensmittel: Für ihre Herstellung sind keine chemischen Düngemittel und Pestizide erlaubt, Tiere werden unter etwas besseren Bedingungen gehalten und es dürfen viel weniger fragwürdige Zusatzstoffe (oft E-Nummern) verwendet werden. Mehr dazu: Wann Bio wirklich Bio ist.
8. Trinke Leitungswasser, dann ist nachhaltiger Konsum besonders günstig
Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel, klar, dass wir dafür Geld ausgeben. Doch aufgepasst: Viele Menschen geben viel zu viel Geld für ihr täglich Wasser aus. Die billigsten Mineralwässer kosten knapp 15 Cent pro Liter, Marken-Mineralwässer schon um die 70 Cent, die Skala ist nach oben offen. Designer-Wässerchen wie zum Beispiel Voss kosten auch schon mal 1,70 Euro für weniger als einen halben Liter. Ein Liter Leitungswasser kostet weniger als 0,2 Cent.
Wer aufhört, Wasser in Plastikflaschen zu kaufen, spart sich also nicht nur das Kistenschleppen und den Rücktransport der Pfandflaschen, sondern auch eine ganze Menge Geld.
9. Frisch kochen statt Fertiggerichte
Wer sich von Fertiggerichten ernährt, isst nicht nur ungesund, sondern gibt auch unnötig viel Geld aus. Faustregel: Je stärker ein Lebensmittel verarbeitet ist, desto teurer ist es (oder umso minderwertiger sind die Zutaten).
Eine Tiefkühlpizza für 2,50 Euro wirkt im ersten Moment vielleicht billiger als Tomatensauce und Pizzateig selber zu machen. Letztere reicht aber meist gleich für mehrere Personen und für ein schmackhaftes Ergebnis genügen wenige, günstige Zutaten: zum Beispiel Tomaten, (veganen) Käse, Knoblauch und Champignons. Für Tütensuppen, Mikrowellenlasagne und fertige Pasta-Soßen gilt dasselbe. Gesünder und spaßiger ist das Selberkochen auch noch.
10. Nachhaltig einkaufen: Gezielt konsumieren, weniger wegwerfen
Wer im Discounter einkauft, kennt das Problem: Zucchini gibt es oft nur im Dreierpack, Äpfel im zwei-Kilo-Sack. Doch nicht jede:r verbraucht das alles, im Gegenteil: Im Durchschnitt wirft jede:r Deutsche jährlich 75 Kilo Lebensmittel weg. Das Einkaufen in größeren Mengen oder auf Vorrat spart eben nur dann Geld, wenn man am Ende wirklich alles verbraucht.
Umgekehrt kann es also sinnvoller sein, kleinere Mengen gezielt einzukaufen, selbst wenn diese auf den ersten Blick teurer scheinen. Eine große Auswahl von losen Bio-Obst und -Gemüse gibt es üblicherweise nur im Bio-Laden oder auf dem Wochenmarkt.
Meide außerdem Impulskäufe: Nachhaltiger ist es, wenn du nur Lebensmittel kaufst, die du auch tatsächlich konsumierst. Mahlzeiten im Voraus zu planen, kann dabei helfen. Und versuche doch, deine Reste kreativ zu verwerten, bevor du gleich wieder neue Nahrungsmittel einkaufst. Nachhaltiger Konsum kann auch dann günstig sein, wenn du einfach nichts Neues kaufst.
11. Prioritäten setzen
Mit dem neuen SUV zu Aldi – das ist kein seltenes Bild. Bei Lebensmitteln scheint in Deutschland zu gelten: Die Qualität ist egal, nur billig muss es sein (und dann transportiert man es in einer überdimensionierten Geländelimousine nach Hause). Natürlich fährt nicht jede:r einen dicken Wagen. Doch ganz allgemein schadet es nicht, sich bewusst zu machen, wo eigentlich die Prioritäten liegen.
Die Autorin Rosa Wolff etwa hat es (beinahe) geschafft, sich mit Bio-Lebensmitteln einen Monat lang vom vorgesehenen Hartz-IV-Satz (2011) für Essen zu ernähren. In ihrem Selbstversuch, den sie im Buch „Arm aber Bio“ dokumentierte, ist sie – mit viel Mühe – mit 4,52 Euro am Tag ausgekommen (17 Cent mehr als die angestrebten 4,35 Euro).
Klar, ein Monat ist nicht das ganze Leben. Doch niemand muss das dermaßen kompromisslos angehen. Von diesem Experiment sollte man vor allem eines lernen: Man kann auch mit wenig Geld Bio-Waren kaufen. Und: Wer in der Stadt wohnt, kann den Weg zum Einkaufen oft schneller (und günstiger) mit dem Rad zurücklegen als mit dem Auto – oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Nachhaltigen Konsum günstiger zu gestalten geht besser, wenn du die richtigen Prioritäten setzt.
12. Sparen statt Verschwenden
Zum nachhaltigen Konsum gehört auch ein sparsames Verhalten. Das spart nicht nur Energie, sondern auch bares Geld. Standby-Geräte ausschalten, Hände mit kaltem Wasser waschen, Wasserkocher statt Herd, Stoßlüften statt stundenlang gekippte Fenster – es gibt viele einfache Tipps, die Strom sparen und dabei Umwelt und Geldbeutel schonen.
13. Nachhaltiger Konsum, aber günstig? Einfach mal nichts kaufen!
Ja, es klingt ein bisschen unbefriedigend, aber: Nicht zu kaufen ist eine extrem nachhaltige Entscheidung. Sein aktuelles Smartphone weiterzunutzen ist nachhaltiger als ständig dem neuesten Modell hinterher zu hecheln. Auch wenn das neue paar Schuhe vegan sein soll – besser man belässt es bei den zehn Paaren, die man schon besitzt. Am nachhaltigsten ist immer noch das Produkt, das gar nicht erst hergestellt wird.
Fazit: Nachhaltiger Konsum muss nicht teuer sein
Mit wenig Geld kann man sich Bio-Produkte eher leisten, wenn man: gezielter einkauft und weniger wegwirft und Obst und Gemüse dann kauft, wenn sie Saison haben.
Doch es gibt weit mehr Möglichkeiten, nachhaltig zu konsumieren als nur konventionelle durch teurere Bio-Produkte zu ersetzen. Der Gebrauchtkauf macht Sinn für Mode und Möbel, im Haushalt lässt sich jede Menge Energie sparen und vor allem sollte man sich die richtigen Prioritäten setzen. Die vielleicht wichtigste Frage für nachhaltige Kaufentscheidungen lautet: Brauche ich wirklich etwas Neues oder kann ich mit dem zufrieden sein, was ich habe?
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