Die Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig und bitter sind den meisten bekannt. Daneben gibt es aber noch umami und womöglich sogar eine sechste Geschmacksqualität. Erfahre hier, wie dir dein Geschmackssinn zu einer gesunden Ernährung verhelfen kann.
Geschmacksrichtungen im Überblick
Unser Geschmack ist ein komplexer Sinneseindruck, der sich aus dem Geschmackssin, Geruchssinn und Tastsinn zusammensetzt. Unser Geschmackssinn, das gustatorische System, ist auf der Zunge lokalisiert. Auf dieser liegen die mit dem bloßen Auge erkennbaren Geschmackspapillen, in denen wiederum je bis zu hunderte Geschmacksknospen liegen können.
Insgesamt befinden sich knapp 10.000 Geschmacksknospen auf der Zunge, die die Geschmacksqualität der Nahrung wahrnehmen und daraufhin einen Reiz auslösen. Je nach Geschmacksrichtung wird ein anderer Reiz ausgelöst, der über Nervenfasern zu verschiedenen Bereichen des Gehirns geleitet wird.
Wir unterscheiden fünf verschiedene Geschmacksrichtungen:
- süß – steht für Zucker und schnelle Energie
- salzig – weist auf lebenswichtige Mineralien hin
- bitter – warnt vor Giftstoffen, aber viele Bitterstoffe wirken auch gesundheitsfördernd
- sauer – weist auf Lebensmittel hin, die mit Vorsicht zu genießen sind, etwa unreifes Obst
- umami – ausgelöst durch Aminosäuren, vor allem die Glutaminsäure
Die eventuell sechste Geschmacksrichtung fettig soll auf freie Fettsäuren reagieren, ist aber als eigenständige Geschmacksqualität wissenschaftlich umstritten.
Dass wir die Geschmacksrichtungen auf unterschiedlichen Bereichen der Zunge wahrnehmen, ist übrigens ein weit verbreiteter Irrtum. Stattdessen sind die Rezeptoren für die unterschiedlichen Geschmacksqualitäten ungefähr gleich auf der Zunge verteilt.
Der Geschmackssinn und die Gesundheit
Für unsere Gesundheit ist ein gut entwickelter Geschmackssinn äußerst hilfreich. In der Evolution hat sich dieser nämlich ausgebildet, damit der Körper seine Nahrungsaufnahme nach Bedarf steuern kann. Mit Achtsamkeit und intuitivem Essen haben wir im Idealfall immer auf die Lebensmittel Appetit, die unser Körper gerade benötigt.
In Zeiten von hochgradig verarbeiteten Nahrungsmitteln und chemischen Zusatzstoffen kann dieser natürliche Mechanismus aber durcheinander geraten: Ein übermäßiger Verzehr von Zucker, Salz, Aromastoffen und Geschmacksverstärkern kann den Geschmackssinn verkümmern lassen.
Wer von früh auf an künstliche Aromen gewöhnt wird, kann mitunter den Geschmack natürlicher Lebensmittel nicht mehr genießen. Deshalb ist es wichtig, sich dessen bewusst zu werden und mithilfe des Geschmacksssinns wieder zu einer natürlichen, gesunden Ernährung zurückzufinden. Wie das im Detail funktioniert und was du über die einzelnen Geschmacksrichtungen wissen solltest, erfährst du in den nachfolgenden Absätzen.
Geschmacksrichtung süß – schnelle Energie und eine große Versuchung
Süßes Essen mögen wir alle – schon von klein auf. Und das hat einen guten Grund: Denn die Geschmacksrichtung süß wird durch Zucker in seinen unterschiedlichen Formen ausgelöst und deutet somit auf hochkalorische Kohlenhydrate hin – eine schnell zu verwertende Energiequelle.
Deshalb sind wir aus evolutionärer Sicht darauf ausgelegt, alles Süße als äußerst begehrenswert zu empfinden. Das macht sich die Lebensmittelindustrie zu Nutze, indem sie den ausgesprochen billigen Haushaltszucker oder auch Isoglucose nur allzu gern Speisen hinzufügen. Nicht nur Softdrinks und Süßspeisen wie Donuts oder Eis sind wahre Zuckerbomben, sondern auch viele Fertigprodukte wie Pizzas, Backwaren und Ketchup enthalten oftmals überraschend viel Zucker.
Das Problem hierbei: Zucker erhöht nicht nur das Risiko für Karies und Diabetes, sondern liefert nur den Einfachzucker Glucose, weshalb nach dem kurzen Energieschub der Blutzucker schnell wieder absinkt. Deutlich besser und gesünder sind langkettige, komplexe Kohlenhydrate, wie sie etwa in Kartoffeln und Vollkornprodukten stecken. Auch diese Lebensmittel haben leicht süßliche Geschmacksnuancen – die wir aber nur wahrnehmen, wenn der Geschmackssinn nicht durch übermäßigen Süßigkeiten-Konsum abgestumpft ist.
Mit diversen Süßstoffen wie Aspartam kann der Geschmackssinn außerdem ausgetrickst werden: Diese Substanzen aktivieren ebenfalls die „süßen“ Geschmacksknospen, enthalten aber nur wenig bis keine Kalorien.
Gesund genießen: Prüfe beim Einkaufen die Inhaltsstoffe und Nährwerttabelle der Produkte kritisch. Besser noch: Indem du dein Essen aus frischen Lebensmitteln selbst zubereitet, kannst du die Süße bestimmen. Dabei kannst du anstelle des gewöhnlichen Zuckers gerne auch alternative Süßungsmittel wie Agavendicksaft, Kokosblütenzucker, Dattelsüße oder Honig verwenden. Statt mit Gummibärchen und Eiscreme kannst du deinen Appetit auf Süßes auch mit frischem Obst befriedigen – und dabei deiner Gesundheit etwas Gutes tun.
Tipps für die Küche: Süße Aromen geben einem Gericht mehr Tiefe. Deshalb schmeckt uns ein frisch gebackenes Brot oder eine Tomatensauce mit einer Prise Zucker auch besser. Beliebt ist auch die Kombination von süß und salzig – etwa Cashewnüsse mit Honig und Salz. Falls dir ein Gericht zu süß geraten ist, kannst du den Geschmack mit sauren Zutaten wie Essig oder Zitronensaft ausbalancieren.
Salziger Geschmack – lebenswichtig, aber oft zu viel des Guten
Auch zu salziger Nahrung führen wir uns aus evolutionären Gründen hingezogen: Ein salziger Geschmack macht auf lebensnotwendige Mineralstoffe aufmerksam, und Salz bzw. Natriumchlorid ist für unseren Organismus unerlässlich. Es regelt den Wasserhaushalt, reguliert Verdauung und Nervenhaushalt und ist wichtig für den Knochenaufbau.
Ähnlich wie mit dem Zucker ist diese evolutionäre Prägung in heutiger Zeit aber problematisch: Vor allem in Fleischwaren, Käse, Fast-Food und Knabbereien steckt viel zu viel Salz. Aber auch in Brot und den meisten Fertigprodukten versteckt sich eine Menge Salz. Dadurch nehmen wir im Durchschnitt fast das Doppelte der täglichen Maximalmenge von fünf Gramm auf, die von der WHO empfohlen ist. Zu viel Salz kann die Nieren schädigen und zu Bluthochdruck führen.
Gesund genießen: Achte beim Einkaufen auf den Salzgehalt von Nahrungsmitteln. Auch hier gilt: Indem du dein Essen selbst frisch zubereitest, hast du deinen Salzkonsum besser im Blick. Aber auch in der eigenen Küche wandert oft mehr Salz ins Essen als nötig. Das kannst du verhindern, indem du deine Speisen zuerst mit Kräutern und anderen Gewürzen abschmeckst, bevor du Salz hinzugibst. Indem du deinen Salzkonsum schrittweise regulierst, können deine Geschmacksnerven wieder sensibler werden. Dann profitierst du am Ende von einem besseren Geschmackserlebnis.
Tipps für die Küche: Eine Prise Salz ist in den allermeisten Rezepten wichtig, um die tief liegenden Aromen und die anderen Geschmacksrichtungen der Speise hervorzuheben und zu verstärken. Auch den Geschmack von Süßspeisen wie Keksen oder Pfannkuchen kannst du mit einer geringen Menge Salz verbessern. Ist einmal zu viel Salz in die Suppe gefallen, ist das in vielen Fällen auch zu retten: Essen versalzen: Das kannst du tun.
Geschmacksrichtung bitter – giftige Substanzen und heilende Pflanzen
Anders als süß und salzig dient uns die bittere Geschmacksrichtung vorrangig als Warnung, denn viele giftige Substanzen schmecken bitter. In der Natur gilt die Grundregel: Je bitterer eine Pflanze schmeckt, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie für uns ungenießbar oder sogar giftig ist.
Dieser Geschmackssinn verändert sich mit der Lebenszeit: Während Babys und Kleinkinder noch extrem sensibel auf bitteren Geschmack reagieren, gewöhnen wir uns mit der Zeit an bittere Lebensmittel.
Neben den meisten giftigen Pflanzen haben aber auch viele Heilpflanzen und –kräuter einen bitteren Geschmack, zum Beispiel Aloe Vera, Löwenzahn, Schafgarbe und Wermut. Die enthaltenen Bitterstoffe sorgen nicht nur für den markanten Geschmack, sondern auch für viele gesundheitsfördernde Wirkungen. So können Bitterstoffe zum Beispiel die Verdauung anregen, die Leber schützen, Schmerzen lindern und Entzündungen hemmen.
Gesund genießen: Wurzel- und Blattgemüse, Wildpflanzen und Kräuter mit bitterem Geschmack dürfen öfter auf dem Teller landen. Beliebt sind zum Beispiel Radicchio, Chicoree, Grapefruits, Eisbergsalat und Gewürze wie Ingwer und Fenchel. Etwas Bitteres zügelt übrigens den Appetit und kann einer Heißhungerattacke auf Süßes entgegenwirken.
Tipps für die Küche: In den Küchen des westlichen Kulturraums erhalten bittere Geschmacknuancen endlich wieder mehr Einzug. Eine tolle Kombination ist süß und bitter – sei es dunkle Schokolade oder ein Stück Kuchen zum Kaffee. Zu bitter schmeckenden Salaten wie Eisberg- oder Grünkohlsalat passen säuerliche Dips und Dressings, etwa Limonen-Vinaigrette oder Balsamico-Dressing. Schmeckt das Essen zu bitter, lässt sich das mit etwas Salz ausbalancieren.
Saurer Geschmack – unreife Früchte und fermentierte Lebensmittel
Auch auf die Geschmacksrichtung sauer reagieren wir von Geburt an zunächst mit Ablehnung. Diese evolutionäre Prägung soll uns vor unreifen Früchten warnen. Auch schlecht gewordene Milch erkennen wir am sauren Geschmack.
Nun haben wir aber gelernt, dass eine leichte säuerliche Note durchaus auch auf sehr gutes und gesundes Essen hindeuten kann. Denn fast alle reifen Früchte haben ebenfalls einen gewissen Säureanteil. Viele säuerliche Obstsorten und Beeren sind ausgesprochen gesund, etwa Ananas, Zitronen, Aroniabeeren oder Johannisbeeren. Auch natürlich fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut, Apfelessig oder Kefir gelten als sehr gesund. Hier sorgen die für die Fermentierung verantwortlichen Milchsäurebakterien sowohl für den Geschmack als auch die positive Wirkung auf Verdauung und Immunsystem.
Gesund genießen: Schmeckt etwas säuerlich, obwohl es dies normalerweise nicht sollte, solltest du besser die Finger davon lassen. Darüber hinaus sind viele säuerlich schmeckende Lebensmittel aber sehr gesund. Heimische Beeren und reife Zitrusfrüchte dürfen daher öfter auf dem Speiseplan landen. Um eine Übersäuerung des Körpers brauchst du dir aber keine Sorgen machen: Ob ein Lebensmittel sauer verstoffwechselt wird, hat nichts mit dem Geschmack zu tun. Einige sauer schmeckende Lebensmittel wie Zitronen und Essig wirken im Körper basisch.
Tipps für die Küche: Eine leichte saure Note gibt dem Essen einen frischeren und leichteren Geschmack. In viele Dips, Aufstriche und Soßen gehört daher in kleiner Spritzer Essig oder Zitronensaft. Auch Lebensmittel wie Buttermilch oder Sauerrahm bringen die saure Geschmacksrichtung in Speisen. Zu viel Säure lässt sich am leichtesten mit etwas Süßem ausbalancieren.
Umami – die Geschmacksrichtung für herzhaftes Essen
Die Geschmacksrichtung umami wurde erst 1908 von einem japanischen Wissenschaftler entdeckt. Das Wort kommt aus dem Japanischen und bedeutet so viel wie herzhaft oder wohlschmeckend. Umami sorgt für einen vollmundigen Geschmack, wie er typisch für Fleisch und Wurst, Käse und Pilze ist.
Zu diesem Geschmack fühlen wir uns deshalb hingezogen, da er auf besonders eiweißhaltige Nahrungsmittel hinweist – und ausreichend Eiweiß ist lebensnotwendig für uns. Aber Achtung: Zu viel Eiweiß kann auch gefährlich sein und etwa die Nieren schädigen.
Wissenschaftler gehen davon aus, dass die für umami zuständigen Rezeptoren auf die Aminosäuren Asparaginsäure und Glutaminsäure reagieren. Die Salze der Glutaminsäure werden als Glutamate bezeichnet und werden von der Lebensmittelindustrie gerne als Geschmacksverstärker eingesetzt. Mit derartigen Zusatzstoffen wird unser Geschmackssinn über faden Geschmack und minderwertige Lebensmittel hinweggetäuscht. Wer regelmäßig Chips oder andere Fertigprodukte mit Glutamat verzehrt, der kann im wahrsten Sinne des Wortes den Geschmack an natürlichen Lebensmitteln verlieren.
Gesund genießen: Anstatt zu verarbeiteten Nahrungsmitteln mit Zusatzstoffen zu greifen, kannst du deine Speisen selber und frisch zubereiten und auf Aromen und Geschmacksverstärker verzichten. Für den Umami-Geschmack müssen es auch keine tierischen Produkte wie Wurst und Käse sein, die nicht nur gesundheitlich problematisch sein können, sondern auch immer mit Tierleid und einer schlechten Klimabilanz einhergehen. Auch in bestimmten Gemüsesorten steckt die Glutaminsäure, etwa Tomaten und Sellerie. Pilze, Hefeflocken, Sojasoße sowie sorgsam geschmorte Zwiebeln und Knoblauch können die Lust auf Umami ebenfalls befriedigen.
Tipps für die Küche: Umami bringt eine besondere Tiefe und Vollmundigkeit ins Essen und passt daher bestens in herzhafte und deftige Speisen. Fehlt einem Gericht noch das gewisse Etwas, um es abzurunden, kann dies häufig mit umami erreicht werden. Ist der Umami-Geschmack in einem Essen zu viel, solltest du andere Geschmacksrichtungen verstärken und süße, salzige, saure oder bittere Aromen hinzufügen.
Fettig – eine sechste Geschmacksrichtung?
Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse deuten darauf hin, dass es neben den fünf uns bekannten Geschmacksrichtungen noch eine weitere geben könnte: fettig. In einer Studie von 2015 mit 28 Probanden konnte gut die Hälfte Fettsäuren von anderen Geschmäckern sicher unterscheiden. Inwiefern es tatsächlich einen Sensor für Fett als Geschmacksqualität auf unserer Zunge gibt, ist aber noch nicht vollends erforscht.
Generell fühlen wir uns zu fettigem Essen hingezogen, da Fette ausgesprochen energiereich sind. Einige Fette, vor allem die ungesättigten Fettsäuren, sind auch überaus wichtige Bausteine für unseren Organismus.
Dabei schmeckt Fett alleine aber unangenehm und wird erst als appetitlich empfunden, wenn es sich mit anderen Geschmacksrichtungen kombiniert. Dann unterstreicht die fettige Note die anderen Geschmäcker und macht die Speise vollmundiger.
Gesund genießen: Aus gesundheitlicher Sicht ist es besonders wichtig, zwischen den gefährlichen Transfetten und gesunden ungesättigten Fettsäuren zu unterscheiden. Anstatt Fleischprodukte und gehärtete Fette solltest du daher auf kaltgepresste Pflanzenöle wie Hanföl, Olivenöl oder Leinsamenöl setzen.
Tipps für die Küche: Fett ist ein wichtiger Geschmacksträger, der in den allermeisten Rezepten vorkommt – sei es als Butter im Kuchen oder als Öl zum Anbraten.
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